Whitmarsh: Warum Trennung von Ecclestone falsch wäre

Martin Whitmarsh erklärt, warum Bernie Ecclestone Formel-1-Boss bleiben soll, was er an Rupert Murdoch auszusetzen hat und wieso die Formel 1 Hilfe von außen benötigt

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Monaten rankten sich viele Spekulationen um die Zukunft der Formel 1. Droht Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ein Verlust der Königsklasse an Medien-Mogul und News-Corporation-Chef Rupert Murdoch? Der Australier hatte angekündigt, durch die Gründung eines Konsortiums an einem Kauf der Formel 1 vom derzeitigen Eigentümer CVC Capital Partners interessiert zu sein.

Titel-Bild zur News: Bernie Ecclestone (Formel-1-Chef), Martin Whitmarsh (Teamchef)

Geht es nach Martin Whitmarsh, dann bleibt Ecclestone in Zukunft Formel-1-Boss

Zudem war unklar, welche Rolle die Teams bei dieser Richtungsentscheidung spielen - Ferrari-Boss Luca di Montezemolo hatte seine Sympathien für die Murdoch-Lösung in einem Interview mit 'CNN' überraschend offen zum Ausdruck gebracht. Der Vorsitzende der Teamorganisation FOTA Martin Whitmarsh stimmt jetzt in einem Interview mit 'Formula1.com' ganz andere Töne an.

Whitmarsh wünscht sich Stabilität

"Es gibt neue Bewerber", spielt er auf Murdoch und sein Konsortium an, "aber wir glauben, dass wir besser dran sind, wenn wir mit den bestehenden Partnern weiterarbeiten. Bernie kennt den Sport und hat für ihn viele großartige Dinge getan, CVC ist der Besitzer, also müssen wir respektvoll sein." Der Brite betont, dass es nun der falsche Weg wäre, den Sport durch einen übereilten Wechsel zu destabilisieren.

"Bernie kennt den Sport und hat für ihn viele großartige Dinge getan." Martin Whitmarsh

"Das heißt aber nicht, dass wir immer einer Meinung sind und einer Meinung sein werden", stellt der McLaren-Teamchef klar. "Wir alle haben unsere Fehler und unsere Schwächen, aber es wäre die beste Option, weiter zusammenzuarbeiten." Whitmarsh behauptet, dass die Formel 1 nun zum ersten Mal in ihrer 60-jährigen Geschichte nicht durch Grabenkämpfe hinter den Kulissen überschattet wird: "Historisch gesehen haben sich die Teams immer bekämpft, sie haben mit der FIA und mit FOM gekämpft, es war eine Art Schlachtfeld."

Dabei ergäbe es laut Whitmarsh viel mehr Sinn, gemeinsam daran zu arbeiten, den Sport attraktiver zu machen: "Wir versuchen jetzt, auf eine Art und Weise zu kooperieren, die unsere Partnerschaft fördert. Es gibt nur zwei globale Sportarten: Fußball und die Formel 1. Natürlich können wir es noch besser machen, wir sollten neuen Technologien, Möglichkeiten und neuen Herausforderungen offen gegenüber stehen."

Was gegen Murdoch spricht

Den aktuellen Abhör-Skandal um Murdochs Zeitung 'News of the World', die bereits Auslöser der Max-Mosley-Affäre vor einigen Jahr war und nun eingestellt wurde, ist aber laut Whitmarsh nicht der Hauptgrund, warum er einer Übernahme durch den Medienmogul skeptisch gegenüber steht: "Es gibt viele Bedenken wegen des Pay-per-view-Modells, das wahrscheinlich nicht zur Formel 1 passt", spielt er auf Murdochs Bezahlsender 'Sky' an und spricht sich damit für einen Verbleib der Formel 1 im Free-TV aus.

"Veränderung bringt immer Gefahren mit sich, umso mehr müssen wir zusammenarbeiten." Martin Whitmarsh

Whitmarsh glaubt nicht, dass die News-Corporation über den aktuellen Skandal stolpern wird: "Sie wird ein großer Player bleiben. Ich glaube aber nicht, dass die Formel 1 in ihre Arme laufen muss." Auch wenn sich der Brite dafür ausspricht, weiterhin mit Ecclestone zusammenzuarbeiten, ist damit die Zukunftsfrage nicht restlos geklärt: Denn wie geht es nach dem Ableben des inzwischen 80-Jährigen weiter?

"Natürlich fürchten wir uns davor", gesteht Whitmarsh. "Bernie ist eine extrem einflussreiche und mächtige Person in diesem Sport und ich hoffe, dass wir noch viele Jahre mit dem Wissen aufwachen werden, dass Bernie immer noch da ist. Veränderung bringt immer Gefahren mit sich, umso mehr müssen wir zusammenarbeiten. Der Sport wird sich ändern müssen und wir schulden es ihm, dass wir einen guten Weg finden, um ihn weiterzuentwickeln."

Neue Medien als Herausforderung und Chance

Eine der größten Herausforderungen sieht Whitmarsh in der rasanten Weiterentwicklung der elektronischen Medien. Bernies großer Trick war es, die Medienpräsenz der Formel 1 zu Geld zu machen. Wir müssen ihm dafür dankbar sein, wie er den Sport kommerziell entwickelt hat, aber der Medienbereich ist heute viel komplexer. Bald wird man das Fernsehen vollständig auf dem Handy haben - mit dem Handy kann man dann via Bluetooth einen Bildschirm ansteuern. Die Frage ist also, wie man das steuern kann und damit Geld verdient."

"Wir können diese digitale Umgebung mit viel mehr Daten und Informationen bedienen als Tennis, Fußball oder jede andere Sportart." Martin Whitmarsh

Genau in dieser enormen Herausforderung sieht Whitmarsh aber auch eine große Chance für die Formel 1, die seiner Meinung nach vom medialen Fortschritt deutlich mehr profitieren kann als andere globale Sportarten. "Die Formel 1 ist eine Welt-Sportart und wir können diese digitale Umgebung mit viel mehr Daten und Informationen bedienen als Tennis, Fußball oder jede andere Sportart."

Whitmarsh sieht dies als Zusatzangebot zum klassischen terrestrischen Fernsehen, dass es nach Einschätzung des Briten weiterhin geben wird: "Die jüngere Generation will interagieren, sie verlangt nach Communities - das ist die Herausforderung: Wege zu finden, um damit Geld zu verdienen, wie es Bernie früher mit dem Fernsehen gemacht hat. Er hat dafür gesorgt, dass die Einnahmen für den Sport sehr hoch sind. Man kann die Entwicklung nicht aufhalten, also müssen wir uns um Expertise bemühen, die es wahrscheinlich derzeit in der Formel 1 gar nicht gibt."