• 28.08.2011 21:55

Webber: "Ich hätte gerne ein normales Rennen gehabt..."

Red-Bull-Pilot Mark Webber spricht über seinen zweiten Platz in Belgien, Probleme am Start und im Funk und das spannende Duell mit Fernando Alonso

(Motorsport-Total.com) - Es hätte alles so "einfach" sein können, doch Mark Webber erwischte keinen guten Start in den Grand Prix von Belgien. Der australische Rennfahrer würgte seinen Red Bull RB7 fast ab und kam nur mit Mühe in die Gänge, sodass er einige Positionen einbüßte. In den folgenden Runden machte Webber aber sukzessive an Boden gut und fuhr schließlich als Zweiter hinter Teamkollege Sebastian Vettel über die Linie. In der Pressekonferenz erläutert der 35-Jährige, was genau bei ihm schief lief...

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber zeigt sich zufrieden mit Platz zwei - es hätte schlimmer kommen können

Frage: "Mark, du wurdest Zweiter in Belgien. Eine gute Aufholjagd nach einem schlechten Start..."
Mark Webber: "Ja, das war ein echter Schock. Ich ließ den Hebel los und sofort sprang das Notprogramm an. Bei Seb war es wohl auch recht eng, denn bei ihm half ebenfalls das Notprogramm aus. Es war eine enttäuschende Art und Weise, ins Rennen zu gehen."

"Wir waren im Hintertreffen, denn wir wussten ja, dass wir schon früh hereinkommen mussten, weil unsere Reifen seit der Qualifikation ziemlich mitgenommen waren. Wir mussten diesen ersten Pneusatz rasch loswerden. Als ich mitten im Feld war, sah ich, wie Senna und ein paar andere Leute ineinander fuhren. Es war wichtig, diese Szene ohne Schaden zu verlassen. Das gelang. Wir absolvierten den ersten Stopp und hatten dann ein schönes Duell mit Fernando."

"Er hatte anfangs einen guten Grip auf den weichen Reifen, doch mit den härteren konnte ich später gut mit ihm mithalten. Diese Pneus waren am Ende vollkommen hinüber, doch das gab mir die Position auf der Strecke zurück. Wir hatten dann noch einen Kuddelmuddel am Funk, denn eigentlich hätte ich hereinkommen sollen, als Seb während der Safety-Car-Phase an die Box fuhr."

"Unser Funk war aber blockiert. In der Bus-Stop-Schikane fragte ich dreimal nach: 'Soll ich hereinkommen, soll ich hereinkommen?' Ich wartete, hörte aber nichts. Daher blieb ich draußen und Fernando tat das Gleiche. Es herrschte also etwas Konfusion. Vielen Dank an Adrian (Newey; Anm. d. Red.) und das gesamte Team - wie wir die Probleme vom Samstag über Nacht und heute früh in den Griff bekamen."

"Danke auch an die Jungs und Christian (Horner). Es war kein einfacher Grand Prix für die Leute am Kommandostand, wo man über uns Fahrer wacht. Sie machten ihre Arbeit gut, also holten wir unterm Strich ein gutes Ergebnis. Ich hätte gerne ein normales Rennen gehabt, doch so war es eben ein unterhaltsamer Grand Prix mit einem guten Resultat."

"Es war kein einfacher Grand Prix für die Leute am Kommandostand." Mark Webber

Frage: "Kosteten dich deine Funkprobleme die Chance auf den Sieg? Hättest du gewinnen können, wenn du wie geplant hättest hereinkommen können?"
Webber: "Das ist schwierig zu sagen. Wenn ich es zur Rennmitte mit Seb hätte aufnehmen können, dann hätte ich das natürlich gerne getan. Ich weiß nicht, wie es ausgegangen oder wie knapp ich hinter ihm angekommen wäre oder was auch immer."

"Wahrscheinlich wäre ich hinter Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) oder dergleichen gelandet. Ich kann mir nicht einmal ausmalen, wie es nach der Safety-Car-Phase hätte laufen können. Wahrscheinlich wäre es für uns die bessere Variante gewesen, während dieser Zeit an die Box zu fahren. Wir wussten aber nicht, wie gut die härtere Mischung sein würde."

