Hamilton: "Es ist schon verrückt..."

Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton spricht über seine 30. Pole-Position in der Formel 1, zeigt sich aber zurückhaltend, was seine Chancen im Rennen betrifft

(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton startet zum dritten Mal in Folge von der Pole-Position. Doch er ist skeptisch, was seine Chancen im Rennen anbelangt. Das sagt der britische Mercedes-Fahrer nach der Qualifikation zum Großen Preis von Ungarn in Budapest. Er freue sich zwar über seine insgesamt 30. Fahrt zu Startplatz eins, wisse aber ganz genau, dass im Grand Prix am Sonntag ein ganz anderer Wind wehen werde. Was Hamilton sonst noch zu berichten wusste, erfahren Sie aus seiner Medienrunde.

Titel-Bild zur News: Lewis Hamilton

Lewis Hamilton weiß nicht so richtig, was er vom Ungarn-Rennen erwarten soll... Zoom

Frage: "Lewis, eine klasse Pole-Position. Du hast eine fantastische Zeit hingeknallt! Und das auf einer sehr fordernden Strecke..."
Lewis Hamilton: "Danke. Ja, so ist es. Vor allem angesichts der hohen Temperaturen und dergleichen mehr. Das macht die Sache hier ziemlich hart. Ich war aber überrascht, als ich über die Linie kam und erfuhr, dass ich die Pole-Position innehatte. Ich war davon ausgegangen, dass Sebastian auf die Pole-Position fahren würde. Er war zuvor ja unheimlich schnell gewesen. Und eigentlich fühlte es sich gar nicht so an wie eine großartige Runde. Deshalb war ich überrascht."

Frage: "Als wir die Zeit von Sebastian Vettel gesehen haben, dachten wir, da kommt niemand mehr ran. Trotzdem ist es dir gelungen, diese Zeit zu schlagen..."
Hamilton: "Wie ich schon sagte: Das hat mich überrascht. Vielleicht hat er einen Fehler gemacht oder so. Ich denke aber, das hängt wie immer damit zusammen, dass... Wir haben an diesem Wochenende ein paar Upgrades am Start. Die Jungs haben unheimlich hart gearbeitet, damit wir auf unsere Vorderleute aufholen können. Sie leisten wirklich richtig gute Arbeit. Dieses Ergebnis ist auf diese Arbeit zurückzuführen."

Frage: "Welchen Stellenwert hat diese Pole-Position für dich? War sie deine bisher wichtigste oder bisher beste? Vielleicht, weil sie so überraschend kam?"
Hamilton: "Ich habe schon zu Nico (Rosberg; Anm. d. Red.) gesagt: Es fühlte sich nicht wie eine besonders gute Runde an. Ich war überrascht, als ich sie mir auf dem TV-Bildschirm angesehen habe. Sie sah ordentlich aus, fühlte sich aber nicht so gut an. Ich dachte, es würde nicht reichen. Ich freue mich aber, dass es anders gekommen ist und dass ich für das Team in Reihe eins stehe. Es ist meine 30. Pole-Position. Darüber freue ich mich natürlich ebenfalls."


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von Ungarn


Frage: "Durch deine 30. Pole-Position bist du in der ewigen Bestenliste an Juan Manuel Fangio vorbeigezogen..."
Hamilton: "Oh, das war mir nicht bewusst. Er war eine Legende und ist es noch immer. Es ist schon ziemlich cool, wenn man mich angesichts meiner Pole-Positions mit ihm vergleicht. Ich fühle mich aber privilegiert, dass ich überhaupt in der Formel 1 fahren kann und schon mal eine Pole-Position hatte. Es ist schon verrückt, wenn ich denke, dass es bereits 30 sind. Ich bin ja schon eine Weile dabei. Doch jedes Mal, wenn du auf die Pole-Position fährst, fühlt es sich so an, als wäre es das erste Mal."

