• 02.07.2017 16:25

  • von Dominik Sharaf

Prost wegen seines Kalküls ein "Professor": Stimmt's wirklich?

Auf den Spuren der "Mythbusters" - Ausgabe 17: Hört Alain Prost wegen seines Kalküls und seiner Emotionslosigkeit im Cockpit auf den Spitznamen "Professor"?

(Motorsport-Total.com) - Seit Jahrzehnten ist das Formel-1-Fahrerlager eine Welt, die voll ist von kleinen Geschichten um skurrile Teamchefs, von Piloten am Rande des Wahnsinns (oder jenseits davon) und irren physikalischen Phänomenen. In unserer Serie "Stimmt's wirklich? Formel-1-Mythen unter der Lupe!" gehen wir Legenden der Szene nach, die sich hartnäckig halten - und erkundigen uns bei denjenigen, die es wissen müssen. Nach Vorbild der US-TV-Doku Mythbusters.

Titel-Bild zur News: Alain Prost, Nicolas Prost, Rene Arnoux, Nelson Piquet Jun.

Prost jubelt 1983 in Spielberg - nicht nur über den Sieg und dank einer Raffinesse Zoom

In unserer 17. Ausgabe beschäftigt uns ein Phänomen, das im Boxsport wohl sehr viel üblicher ist als im Motorsport. Es geht um Spitznamen. Wir fragen uns, ob Alain Prost deshalb als "der Professor" in aller Munde ist, weil er sich mit seiner abgeklärten Herangehensweise, einer guten Portion Emotionslosigkeit und dem Beschränken auf das Nötigste vier Formel-1-Weltmeistertitel sicherte.

Um was geht's?

Immer wieder schenkt die Königsklasse ihren Piloten Spitznamen. Manche sind kaum noch wegzudenken: Ex-McLaren-Boss Ron Dennis nannte Kimi Räikkönen wegen seiner scheinbaren Kühle einst den "Iceman", was sich der Finne sogar auf den Unterarm tätowieren ließ. Nigel Mansells Kampfgeist bescherte dem schnauzbärtigen Briten den Spitznamen "der Löwe", während Bruchpilot Vittorio Brambilla wegen seiner kräftigen Statur einst als "der Gorilla" getauft wurde. Nicht zu vergessen: Der "Kampfdackel" Timo Glock und "Magic" Ayrton Senna.

Was ist der Mythos?

Alain Prost ist seit Anfang der Achtzigerjahre in der Szene auch als "der Professor" bekannt. Der Franzose legte es nicht darauf an, ein Rennen zu gewinnen, wenn er es nicht unbedingt tun musste. Vielmehr kalkulierte Prost, ein eigenbrötlerisches Arbeitstier par excellence, kühl und emotionslos. Er schreckte auch vor Aktionen in Grauzonen der Legalität nicht zurück, wenn es für ihn gewinnbringend war - womit er in krassem Kontrast zu Erzrivale Ayrton Senna stand. Deshalb, so erzählen es sich die Motorsport-Fans, habe Prost seinen Spitznamen aufgedrückt bekommen.

Und, stimmt's nun wirklich?

Alain Prost klärt auf, dass die Sache eigentlich einen anderen Grund gehabt hätte und auf die Saison 1983 zurückzuführen seit: "Der Spitzname ist in Spielberg geboren worden - er geht auf das Konto der Michelin-Techniker", meint die Rennlegende bei 'ServusTV' und spielt auf den Österreicher-Grand-Prix in diesem Jahr an, den er für Renault gewann. "Wir hatten damals drei verschiedene Reifenmischungen. Ich hatte alle drei gleichzeitig auf das Auto aufziehen lassen. Sie hatten mir vorher gesagt, dass es ein Fehler sei und das nicht funktionieren könne. Aber ich habe gewonnen."

Der Mix der verschiedenen Pneu-Typen auf der Vorder- und Hinterachse sowie rechts und links war eine Raffinesse, auf die vor Prost niemand gekommen war. Und ein beträchtliches Risiko, das er zuvor intensiv abgewogen hatte. "Es war das erste Mal, dass wir unterschiedliche Mischungen genutzt haben", bestätigt er und bemerkt, dass in der modernen Formel 1 solche Schachzüge nicht mehr den Piloten obliegen würden: "Heute sitzen sie alle vor ihren Computern. Bei uns war es eigentlich immer der Fahrer, der die Strategie abhängig von den Reifen gestaltet hat", vergleicht Alain Prost.


Fotostrecke: Die Formel-1-Karriere des Alain Prost

Wer hat uns aufgeklärt?

Alain Prost fuhr von 1980 bis 1993 in der Formel 1 und war bis zu seinem Karriereende der erfolgreichste Pilot aller Zeiten. Für McLaren, Renault, Ferrari und Williams holte er 51 Siege bei 199 Grand-Prix-Starts und veredelte seine Karriere mit den WM-Titeln der Jahre 1985, 1986, 1989 und 1993 - womit er als Champion abtrat. Seine Fehde mit Teamkollege Ayrton Senna wurde legendär, genau wie sein Ruf als Bösewicht der Szene. Später versuchte sich Prost mit einem eigenen Team. Heute schwirrt er als Renault-Markenbotschafter durch das Fahrerlager.

Wie geht's weiter?

Gibt es irgendeine Geschichte, von der du schon immer mal wissen wolltest, ob sie wirklich wahr ist? Wir begeben uns auf die Spuren der Mythbusters und haken für euch nach. Einfach deinen Mythos via Kontaktformular oder auf Twitter an unsere Formel-1-Spezialisten Christian Nimmervoll und Dominik Sharaf schicken! Die nächsten Folgen sind schon in Planung.

Bisherige Folgen von "Stimmt's wirklich?"

01: Dürfen McLaren-Mitarbeiter im Büro wirklich keine Frühstücksbrote essen?
02: Bestimmte Jean Todt den Ausgang der Rallye Paris-Dakar mit einem Münzwurf?
03: Sah Jacques Villeneuve per Computerspiel die Zukunft der Formel 1 voraus?
04: War Formel-1-Boss Bernie Ecclestone beim großen Postzugraub dabei?
05: Gewann Porsche den Sportwagen-WM-Titel mit Zange und Panzerband?
06: Designte Jacques Villeneuve seinen bunten Helm nach dem Vorbild eines Kleides seiner Mutter?
07: Werden die Gymkhana-YouTube-Videos von Ken Block in einem Take gefilmt?
08: Hatte der Schumacher-Benetton von 1994 eine verbotene Traktionskontrolle eingebaut?
09: Ist es im Privatflieger des McLaren-Bosses Ron Dennis nicht erlaubt, Schuhe zu tragen?
10: Fährt ein Formel-1-Auto mit Sprit von der Tankstelle?
11: Kassierte Eddie Irvine einen Bonus für Schumacher-Titel?
12: Versetzte Patrick Head aus Geldnot seinen privaten Helikopter?
13: War früher im Funk nur das Motorengeräusch zu hören?
14: Wählte Jackie Stewart sein Helmdesign als Hommage an die Punkmode?
15: Räumte Hans-Joachim Stuck immer sein Hotelzimmer auf, falls er stirbt?
16: Trug Alexander Wurz am linken und am rechten Fuß verschiedenfarbige Schuhe?