McLaren: Warum der Windkanal noch nicht ersetzbar ist

In den vergangenen Jahren haben Superrechner dem Windkanal Konkurrenz gemacht, doch Jonathan Neale outet sein Team als "Windkanal-Junkies"

(Motorsport-Total.com) - Im Vorjahr ließ Virgin-Technikchef Nick Wirth aufhorchen, als er ankündigte, bei der Konstruktion des Premierenboliden vollständig auf einen Windkanal zu verzichten. Hatte der Brite den Stein der Weisen entdeckt? Reichten leistungsstarke Computer bereits aus, um ein konkurrenzfähiges Formel-1-Auto zu designen? Keineswegs. Der Bolide war ein Flop, die Aerodynamik bekam man nie wirklich in den Griff. Wirth hatte sich geschickt als innovative Kraft der Formel 1 inszeniert, dabei reichte schlicht das Geld nicht aus, um Windkanal-Tests durchzuführen.

Titel-Bild zur News: McLaren-Windkanal

McLaren darf in Woking einen High-tech-Windkanal sein Eigen nennen

Auch bei McLaren hatte man sich bereits Gedanken gemacht, gänzlich auf einen Windkanal zu verzichten, bestätigt nun Geschäftsführer Jonathan Neale gegenüber 'F1.com': "Alle zwei oder drei Jahre bewerten wir die Rolle der CFD-Simulationen, deren Anwendung und stellen uns die Frage, wann wir auf den Windkanal verzichten werden." Die Antwort auf diese Frage ist klar: "Wir glauben nicht, dass wir schon so weit sind."

Streckendaten als heikler Faktor

Doch warum liefert ein Windkanal immer noch repräsentativere Daten als einer der hochkomplexen Superrechner, die in den Fabriken vieler Teams in Verwendung sind? "Es gibt Dinge, die wir in einem Windkanal machen können, die uns bei den CFD-Simulationen immer noch Probleme bereiten", erklärt Neale.

Ein Rennauto in allen Details am Computer nachzubauen, stellt dabei laut dem Briten kein Problem dar. Vielmehr erweist sich die Umgebung als Herausforderung: "Wenn du ein Modell baust, dann musst du es irgendwo einsetzen. Solange man keine echten und guten Streckendaten vom Auto besitzt, dann ist es schwierig, ein virtuelles Modell zu bauen und zu bewerten."

Auch CFD-Zeit ist reglementiert

Sein Fazit: "Ich glaube nicht, dass wir schon an einem Punkt sind, an dem wir die Mathematik für so komplexe Dinge hinkriegen. Das Risiko wäre zu groß. Man würde sehr viel Zeit und Ressourcen für Teile aufwenden, die vielleicht nicht funktionieren. CFD ist für uns wichtig, doch wir sind Windkanal-Junkies. "

Ein weiterer Grund, der gegen die Aufgabe des Windkanals spricht, ist die begrenzte CFD-Zeit. Genau wie beim Windkanal darf jedes Team nur eine begrenzte Stundenanzahl lang auf die Rechenpower der CFD-Computer zurückgreifen. "Niemand hat unendlich CFD-Zeit", bestätigt Neale, dessen Team die erlaubten Stunden zur Gänze ausnutzt. "Wir glauben, dass wir den richtigen Mix aus Windkanal-Stunden und CFD-Zeit haben. Wir wollen es optimieren: In jeder Stunde im Windkanal versuchen wir, so viele repräsentative Daten wie möglich zu erheben. Derzeit liegt das Verhältnis bei 50:50, nicht 80:20."