"Ich dachte nur, ich hätte nicht alles aus dieser Runde herausgeholt." Lewis Hamilton

Frage: "Was meinst du damit, wenn du sagst, die Runde hat sich nicht so gut angefühlt?"
Hamilton: "Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich Fehler gemacht hätte. Ich dachte nur, ich hätte nicht alles aus dieser Runde herausgeholt. Da gab es ein paar Ecken. Kurve sechs zum Beispiel. Da dachte ich, ich hätte etwas Zeit beim Anbremsen verloren. Der Mittelsektor schien ebenfalls nicht ganz zu passen."

"Er war nicht schlecht, sondern okay, aber es fühlte sich nicht so an, als wäre ich da am Limit gewesen. Die letzten beiden Kurven waren gefühlt ziemlich mies. Als ich die Daten von Nico darüberlegte, sah es aber schon nicht mehr so übel aus. Er hat ja eine tolle Zeit gefahren. Ich dachte aber, da wäre noch mehr im Auto. Ein paar Zehntel, etwas dergleichen. Dieses Gefühl hatte ich schon beim letzten Rennen."

Frage: "Liegen einem Fahrer manche Strecken mehr als andere? Wie ist es mit dir und Budapest?"
Hamilton: "Ich denke, ich war hier schon immer schnell. Mein Fahrstil passt prima zu diesem Kurs. Normal denke ich ja, dass ich überall schnell bin. Auf manchen Strecken weist du aber halt ganz genau, wie du das Auto einstellen musst. Das macht es viel einfacher. Manchmal verlierst du dich da auch. In Budapest ist es mir aber immer gut gelungen."

"Die große Herausforderung für uns wird daher sein, sie hinter uns zu halten." Lewis Hamilton

Frage: "Die Pole-Position ist auf einer so engen und kurvenreichen Strecke sehr wichtig, nicht wahr?"
Hamilton: "Das ist sicher eine Hilfe. Es ist sehr schwierig, hier einem anderen Auto zu folgen. Denn wenn du von der Linie abkommst... Der Weg zur ersten Kurve ist recht lang. Wenn es dir aber gelingt, als Erster in die erste Kurve einzubiegen, um zu versuchen, diese Position zu halten, dann ist das gewiss ein Vorteil. Es dürfte aber ziemlich schwierig werden, unter diesen Bedingungen die Reifen zu schonen. Wie immer halt. Diese Jungs hier (Vettel und Grosjean; Anm. d. Red.) werden irre schnell sein. Die große Herausforderung für uns wird daher sein, sie hinter uns zu halten."

Frage: "Dein Start in Deutschland war nicht so prickelnd. Red Bull kam viel besser los. Habt ihr etwas unternommen, um besser zu werden?"
Hamilton: "In diesem Jahr hatten wir meist recht gute Starts. Der angesprochene war vermutlich der schlechteste, an den ich mich erinnere. Nico hatte in Silverstone ein ähnliches Erlebnis. Mit der Kupplung kannst du beim Startvorgang aber nicht allzu viel machen."

"Wir haben nur eine gute Reaktionszeit und die Art und Weise, wie wir das Gaspedal bedienen. Die Leistung der Kupplung spielt eine unheimlich große Rolle. Manchmal ist sie das Zünglein an der Waage, weil sie überhitzt ist oder zu viel Öl abbekommen hat. Unsere Startübungen an diesem Wochenende waren aber gut. Deshalb glaube ich, wir kriegen das in den Griff."

Was passiert im Rennen?

Frage: "2012 hattest du im Rennen nicht das schnellste Auto, aber du konntest deine Rivalen auf Distanz halten. Wird es dieses Mal anders laufen?"
Hamilton: "Ja. Sicher. Im vergangenen Jahr waren wir bei McLaren nicht gerade die Besten, was die Reifennutzung anbelangte. Es gelang uns aber trotzdem gerade so, vor Kimi zu bleiben. Es war schwierig. Unsere Position jetzt ist deutlich schwieriger. Wir verstehen diese Reifen nicht so ganz."

