• 27.07.2013 15:05

  • von Stefan Ziegler

Hamilton überrascht sich selbst: Pole-Position in Ungarn

Sebastian Vettel (Red Bull) ist knapp geschlagen: Lewis Hamilton Mercedes) sichert sich in Ungarn seine 30. Pole-Position - Romain Grosjean (Lotus) starker Dritter

(Motorsport-Total.com) - "Wie? Ich habe die Pole?" Lewis Hamilton konnte es selbst nicht glauben. Doch er hat es tatsächlich geschafft: Hamilton startet beim letzten Formel-1-Rennen vor der Sommerpause von der Pole-Position. Im Qualifying setzte er sich in letzter Sekunde mit einer starken Runde an die Spitze des Klassements und verwies Sebastian Vettel (Red Bull) und Romain Grosjean (Lotus) auf die Plätze.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel, Lewis Hamilton, Romain Grosjean

Die Top 3 aus Budapest: Vettel (2.) mit Hamilton (1.) und Grosjean (3.) Zoom

"Ich war wirklich überrascht", sagt Hamilton über den Moment, in dem er sich per Funk nach dem Ergebnis erkundigte. "Ich dachte eigentlich, Sebastian würde vorn stehen. Vielleicht ist ihm ein Fehler unterlaufen. Wir haben aber an diesem Wochenende auch wieder ein paar Fortschritte gemacht." Und die zeigten sich in der Schlussphase des Zeittrainings auf dem altehrwürdigen Hungaroring bei Budapest.

Das erkannte Vettel, in Q3 um 0,038 Sekunden geschlagen, neidlos an. Er sei jedoch "etwas angefressen, dass es nicht ganz gereicht hat", so der Weltmeister. Er fügt hinzu: "Vielleicht bin ich nicht aggressiv genug gefahren. Doch jetzt die Fehler zu suchen, ist nicht angebracht. Man muss die Leistung von Lewis und Mercedes respektieren." Und auch Grosjean schlug sich sehr beachtlich.

Alle deutschen Fahrer in den Top 12

Er kam Hamilton bis auf 0,207 Sekunden nahe und sicherte sich damit seinen bisher besten Startplatz in dieser Saison. "Ich glaube, sehr viel mehr wäre nicht drin gewesen", meint der Lotus-Pilot. Apropos Statistiken: Für Hamilton ist es bereits die 30. Pole-Position in der Formel 1 und die dritte in Folge. Und am Sonntag fährt der britische Mercedes-Pilot zum sechsten Mal hintereinander aus Reihe eins los.

Sein Silberpfeil-Teamkollege Nico Rosberg beschloss die Qualifikation in Ungarn auf Position vier. "Am Schluss hat ein bisschen was gefehlt", meint er. "Trotzdem: Vierter ist okay." Nicht in den Top 10 landeten dagegen Adrian Sutil (Force India/11.), der morgen seinen hundertsten Grand Prix bestreitet, und Nico Hülkenberg (Sauber/12.). Beide waren in Q2 nur knapp am Weiterkommen gescheitert.

Begonnen hatte das Zeittraining auf dem Hungaroring damit, dass in der ersten Teilsession die "üblichen Verdächtigen" die Segel streichen mussten. Im Kellerduell siegten Charles Pic (19.) und Giedo van der Garde (20.) für Caterham gegen Jules Bianchi (21.) und Max Chilton (22.) von Marussia. Dass es aber auch Paul di Resta (Force India/18.) erwischen würde, kam überraschend.


Fotos: Großer Preis von Ungarn


Button und di Resta rätseln

"Was ist denn da passiert?", fragte der schottische Rennfahrer noch am Funk. Die Antwort des Ingenieurs: "Ja, da haben wir einiges an Aufklärungsarbeit zu leisten." Denn di Resta verpasste den Sprung in Q2 sehr deutlich und landete sogar noch hinter Esteban Gutierrez (Sauber/17.), der aufgrund eines Motorwechsels das komplette dritte Freie Training verpasst hatte. Enttäuschend.

In Q2 war kurz darauf Feierabend für Ex-Champion Jenson Button (McLaren/13.), der sich aber immerhin noch vor Jean-Eric Vergne (Toro Rosso/14.), Pastor Maldonado (Williams/15.) und Valtteri Bottas (Williams/16.) ins Klassement einreihte. "Ich habe es im letzten Versuch einfach nicht hinbekommen", erklärt Button. "Ich hatte Untersteuern. Und das war es dann auch schon."

