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Engstler: "Uns fehlen Testkilometer"
Franz Engstler im Interview über die Herausforderungen, welche die Tourenwagen-Weltmeisterschaft WTCC an Privatteams stellt
(Motorsport-Total.com) - Privatier Franz Engstler hat sich in dieser Saison dazu entschlossen, seinen Rennstall in der WTCC an den Start zu schicken. Der Deutsche fungiert dabei sowohl als Pilot und auch als Teamchef - wird allerdings von einem starken Team unterstützt. Und das Engagement zahlt sich bislang aus: Engstler und seine Truppe können in der Independent's Trophy der Privatteams durchaus in der Spitzengruppe mitmischen, wie Engstler im Interview mit 'Motorsport-Total.com' feststellt. Einen Sieg gab's bislang aber noch nicht...

© xpb.cc
Franz Engstler lenkt sowohl den Wagen als auch die Geschicke seines Teams
Frage: "Franz, zu deiner perfekten Bilanz in dieser Saison fehlt eigentlich nur noch ein Sieg..."
Franz Engstler: "Genau, ja. Die Gelegenheit bietet sich vielleicht, allerdings gehört da auch das nötige Quäntchen Glück dazu. Bei 30 Autos wird es außerdem ziemlich schwierig, den Start zu überleben. Die mit am schwierigste Aufgabe für uns wird wohl sein, die beiden Rennstarts zu überstehen und nicht in einen Unfall verwickelt zu werden. Es kommt immer darauf an, wie wir die ersten beiden Runden überleben."#w1#
Rookie-Saison schon jetzt ein voller Erfolg
Frage: "Sowohl in der Fahrerwertung als auch in bei den Teams ist dein Rennstall gut dabei. Welches Ergebnis würdest du dabei als Erfolg werten?"
Engstler: "Naja, zu Beginn der Saison haben wir eigentlich gesagt, dass wenn wir es in der Independent's Trophy schaffen, am Ende unter die Top 3 zu kommen, dann haben wir mehr als unser Soll erfüllt. Und genau da sind wir mittlerweile gelandet, pendeln uns mehr oder weniger auf P3 ein. Sollten wir diese Leistung bis zum Jahresende halten können, dann wäre ich damit sehr zufrieden. Speziell Macau kenne ich auch ganz genau und dort gibt es ja die doppelten Punkte - eine kleine Hoffnung habe ich also noch, dass wir dort noch einmal ein gutes Ergebnis einfahren können."
Frage: "Der Rennkalender wird in der kommenden Saison um ein Überseerennen - Marrakesch in Afrika - erweitert. Bekommt ein Privatteam die nötige Finanzierung dafür überhaupt noch auf die Reihe?"
Engstler: "Dazu muss man sagen, dass uns die KSO sehr gut unterstützt, das ist ja der Veranstalter der WTCC. Sie hören immer alle unsere Sorgen an. Für uns ergeben sich eher Probleme, wenn wir die Fahrzeuge und unser Equipment fliegen müssen. Das kostet natürlich enorm viel. Die Schifffahrt ist dagegen weniger teuer und wir haben in diesem Bereich deutlich mehr Routine, weil wir ja schon über vier Jahre in Asien ein Tourenwagen-Team haben."
"Dort bin ich selbst zwei Jahre lang unterwegs gewesen. Für unser Team ist es also, was die Logistik anbelangt, kein Problem. Wir haben fertig ausgebaute Schiffscontainer, das passt schon. Teuer wird das Ganze einfach, wenn man die Fahrzeuge aufgrund der Zeit fliegen muss. Das kostet leider sehr viel Geld, aber die KSO unterstützt uns da sehr stark, beispielsweise mit Freikontingenten für flaches Equipment. Das hilft uns privaten Rennställen natürlich enorm."
Zeit spielt für Privatiers eine große Rolle
Frage: "Macht gerade das für ein Privatteam den gewissen Reiz aus? Mit beschränkten Mitteln in der Tourenwagen-Weltmeisterschaft dabei zu sein?"
Engstler: "Ich denke, die Tourenwagen-WM braucht die Privatteams. Es gibt genauso viele Independent-Fahrzeuge wie Werksfahrzeuge und meiner Meinung nach kann keiner ohne den anderen leben und gleichzeitig guten Motorsport bieten. Die WTCC wird es sicherlich nicht schaffen, zehn verschiedene Hersteller zu bekommen, die jeweils fünf Autos an den Start bringen. Das wird sicherlich nicht machbar sein."
