• 21.04.2009 15:03

  • von Roman Wittemeier

Wie KERS zur Mercedes-Goldgrube werden könnte

Mit KERS-Erfolgen auf der Strecke könnte McLaren-Mercedes die Grundlage für Verdienstmöglichkeiten ab 2010 legen - Das Vorzeige-System?

(Motorsport-Total.com) - Wenn es um die Hybridtechnik in der Formel 1 geht, hatte McLaren-Mercedes beim vergangenen Rennen in Schanghai einen sagenhaften Marktanteil von 66,6 Prozent. Die Silbernen schickten ihre zwei Boliden mit KERS auf die Strecke, während außer Nick Heidfeld die gesamte Konkurrenz auf das System verzichtete. "Wir sind gut mit unserem KERS gefahren. Ich sehe nicht, dass wir es jetzt ausbauen. Es gibt mir Genugttung, wenn wir auf der Geraden einen überholen", erklärte Norbert Haug.

Titel-Bild zur News: McLaren-Mercedes-KERS, Jerez, Circuit de Jerez

Nicht gegen den Strom: McLaren-Mercedes setzt mit beiden Autos auf KERS

Der Mercedes-Motorsportchef ist zwar nicht als großer KERS-Fan bekannt, aber die Leistungsfähigkeit des eigenen Systems hat ihn vollends überzeugt. "Wenn bei uns alles so funktionieren würde wie das KERS und der Motor, dann wären wir sieg- und titelfähig", verspricht der Schwabe. Allerdings fügte er sofort hinzu, dass eine solche Aussage nicht als Klage in Richtung Partner McLaren zu werten sei.#w1#

"Ich war überrascht, dass es so viele wieder ausgebaut haben. Bei einem stand ja 'Active Hybrid' drauf, die haben wohl vergessen, da 'Non Active Hybrid' daraus zu machen", scherzte Haug mit Blick auf das BMW Sauber F1 Team, wo sich Robert Kubica mit dem System noch nicht anfreunden konnte. "Ich hoffe, dass wir mit KERS ganz alleine fahren, denn dann haben wir größere Vorteile. Uns hilft es, deswegen setzen wir es ein. Wenn unser System zehn Kilogramm schwerer wäre, würden wir es nicht verwenden. Das steht fest."

KERS bringt bis zu einer halben Sekunde

Das Hybridpaket von McLaren-Mercedes scheint jedoch effizient, leicht und gut platzierbar zu sein. Ein weiterer Vorteil: "Unser System bringt auch mehr Boost als andere", so Haug. Er erklärte: "Wir können einen Doppelcharge machen in einer Qualifikationsrunde und das hilft. Wir haben ein kompaktes, kleines, feines System - ein technischer Leckerbissen. Die Rundenzeit ist deutlich besser mit KERS. Das ist signifikant. Wir reden da von drei Zehntelsekunden bis zu einer halben Sekunde."

Haug macht nicht ohne Grund Werbung für die hauseigene Lösung. Schon bald sollen die Kundenteams von Brawn und Force India ebenfalls mit Hybritechnik ausrücken. "Force India und Brawn beschäftigen sich mit dem Thema KERS. Aber das ist noch nicht entschieden. Wenn der Brawn ein ausbalanicertes KERS im Auto hätte, dann würde man den Vorteil eines solchen Systems erst richtig sehen."

Norbert Haug

Norbert Haug war lange Zeit kein großer Fan der Hybridtechnik Zoom

Fakt ist: KERS scheint die MP4-24 jedenfalls nicht zu bremsen, sondern tatsächlich Vorteile zu bringen. Ein wichtiges Argument mit Blick auf 2010. Im kommenden Jahr soll auf Vorschlag der FOTA ein Einheitssystem kommen. Mercedes könnte liefern. "Wir hätten Interesse, dass uns ein Lieferant ein Angebot macht, falls es zur Ausschreibung kommt", erklärte Haug auf Nachfrage von 'Motorsport-Total.com'. "Ich finde, derjenige mit dem kompaktesten und leistungsfähigsten KERS sollte den Zuschlag bekommen."

Hybridtechnik als neue Einnahmequelle?

Im ersten Moment scheint ein solches Ansinnen kaum realistisch: Renault, Toyota und Co. mit Mercedes-kERS? "Es wäre kein Mercedes-KERS, welches von einer anderen Firma im Wettbewerbsverfahren angeboten wird. Natürlich sollte kein Mercedes-KERS im Auto des BMW Sauber F1 Teams sein, umgekehrt auch nicht. Aber ein neutrales System, dass auf unseren Erkenntnissen beruht, ist durchaus möglich", malte Haug ein mögliches Szenario.

¿pbvin|512|1460||0pb¿Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Zum einen ginge McLaren-Mercedes in einem solchen Fall mit einem Erfahrungsvorsprung in das Jahr 2010, zum anderen könnte man mit der horrend teuren Formel-1-Hybridtechnik sogar noch Geld verdienen. Die Mercedes-Vorstandsetage würde es freuen, denn auch mit den Triebwerken für Brawn und Force India kann man einen gewissen Rückfluss generieren. Wenn nun auch KERS Geld einbringt, ist dies ein weiteres Argument für die Königsklasse.

Fraglich ist natürlich, ob die FIA bei allen Querelen mit McLaren-Mercedes den Silbernen jemals den Zuschlag geben würde - bei der Einheitselektronik funktionierte dies jedenfalls. Doch im Hintergrund wird über die grundsätzliche Entscheidung zum Umgang mit der Hybridtechnik noch gerungen. Angeblich hat es sich die FIA anders überlegt, und will weiterhin den offenen Wettbewerb bei KERS auch nach 2009.