"Hoffen wir, dass es besser läuft, als wir es erwarten." Lewis Hamilton

"Es geht um die neuen Pirelli-Reifen. Im Vergleich zu den Anderen fehlt es uns einfach noch an Daten. Wir verstehen sie noch nicht zur Gänze und es gelingt uns auch nicht, im Rennen das Maximum ihrer Leistung abzurufen. Vor allem, weil es hier so heiß ist, wird es am Sonntag knifflig. Hoffen wir, dass es besser läuft, als wir es erwarten. Je länger wir die Anderen hinter uns halten können, umso größer sind unsere Chancen, ein gutes Ergebnis zu erzielen."

"Die Statistiken sagen, dass Red Bull beim Longrun auf den Medium-Reifen fünf bis acht Zehntel schneller ist als wir es sind - auf eine Runde gesehen. Wir kennen diese Statistik. Ausrichten können wir dagegen aber erst einmal nichts. Schade ist nur, dass die Reifen derzeit so entscheidend sind. Das Team hat schließlich so gute Arbeit geleistet und ein so konkurrenzfähiges Auto gebaut. Ich habe wirklich das Gefühl: Rein mechanisch und vom Abtrieb her sind wir im Rennen auf Augenhöhe mit den Anderen. Es sind nur die Reifen, weshalb es nicht für uns läuft."


Fotos: Mercedes, Großer Preis von Ungarn


Frage: "Wie viel Sorgen machst du dir angesichts der großen Hitze über die Longruns am Sonntag? Siehst du bei der Renndistanz Schwierigkeiten auf dich zukommen?"
Hamilton: "Es ist halt, wie es ist. So ist es aber schon seit geraumer Zeit. Wir gehen ja nicht in ein Rennen und werden total überrascht. So ist es halt. Es ist großartig, die Pole-Position zu haben, doch im Wochenendverlauf bedeutet das nicht gar so viel. Im Rennen werden ja die Punkte verteilt. Und es wird ziemlich hart. Es schien jetzt keine Katastrophe zu sein, als wir unsere Longruns abgespult haben. Es war aber definitiv nicht so gut wie bei den Jungs neben mir. Das ist der Stand der Dinge."

"Ich freue mich nicht besonders auf das Rennen..." Lewis Hamilton

Frage: "Deine Pole-Position zeigt, dass die modifizierten Pirelli-Reifen Mercedes nicht geschadet haben. Mit welchen Gedanken gehst du in dieses Rennen? Es wird richtig heiß am Sonntag..."
Hamilton: "Ich freue mich nicht besonders auf das Rennen. Ich habe gerade zu Sebastian gesagt: Schade, dass wir offenbar recht gut unterwegs sind. Wir haben ein gutes Auto. Wenn wir also nicht die Reifenprobleme hätten, dann könnten wir im Rennen mit diesen Jungs hier mithalten. Es nervt schon, dass ich es im Rennen nicht mit ihnen aufnehmen kann."

"Ich werde trotzdem mein Bestes geben. Der Reifenverschleiß ist ein Problem. Egal, ob sich die Regeln ändern und egal, was für Lösungen wir finden, bislang scheint es schwierig für uns zu sein, uns da zu steigern. Wir arbeiten aber weiter daran und hoffentlich bessert sich die Lage, bevor 2014 wieder neue Regeln oder andere Reifen kommen. Ansonsten geht es nur darum, möglichst viele Punkte einzufahren und Sebastian so lange wie möglich hinter mir zu halten."

Die Hitze ist kein Problem für Hamilton

Frage: "Wie schwierig ist es, zwei Stunden lang bei dieser Hitze zu fahren?"
Hamilton: "Um ehrlich zu sein: So schlimm ist es gar nicht. An diesem Wochenende ist mir die Hitze gar nicht so sehr aufgefallen. Malaysia ist da meist das Schlimmste. Und Singapur. Das liegt natürlich an der hohen Luftfeuchtigkeit, aber die fehlt hier ja komplett. Es ist schön warm. Natürlich wäre es toll, wenn es im Auto nicht gar so heiß wäre, aber daran hast du dich in dieser Phase der Saison schon gewöhnt. Du musst einfach nur dafür sorgen, genügend zu trinken. Das ist schon alles."