Besser lief es bei Sutil und Hülkenberg, doch das deutsche Duo scheiterte um wenige Tausendstel ebenfalls am Weiterkommen. "Es ist, wie es ist", meint Hülkenberg im Anschluss an das Qualifying, das für Mark Webber (Red Bull/10.) beinahe schon in Q2 zu Ende gewesen wäre: KERS streikte, das Getriebe spielte nicht mit - und auf einmal musste sich der Formel-1-Routinier massiv strecken.

Webber enttäuscht, Ricciardo hochzufrieden

Er löste zwar das Ticket für das Top-10-Finale, fuhr dort aber keine gezeitete Runde, sondern gab sich notgedrungen mit Platz zehn ab. "So ist es nun einmal", sagt Webber. "Wenn man in der Formel 1 nicht am Limit operiert, rächt sich das. Wir hatten Probleme. Und im Qualifying zahlst du halt den ultimativen Preis dafür. So habe ich am Sonntag im Rennen auf jeden Fall nichts zu verlieren."

Direkt vor Webber starten dann Sergio Perez (McLaren/9.) und Daniel Ricciardo (Toro Rosso/8.), die ihre Teamkollegen wieder einmal deutlich hinter sich ließen. "Wir haben alles herausgeholt", sagt ein sehr zufriedener Ricciardo über seine dritte Top-10-Platzierung in Folge. "Was auch immer morgen passiert, wir werden versuchen, in den Punkterängen zu bleiben." Klingt nach bescheidenen Zielen.

Daniel Ricciardo

Daniel Ricciardo stellte seinen Toro Rosso wieder einmal in die Qualifikations-Top-10 Zoom

Felipe Massa (Ferrari/7.) und vor allem Kimi Räikkönen (Lotus/6.) haben sich dagegen deutlich mehr vorgenommen. "Platz sechs ist nicht ideal", meint ein sichtlich enttäuschter Räikkönen nach der Qualifikation. "Überholen ist hier niemals einfach." Und vor ihm steht mit Fernando Alonso (Ferrari/5.) auch noch ein direkter Konkurrent um den WM-Titel. Gleich der Start dürfte also sehr interessant werden.

Hamilton beim Start im Vorteil?

Und da ist Hamilton auf der Pole-Position klar im Vorteil. "Das hilft sicher", meint er. "Überholen ist schwierig. Wenn du daher als Erster in die erste Kurve einbiegst und deine Position halten kannst, dann ist das immer ein Vorteil." Sofern Mercedes das Tempo im Rennen halten kann. "Das wird am Sonntag die große Herausforderung sein", sagt Hamilton. Die Konkurrenz hat jedenfalls Hoffnung.

"Ich denke, wir haben ein gutes Auto für das Rennen", so Red-Bull-Fahrer Vettel. "Das Auto hat sich gut angefühlt. Ich bin ziemlich zuversichtlich." Wohl auch aufgrund der starken Longruns, die Vettel schon am Freitag auf den ungarischen Asphalt geknallt hatte. Auch Grosjean wähnt sich gerüstet: "Meine Longruns waren gut." Alles Weitere, vor allem hinsichtlich der Reifenfrage, müsse sich zeigen.

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton winkt den Fans: Für den Start wähnt er sich in einer guten Position Zoom

Apropos Reifen: Im Qualifying wurde ganz klar die Soft-Mischung von Pirelli bevorzugt. Nur Perez setzte in Q3 auf die Medium-Variante und startet somit als einziger Top-10-Pilot mit diesen Pneus. Der Rest markierte die entscheidenden Rundenzeiten kollektiv mit der weicheren der beiden Reifensorten, die am Hungaroring wieder über die Konstruktionsweise von 2012 verfügen und erstaunlich lange halten.

Die große Hitze als Hemmschuh?

Das ist zumindest die Erkenntnis aus den Freien Trainings. Und was bedeutet das für das Rennen? Eine gute Frage, meint auch Mercedes-Teamchef Ross Brawn. "Die Schwierigkeit ist, herauszufinden, wie viele Boxenstopps wir machen müssen. Und die Situation morgen ist für alle neu. Wir erwarten nämlich noch höhere Temperaturen als heute." Bis zu 38 Grad Celsius sind für Budapest vorhergesagt.

Der Große Preis von Ungarn, das letzte Formel-1-Rennen vor der Sommerpause, könnte sich also zu einem echten Hitze- und Reifen-Krimi entwickeln. "Jetzt schauen wir aber erst einmal, wie der Start und die ersten Kurven ausgehen", meint Red-Bull-Konsulent Helmut Marko. Die Budapest-Statistik zeigt auf jeden Fall: Bei 17 von 27 bisherigen Grands Prix kam der spätere Sieger aus Startreihe eins.