"Ich muss mir das erst einmal anschauen. Wir hatten halt ein Problem mit dem Safety-Car. Sie wollten mich zum Reifenwechsel hereinholen, doch das taten wir dann doch nicht. Wir brachten die Strategie zum Funktionieren, indem wir weiterfuhren und lang draußen blieben. Unterm Strich war das ja keine Katastrophe. Das ist die ganze Geschichte."¿pbvin|512|3991||0|1pb¿

Die Reifen sorgen für Gesprächsstoff

Frage: "Hattest du bei deinen langen Stints nicht die Sorge, die Reifen könnten schlappmachen?"
Webber: "Ja, ich denke, es ist ein Teamergebnis. Wahrscheinlich ist es eines unserer besten Resultate als Mannschaft. Samstagnacht war sehr stressig, genau wie der Sonntagmorgen. Wir reden hier nicht nur über die Blasen auf den Reifen, sondern auch über die unbekannten Charakteristiken der Reifen auf dieser Strecke."

"Das Team meisterte diese Aufgabe hervorragend. Sie bezogen uns Fahrer mit ein in die Diskussion, um den Grand Prix möglichst sicher zu gestalten. Ich gab ihnen Feedback, wie meine Reifen aussahen. Es war ein langer Stint, wenn man das Missverständnis beim Boxenstopp in der Safety-Car-Phase bedenkt, also musste dieser eine Reifensatz sehr lange halten."

"Ich hatte große Vibrationen, was nichts Ungewöhnliches ist. Das war vorbei, als ich einen frischen Satz erhielt. Wir schauten vor allem auf die Vorderreifen und deren Innenschultern. Nach der Qualifikation sahen meine Pneus wirklich übel auf, sodass sie schnell runter mussten. Mein Rennen wurde aber beim Start schon schwer in Mitleidenschaft gezogen, als ich ins Notprogramm rutschte."

"Ich hatte große Vibrationen, was nichts Ungewöhnliches ist." Mark Webber

"Ich hatte das Gefühl, von 30 Autos überholt worden zu sein, doch in Kurve eins fuhren sich fast alle über den Haufen. Das war gut für mich und ich kam auf der anderen Seite wieder heraus. Manche hätten ein bisschen geduldiger sein können, schließlich befanden sie sich in guten Positionen, wo sie sich noch nie zuvor qualifiziert hatten."

"Für mich war das aber nicht so schlecht. Danach war das Auto sehr, sehr gut. Ich hatte ein tolles Duell mit Fernando. Zum Schluss brachten wir das Fahrzeug einfach nur noch ins Ziel. Als ich Fernando erst einmal überholt und einen guten Tempovorsprung auf ihn hatte, musste ich nur noch durchfahren."

Webber schwärmt vom Duell mit Alonso

Frage: "Du fuhrst selbst zum Schluss noch sehr schnell..."
Webber: "Nun, dieser Kurs macht einfach sehr viel Spaß. Du liebst es immer, hier zu fahren. Das Auto funktionierte prima. Ich schaute auf meine Reifen und sie sahen gut aus. Es ist immer eine Freude, in Spa unterwegs zu sein. Ich wäre gerne noch länger gefahren. So ist das hier. Es ist eine so herrliche Strecke. Egal. Platz zwei war ein gutes Ergebnis, wenn man bedenkt, was wir durchmachen mussten."

Frage: "Sprechen wir über dein Duell mit Alonso: Es ging den Hügel hinunter, wo der verstellbare Heckflügel nicht erlaubt war. War das eine spontane Eingebung deinerseits oder hattest du dieses Manöver durchdacht?"
Webber: "Naja, du hast nicht viel Zeit, um an diesem Punkt den Taschenrechner rauszuholen. Über weite Strecken des Rennens war ich aufgrund des Starts regelrecht geladen."