"Mich kümmert es nicht, ob ich den Rekord von irgendjemand einstellen oder brechen könnte." Lewis Hamilton

Frage: "Michael Schumacher hat hier in Ungarn insgesamt viermal gewonnen, auf zwei unterschiedlichen Teams. Das könntest auch du schaffen. Fühlst du dich deshalb unter Druck gesetzt?"
Hamilton: "Nein. Mich kümmert es nicht, ob ich den Rekord von irgendjemand einstellen oder brechen könnte. Ich darf mich glücklich schätzen, dass ich jahrelang ein gutes Auto hatte, als ich mit McLaren hierher kam. Es war ein Privileg, bei ihnen diese Möglichkeit zu haben."

"Nun befinden wir uns offenbar erneut in einer guten Position. Ich sehe aber nicht, dass wir am Sonntag siegen. Wir haben eine große Aufgabe vor uns, wenn wir uns die Reifen und die Bedingungen in Erinnerung rufen. Wenn wir siegen würden, käme dies einem Wunder gleich. Ich wäre überaus erfreut darüber. Ich fühle aber, dass es noch eine Weile dauern wird."

Frage: "Hast du noch Probleme mit dem Auto, so wie zu Saisonbeginn?"
Hamilton: "Es ist nach wie vor kein einfaches Auto beim Einstellen des Setups. Wir haben an diesem Wochenende aber keine schlechte Arbeit geleistet. Die vergangenen Rennen haben wir auch recht ordentlich beendet und waren ziemlich weit vorn. Ich liebe das Auto. Wir wachsen mehr und mehr zusammen und verbessern uns. Mit jeder Qualifikation werde ich stärker und sammle mehr Vertrauen. So kannst du das Beste aus dem Auto herausholen. Ich hoffe, da kommt noch viel mehr."

Frage: "Am Sonntag soll die Vertragsverlängerung des Hungarorings veröffentlicht werden. Was sagst du dazu, dass die Formel 1 weiter hier in Budapest fährt?"
Hamilton: "Ich liebe es hier. Ich liebe die Strecke. Ich habe hier stets gute Erfahrungen gemacht, seit ich 2006 das erste Mal hier war. Budapest ist eine schöne Stadt. Wir haben immer viel Spaß, wenn wir hierher kommen."

"Ich liebe das Rennfahren. Ich könnte es jedes Wochenende tun." Lewis Hamilton

"Viele Fans strömen an die Strecke, obwohl es immer unglaublich heiß ist. Sie reisen meist mit einem kräftigen Sonnenbrand ab. Auch viele Deutsche und Österreicher sind hier. Das ist natürlich etwas Besonderes für uns. Ich freue mich auf die kommenden Jahre. Ich denke, es ist eine gute Nachricht. Der einzige Nachteil ist wahrscheinlich, dass Überholen hier nicht gar so einfach ist. Es ist trotzdem ein toller Ort."

Frage: "Wie stehst du eigentlich zu einer Ausweitung des Rennkalenders?"
Hamilton: "Ich liebe das Rennfahren. Ich könnte es jedes Wochenende tun, wenn ich müsste. Es ist aber schwierig für die Jungs in der Garage und die Leute zuhause im Werk. Sie stehen ständig unter Strom. Vor allem natürlich die Personen, die reisen müssen. Sie sehen ihre Familien kaum und dergleichen. Ich bin mir sicher: Wenn ich in die Box gehen und meine Jungs fragen würde, ob sie gern mehr Rennen bestreiten würden, sie würden es bejahen. Sie würden aber sicher auch ihre Familien vermissen."