• 14.09.2008 21:33

  • von Stefan Ziegler

Müller: "Es gibt keine spezielle Vorbereitung"

Jörg Müller im exklusiven Interview über die Herangehensweise an sein Heimrennen in Oschersleben und die italienischen Rennkurse

(Motorsport-Total.com) - Nach dem Rennwochenende in Oschersleben sind die Meisterschaftschancen von Jörg Müller drastisch gesunken. Konnte sich der BMW Pilot in Brands Hatch noch eindrucksvoll im Titelfight zurückmelden, so lief in der Magdeburger Börde nur wenig für den Deutschen zusammen. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' nahm der Rennsieger von Großbritannien Stellung zu Themen wie Testfahrten und dem Konzept der Rennserie WTCC. Abschließend ging Müller auch auf seine Pläne ein.

Titel-Bild zur News: Jörg Müller

Jörg Müller stand in Oschersleben allein auf weiter Flur: keine Punkte...

Frage: "Jörg, wie hast du dich speziell auf dein Heimrennen vorbereitet?"
Jörg Müller: "Naja, mit diesem Auto kannst du dich nicht wirklich gezielt vorbereiten. Wir sind jetzt im dritten Jahr mit dem E90 unterwegs und das Auto ist so ausgereift, dass man spezielle Vorbereitungen nur am Rennwochenende selbst vornehmen kann. Man muss also schauen, wie warm die Luft und der Asphalt sind, wie du deine Reifendrücke haben willst. Das ist also mehr Feintuning. Im Qualifying war ich beispielsweise mit sechs Zehnteln Rückstand 13."#w1#

Vorfreude auf die beiden italienischen Rennen

"Da sieht man einmal, wie eng es hier zugeht. Es gibt also keine spezielle Vorbereitung mehr. Je länger du im Auto sitzt und je mehr du testen kannst, umso besser lernst du den Wagen kennen und kannst dich entsprechend auf eine Strecke einschießen. Das wiederum kann dann schnell einige Plätze ausmachen."

Frage: "Als nächstes stehen die beiden Klassiker in Imola und Monza an. Was fällt dir spontan zu diesen beiden Kursen ein?"
Müller: "In Imola waren wir seit einigen Jahren nicht mehr unterwegs. Das ist leider eine Strecke, die unserem BMW nicht besonders gut liegt. Es gibt in Imola eine Schikane, wo man für gewöhnlich richtiggehend darüber hinweg fliegt. Das konnte unser Auto nie ab, da hatten die Fronttriebler uns immer etwas voraus."

"Daran haben wir in den vergangenen beiden Jahren gearbeitet und es sollte jetzt also besser laufen. Imola ist für uns aber eher eine schwierige Strecke, obwohl ich sie mag. Der Kurs ist einfach geil! Monza hat auch was, vor allem diese Parkatmosphäre. Die Italiener sind besonders fantastische Fans, da sind die Tribünen meist komplett voll. Da fährt man gerne."

Oschersleben als BMW Hausstrecke

Frage: "Apropos gute Strecken: Oschersleben gilt ja eigentlich auch als BMW Revier..."
Müller: "Das sagt man vielleicht so, aber in den vergangenen Jahren war zumindest Alfa Romeo in den Freien Trainings immer unglaublich schnell. Die haben es dann zumeist im Qualifying verbockt. Alfa hätte dort also schon vor zwei Jahren gewinnen können. Es sieht halt immer so aus, weil die Ergebnisse in der Vergangenheit sehr stark BMW lastig waren. Wenn die Fronttriebler aber alles auf die Reihe bekommen, dann stehen sie auch vorne. So richtige Hausstrecken gibt es heute einfach nicht mehr. Entweder du bringst es in dieser halben Stunde auf den Punkt, oder eben nicht."

Frage: "Du hast kürzlich erwähnt, dass der BMW 320si technisch am Limit ist. Habt ihr noch Entwicklungsspielraum?"
Müller: "Es geht eigentlich eher darum, wie wohl sich der Fahrer im Auto fühlt. Der eine mag vielleicht härtere Federn oder ein weicheres Fahrwerk. Man kann auch noch an den Dämpfern das eine oder andere einstellen. Aber da heutzutage noch ein Zehntel zu finden, wäre schon eine Menge Holz. Das ist das Problem."

"Man schaut eher darauf, wie man mit dem Auto zurrecht kommt. Es gibt mehrere Basissetups und du bist als Fahrer mit allen meist ähnlich schnell unterwegs. Eines davon liegt dir möglicherweise etwas besser, denn du kannst dabei beispielsweise die Reifen besser schonen. Viel mehr daraus herausholen kann man aber nicht."