"Als ich hinter Fernando wieder herauskam, war es in Eau Rouge sehr, sehr eng. Ich wusste: Fernando würde KERS einsetzen, also tat ich desgleichen. Ich bekam einen Windschatten und dachte, dass ich es auf der Innenseite versuchen könnte. Wir sind aber beide sehr erfahren und geben beide nicht zu einfach kleinbei."

"Ich wusste: Fernando würde KERS einsetzen, also tat ich desgleichen." Mark Webber

"Es war ein toller Zweikampf und sehr befriedigend, dass es gut ausging für mich. Okay, dafür braucht es immer Zwei, die gute Arbeit leisten. Es ist umso toller, wenn das bei einem wie Fernando klappt, weil du weißt, dass er ein Fahrer von Weltklasse ist. Er weiß, wann es genug ist. Mit jemand anderem wäre meine Einstellung vielleicht eine andere gewesen, doch unterm Strich funktionierte es eben für mich."

"Wer weiß? Vielleicht dreht er in Monza ja den Spieß um? In der Senke atmete ich tief ein und schaute oben auf dem Hügel in den Spiegel. Ich sah, dass er noch immer... Nun, er hatte keine Chance und letztendlich... Einer von uns musste lupfen. Ich hatte die etwas bessere Linie und so war es er, der vom Gas gehen musste."


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Belgien


Red Bull überzeugt in den Ardennen

Frage: "Du sprachst vorhin von einer Teamleistung. Du warst über weite Strecken auf der mittleren Mischung unterwegs. Wie viele Informationen gabst du an den Kommandostand weiter? War das im Rennen nicht eine Forschungsarbeit?"
Webber: "Zunächst einmal war unser Austausch größer als bei anderen Rennen, weil wir am Freitag nicht so viel zum Fahren gekommen waren. In diesem Grand Prix befanden wir uns daher in einer neuen Situation, weil wir die Reifen Runde um Runde am Limit bewegten, was wir am Freitag nicht hatten tun können."

"Hinter dem Safety-Car war ich mächtig genervt, denn ich war auf den falschen Pneus unterwegs und auch auf der falschen Position. Ich hätte gedacht, dass die weiche Mischung deutlich besser sein würde. Die weichen Reifen waren keine Katastrophe, aber die härtere Mischung funktionierte richtig gut. Ich konnte nur Informationen weiterleiten, weiterhin Druck machen. Diese Reifen würden nicht alles mitmachen."

"Hinter dem Safety-Car war ich mächtig genervt." Mark Webber

"Das war mir klar. Aus diesem Grund macht man genau dann einen Boxenstopp, wenn die Reifen am Ende sind. Wie du schon sagtest: Es war ein bisschen ein Experiment - viel mehr als bei anderen Rennen in diesem Jahr. Es kommt nämlich sehr selten vor, dass man vor einem Grand Prix so wenig Fahrpraxis hat. Das war hier der Fall und deshalb waren wir extrem angespannt."

Frage: "Hing die fantastische Leistung deines Autos mit den Charakteristiken dieser Strecke zusammen, die deinem Fahrzeug wahrscheinlich entgegen kommt? Order waren euch die Updates nach der Sommerpause eine Hilfe?"
Webber: "Seb hat es schon richtig formuliert. Wir waren hier aber durchaus nervös, um ehrlich zu sein."

"Wir haben auf dieser Strecke ja eine gewisse Vergangenheit. Außerdem waren wir in diesem Jahr auf Strecken, wo wir früher sehr stark waren, nicht unbedingt so großartig unterwegs. Silverstone ist ein gutes Beispiel, Budapest und Rennplätze dergleichen. Die Jungs hängten sich nach der Pause schwer ins Zeug, verstanden das Auto sehr gut und brachten einige Modifizierungen an den Start."

"Wie man sich vorstellen kann, ist Reden in diesem Geschäft Silber, aber Ergebnisse Gold. Wir leisteten also gute Arbeit. Das Team macht weiterhin sehr viel Druck. Wir haben geniale Rivalen und deshalb müssen wir immer wieder reagieren. Deswegen sagte ich, ist es ein besonderes Ergebnis für das Team, wenn man bedenkt, was wir durchmachen mussten und wo wir hier sind."