• 04.06.2011 08:51

  • von Stefan Ziegler

Chevrolet: Wenn drei sich streiten...

Eric Neve hat ein echtes Luxusproblem, denn alle drei Fahrer sind 2011 potenzielle Titelkandidaten - Wie reagiert Chevrolet auf die Ereignisse von Monza?

(Motorsport-Total.com) - Die beiden Sprintrennen von Monza standen ganz im Zeichen des erbitterten Duells zwischen den drei Chevrolet-Fahrern Rob Huff, Alain Menu und Yvan Muller. Alle drei wollten sich im Königlichen Park den Rennerfolg sichern - und das scheinbar auf Gedeih' und Verderb'. Menu und Muller kamen sich dabei ein bisschen zu nahe, was in einer teaminternen Kollision mündete, die Fragen aufwirft.

Titel-Bild zur News: Yvan Muller, Alain Menu, Robert Huff

Rob Huff, Alain Menu und Yvan Muller an der Spitze des WM-Starterfeldes 2011

Weshalb sollte Chevrolet seine Piloten denn gegeneinander antreten lassen, um einen möglichen - fast sicheren - Dreifachsieg im ersten Italien-Rennen zu gefährden? Oder weshalb sollten Eric Neve und seine Mannschaft besser darauf verzichten, eine Stallregie auszusprechen, um den Wettbewerb auf der Strecke offenzuhalten? Keine einfache Situation für die WM-Titelverteidiger der WTCC.

Chevrolet ärgert sich, die Konkurrenz frohlockt

Der Konkurrenz wäre es jedenfalls nicht unrecht, sollte sich das Chevrolet-Trio weiterhin so fröhlich beharken. "Wenn drei so starke Fahrer in drei gleich starken Fahrzeugen sitzen, kann immer etwas passieren. Darauf hofft man als Verfolger natürlich", gibt Tiago Monteiro (Sunred) erklärend zu Protokoll. "Man will ja niemandem etwas Böses, aber so läuft der Hase im Motorsport nun einmal."

"Wenn man einen so großen Vorteil hat, kann man seine Fahrer ruhig kämpfen lassen." Gabriele Tarquini

Laut Gabriele Tarquini (Lukoil-Sunred) könne sich Chevrolet solche Szenen schlichtweg leisten. "Wenn man einen so großen Vorteil hat, kann man seine Fahrer ruhig kämpfen lassen", sagt der italienische Ex-Champion. "Sie haben einen großen Vorsprung. Sie könnten einige Rennen auslassen und würden trotzdem noch den Titel holen. Ihr Gesamtpaket ist einfach nochmals besser geworden."


Fotos: Chevrolet, WTCC in Budapest


Und davon profitiert Huff derzeit am meisten. Der junge Brite fährt 2011 bislang die Saison seines Lebens und führt souverän in der Fahrerwertung. Auch dem 31-Jährigen kann es nur recht sein, dass seine Teamkollegen ein hohes Risiko eingehen. "Sie müssen eine gewisse Portion an Aggressivität an den Tag legen, denn sie müssen mich schlagen", hält der aktuelle WM-Spitzenreiter fest.

War Monza ein streckenspezifischer Ausrutscher?

"Wenn ihnen das im Rennen nicht gelingt, werden sie auch in der Gesamtwertung nicht die Nase vorne haben. Sie müssen also Druck machen", meint Huff und merkt an: "Ich bin derjenige, der vorsichtig sein sollte." Er werde seine Herangehensweise allerdings nicht verändern. Auch Menu sieht keinen Grund, in Zukunft eine ruhigere Gangart zu pflegen oder weniger Risiken einzugehen.

"Die Leute bei Chevrolet und RML sollten aufgrund dieses Zwischenfalls nicht überreagieren." Alain Menu

"Die Leute bei Chevrolet und RML sollten aufgrund dieses Zwischenfalls nicht überreagieren", wird der Schweizer von 'Autosport' zitiert. "Wir waren in Monza. So enger Motorsport ist halt typisch für diesen besonderen Kurs. Monza ist einfach anders, weil es dort so viele lange Geraden gibt und dank des Windschattens befindet man sich in der Rennsituation noch enger beisammen", erläutert Menu.


Fotos: Chevrolet, WTCC in Monza


Ist das Luxusproblem von Chevrolet also überhaupt nicht mehr existent? Teamoberhaupt Neve zeigt sich gegenüber 'Autosport' und 'Touring Car Times' durchaus auf der Hut: "Die größte Gefahr lauert in unserem Team. Wir müssen die Fahrer respektieren, doch gleichzeitig sollten wir sicherstellen, dass wir uns nicht zu weit über das Limit hinauswagen, denn das könnte sich als kontraproduktiv erweisen."

Vorsicht ist besser als Nachsicht...

"Wenn man mit dem Feuer spielt, wird man sich verbrennen", erklärt der Franzose. "Uns ist auf jeden Fall nichts daran gelegen, den Motorsport auf irgendeine Art und Weise langweilig zu gestalten. Wir haben ein starkes Paket und wollen es nutzen. Deswegen lassen wir unsere Piloten frei fahren. Es ist klar, dass wir keine Stallregie anwenden", betont der Chevrolet Europa Motorsport-Manager.

"Wir sollten unser Glück nicht zu sehr herausfordern." Eric Neve

Klar ist aber auch: Weitere Pannen soll es nicht geben, wie Neve hinzufügt. Seine Piloten hätten "die Berührung vermeiden" und stattdessen auf das große Ganze bedacht sein sollen. "Wir müssen alles stabilisieren, denn die Saison ist lang und wir wissen nicht, was in Zukunft passiert. Wir sollten unser Glück nicht zu sehr herausfordern", sagt Neve. Gleichwohl möchte man attraktiven Sport bieten.

"Wir haben diesbezüglich großes Vertrauen in unsere Fahrer, die zu den weltbesten zählen. Früher waren unsere Hauptrivalen nicht im eigenen Team, nun ist es eben anders. Wir müssen zusehen, dass alles im Rahmen der Regeln bleibt, ohne die Show kaputt zu machen", bringt es Neve auf den Punkt. "Das ist die Herausforderung für uns." Und Budapest wird zur ersten Bewährungsprobe...