Bei den Testfahrten wird viel probiert

Frage: "Wie läuft dann so ein Testtag ab? Wie muss man sich das vorstellen?"
Müller: "Du hast drei oder vier Strecken, auf denen dein Auto gut funktioniert hat. Dann baust du einfach diese drei Pakete ein und spielst an den Einstellungen herum. Wir testen aber meistens nicht auf den Strecken, wo wir dann auch Rennen fahren. Man versucht sich also etwas anzunähern und aus allen Paketen die besten Features abzuschöpfen. So läuft das eigentlich auch im ersten Freien Training. Irgendwann musst du dich dann aber entscheiden, denn das Qualifying steht ja einmal an."

Frage: "Würdest du es begrüßen, wenn das Wochenende auf den Freitag ausgedehnt werden würde? Mehr Zeit bedeutet mehr Training..."
Müller: "Eigentlich nicht, nein. Wir sind ja, was die Reifen angeht, schon sehr limitiert. Spätestens nach etwa 120 Kilometern ist der Reifen einfach hinüber, sodass du eh keine vernünftigen Aussagen mehr machen kannst. Dann rutscht der Wagen so stark, dass du Einstellungsänderungen fast nicht mehr spürst. Je mehr wir also testen würden, umso mehr Reifensätze würden wir verbrauchen."

"Dann würde die ganze Geschichte viel teurer werden, was vor allem die Privatiers nicht gerne sehen würden. Es soll ja auch eine Meisterschaft sein, die noch einigermaßen bezahlbar ist. Ich finde, dass auch die ganzen Nachwuchsklassen am Freitag nicht fahren sollten - dann könnten die Jungs auch auf die Schule gehen... (lacht). Freitags sind eh keine Zuschauer da. Meiner Meinung nach, ist unser Zweitagsprogramm sehr gut."

Konzept der Serie passt

Frage: "Wie siehst du die beiden Sprintrennen? Das ist doch auch eher ungewöhnlich..."
Müller: "...aber auch interessant. Alles, was über 100 Kilometer geht, ist nicht so der Bringer. Irgendwann stehen Überrundungen an und man verliert als Zuschauer den Überblick. Wer ist denn gerade vorne? Wer ist Zweiter? Für einen Zuschauer ist das sicherlich schwer nachzuvollziehen. Bei unseren Rennen siehst du halt, wer gerade vorne ist und wer wen angreift."

"Je länger die Rennen werden, umso langweiliger werden auch die Fights. Bei uns ist klar: Entweder du stichst in die Lücke oder du lässt es bleiben. Dadurch sind die Kämpfe viel interessanter. Es hat aber natürlich alles seine Vor- und Nachteile. Mir macht das unglaublich viel Spaß und das hier sind die schönsten Rennen, die ich in meinem ganzen Leben gefahren bin."

"Gerade auch, weil man richtig aggressiv fahren muss. Andererseits hat man dabei natürlich nicht sonderlich viel Zeit, um zu überlegen. Ich bin auch schon Langstreckenrennen gefahren, da kannst du dir den Vordermann ruhig mal zwei oder drei Runden lang anschauen. Du erkennst, wo er Fehler macht und eine Runde darauf fährst du halt rein. Das ist viel sicherer, macht aber nicht ganz so viel Spaß."

Müller auch 2009 in der WTCC am Start?

Frage: "Hat man als Fahrer eigentlich eine Grundstrategie für das Rennen?"
Müller: "Es ist in der WTCC im Prinzip Gang und Gäbe, dass man im ersten Rennen etwas vorsichtiger zu Werke geht. Man muss da ja schließlich etwas auf die Position schauen. Stehst du im ersten Rennen hinten, dann wirst du auch den zweiten Lauf von hinten in Angriff nehmen müssen. Dann kann das ganze Wochenende punktelos verlaufen. Im ersten Rennen wird daher um die vordersten Plätze kaum gekämpft - zumindest nicht mit der Brechstange. Zwischen P6 und P12 geht halt richtig die Post ab."

Frage: "Wie steht's um die weiteren Aussichten in der Meisterschaft?"
Müller: "Naja, es wird halt immer härter. Die Lage verschärft sich, es sind nur noch wenige Rennen."

Frage: "Was machst du 2009?"
Müller: "Keine Ahnung. Wir haben immer nur Jahresverträge und ich würde schon gerne bei BMW bleiben."

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