"Somit denke ich, dass auch die Veranstalter wissen, wie wichtig die Privatteams für die Serie sind - zumal diese ja auch auf einem sehr hohen Level arbeiten. Man muss sich nur die Zeiten anschauen: Es befinden sich fast 20 Autos innerhalb von nur einer Sekunde, wir reden ja nicht davon, dass die Privatteams drei Sekunden langsamer sind. Teilweise schlagen wir ja auch Werksautos und darin zeigt sich ja schon, wie professionell die Privatteams sind."
Frage: "Stichwort 'Entwicklung': Kannst du den Fortschritt deines Privatteams mit dem eines Werksteams vergleichen?"
Engstler: "Das Thema ist da eigentlich eher der Faktor Zeit. Wir haben als Privatteam zum Beispiel kein eigenes Testauto. Wenn die Fahrzeuge also per Schiff zu uns zurückkommen, haben wir einfach keine Möglichkeit, Testfahrten zu veranstalten. Auf dem Schiffsweg ist der Container halt vier Wochen lang unterwegs und in dieser Zeit können wir nicht arbeiten und erst recht nicht testen. Diesen Vorteil haben die Werksteams einfach: Sie können ihre Fahrzeuge fliegen und können in der darauffolgenden Woche schon wieder mit der Testarbeit beginnen."
"Das schaffen wir einfach nicht. Speziell unserem Team fehlen einfach auch Testkilometer. Ich kann jetzt nur für BMW sprechen, aber die Unterstützung seitens des Herstellers ist absolut perfekt. Wir bekommen jeglichen Support vom Hersteller und nach jedem Training kommen die Ingenieure und fragen, ob alles in Ordnung ist. Man merkt also schon, dass ein umfangreiches Interesse daran besteht, dass auch die Privatteams ordentlich abschneiden."
Doppelrolle am Rennwochenende
Frage: "Hast du ein spezielles Rezept, um in der WTCC erfolgreich zu sein?"
Engstler: "Nein, ich bin schon in einigen hochkarätigen Rennserien gefahren, wie DTM oder STW, wo auch viele Hersteller und Werksfahrer dabei waren. Das wichtigste ist wohl eine konsequente Vorbereitung und Ehrgeiz. Einen großen Vorteil haben wir in unserem Team auch, denn wir haben eine unglaublich tolle Mannschaft. Daher glaube ich auch, dass es diese Truppe verdient hat, in der WTCC dabei zu sein und ich denke, dass wir auch im kommenden Jahr eine gute Figur machen werden. Wenn wir uns das Einstiegsjahr anschauen, dann haben wir uns sofort unter die Top 3 geschoben. Das ist sehr, sehr gut und verdeutlicht auch die tolle Zusammenarbeit hier bei uns."
Frage: "Wie kommst du mit deinen beiden Rollen am Rennwochenende klar? Du bist sowohl Fahrer als auch Teamchef..."
Engstler: "Ich habe mit Kurt Treml einen langjährigen und sehr erfahrenen Teammanager, der alle Rennserien kennt und der mittlerweile schon über acht Jahre bei mir ist. Das ist schon mehr Freundschaft als nur eine geschäftliche Verbindung. Er entlastet mich natürlich enorm, zumal wir ja mit der asiatischen Tourenwagen-Meisterschaft, Procar, WTCC und einigen Langstreckenprojekten auch vier große Projekte haben. Das ist alleine gar nicht zu schaffen, weswegen wir uns die Arbeit immer etwas aufsplitten. Das funktioniert prima und ich hoffe natürlich, dass wir noch eine ganze Zeit lang zusammen erfolgreich sein können."
Frage: "Was erwartest du dir noch vom weiteren Saisonverlauf und wie ist es um die Planungen für 2009 bestellt?"
Engstler: "Für mich ist wichtig, dass wir die Rennen zu Ende fahren. Wir haben die Qualität unserer Mannschaft schon unter Beweis gestellt und sind nie mit einem technischen Defekt liegen geblieben. Wir konnten die Rennen bis jetzt auch immer beenden, was in den verbleibenden Läufen hoffentlich auch gelingt. Für das Endergebnis ist es einfach wichtig, jeden Punkt mitzunehmen. Ich bin überglücklich, wenn wir am Ende in den Top 3 der Independent's Trophy landen. Sollte noch ein Sieg dabei herausspringen, dann wäre das sicherlich die Krönung."

