• 03.06.2011 23:38

  • von Stefan Ziegler

Budapest: Erste Eindrücke und große Ziele

Tom Coronel und Yvan Muller schwärmen vom Hungaroring, Rob Huff nimmt die nächste Pole ins Visier und Norbert Michelisz will die Fans begeistern

(Motorsport-Total.com) - In Marrakesch waren die lokalen Veranstalter nicht mehr länger dazu in der Lage, den WM-Event finanziell zu stemmen. Aus diesem Grund musste die WTCC in diesem Jahr einen Bogen um Marokko machen, fand aber einen würdigen Ersatz - den Hungaroring. Der 4,3 Kilometer lange Kurs bei Budapest springt an diesem Wochenende ein und ermöglicht der Tourenwagen-WM ein Gastspiel.

Titel-Bild zur News: Die Zielgerade des Hungarorings

Morgenstimmung bei Budapest: Wer fährt am Sonntag als Sieger über die Linie?

Für die ungarischen Fans ist dieser Event ein echter Glücksgriff, denn die Organisatoren öffnen die Tore zu den Tribünen, ohne dafür Geld zu verlangen - das Zuschauen vor Ort ist gratis und schon für fünf Euro erhält man Zutritt zum Fahrerlager der WTCC. Dort war am Freitagabend der Hungaroring selbst das große Gesprächsthema. Für viele Piloten war die Testsession dort die allererste Ausfahrt.

Die Bestzeit markierte jedoch Alain Menu (Chevrolet), der den Kurs von früher kennt. Der Schweizer benötigte 1:56.858 Minuten für seine beste Runde und sorgte damit für den ersten Richtwert der WM in Budapest. Vollkommen zufrieden ist Menu aber nicht: "Wir haben noch etwas Untersteuern, doch das sollte sich legen, wenn die Fahrbahn noch etwas mehr Gummi erhält", hält der Routinier fest.

Vorteil für die Hecktriebler in Ungarn?

"Wahrscheinlich kommt es darüber hinaus darauf an, die Vorderreifen zu schonen. Es gibt hier einige Kurven, in denen man gleichzeitig bremsen und einlenken muss. Das fordert schlussendlich natürlich seinen Tribut", meint Menu. Gabriele Tarquini (Lukoil-Sunred) stimmt zu: "Am Hungaroring werden die Reifen ungeheuer stark beansprucht. Bei Fronttrieblern ist es da schlecht um die Konstanz bestellt."

"Ich denke, dass wir gewisse Schwierigkeiten haben werden." Gabriele Tarquini

"Das trifft vor allem auf unser Auto zu, wo wir doch noch immer den schweren Dieselmotor benutzen. Deshalb leiden wir nach wie vor unter einer nicht optimalen Gewichtsverteilung. Ich denke daher, dass wir gewisse Schwierigkeiten haben werden", sagt der Italiener. "Die Strecke sollte in meinen Augen vor allem den Hecktrieblern sehr gut liegen. Der Hungaroring ist ein ähnlicher Kurs wie Brünn."

Spätestens dort wird wohl auch Tarquini mit dem neuen 1,6-Liter-Turbomotor ausrücken, den seine Markenkollegen Fredy Barth (SEAT-Swiss) und Michel Nykjaer (Sunred) bereits jetzt ausprobieren können. "Die Strecke ist unbekannt, der Motor neu und die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht. Prognosen sind daher schwer zu treffen", gibt Barth vor dem ersten Freien Training zu Protokoll.

Der Hungaroring als neue Herausforderung

Nykjaer will die Messlatte ebenfalls nicht zu hoch ansetzen. "Natürlich bleiben gute Ergebnisse das Ziel, doch wichtig ist die Arbeit am Motor", erklärt der Däne und fügt hinzu: "Es kann ja auch sein, dass wir gewisse technische Probleme bekommen. Das ist schwer abzusehen. Wir werden dieses Wochenende wohl in erster Linie dazu nutzen, weitere Erkenntnisse über das Aggregat zu sammeln."

"Der Hungaroring ist keine einfache Strecke." Yvan Muller

"Einfach wird es in Ungarn sicherlich nicht, aber interessant auf alle Fälle", meint Nykjaer. Dies sieht Yvan Muller (Chevrolet) nicht anders: "Der Hungaroring ist keine einfache Strecke, denn das richtige Setup zu finden, dürfte eine Herausforderung darstellen. Je nach Abschnitt und Oberfläche kann der Grip sehr variieren. Genau, weil es sich so verhält, ist dieser Kurs aber so spannend", sagt Muller.


Fotos: WTCC in Budapest


Auch Tom Coronel (ROAL) kann sich dem Reiz dieser Rennbahn nicht entziehen. Der Niederländer lobt die Gastgeber: "Die Ungarn haben eine tolle und moderne Rennstrecke. Die Gegend weist einige Höhenunterschiede auf, aber das ist kein Problem. Wichtig sind hier nämlich die Kurven. Die Strecke ist zum Beispiel vor Kurve eins etwas abschüssig, sodass man dort jemanden ausbremsen kann."

Die Randsteine als tückische Falle...

"Du musst aber schon entschlossen vorgehen und solltest das Glück auf deiner Seite haben. In den anderen Teilen der Strecke ist Überholen nicht ohne Weiteres möglich. Ein gutes Ergebnis in der Qualifikation kann daher eine Hilfe sein", erläutert Coronel und stellt klar: "Windschatten bringt hier nichts. Du musst es auf den Punkt bringen und mit deinem Ingenieur ein gutes Setup erarbeiten."

"Die Curbs sind recht hoch und können viel Schaden anrichten." Tom Coronel

Und oberstes Gebot: Vorsicht ist besser als Nachsicht - vor allem in den kniffligen Schikanen. Coronel spricht aus Erfahrung: "Man sollte sich in diesen Passagen nach Möglichkeit von den Randsteinen fernhalten. Die Curbs sind dort recht hoch und können viel Schaden anrichten." Ein Umstand, der WM-Spitzenreiter Rob Huff (Chevrolet) sicherlich zu denken gibt. Der Brite will seine Führung festigen.

Einen Ausfall kann und möchte sich Huff am Hungaroring nicht leisten. Der 31-Jährige denkt aber zunächst an die Qualifikation: "Meine bisherige Serie an Pole-Positions ist in Gefahr, doch ich kann es schaffen, zum vierten Mal in Folge auf Startplatz eins zu fahren. Sollte mir das gelingen, sehe ich nicht, warum ich nicht wieder ein weiteres Mal siegen sollte", sagt Huff und zeigt sich zuversichtlich.

Huff hofft auf die Pole, Michelisz auf die Gunst der Fans

"In den Rennen wird es sehr interessant zugehen. Auf diesem Kurs gibt es nicht viele Geraden. Der Kurs ist sehr kurvenreich, was das Feld auf eine harte Probe stellen wird. Mir kommt das gerade recht. Ich freue mich auf eine solche Herausforderung. Hoffentlich läuft alles nach Plan, damit wir erneut 'God Save the Queen' hören können", witzelt Huff. Die ungarische Hymne wäre dem Publikum lieber.

"Insgeheim möchte ich natürlich in einem der beiden Rennen auf das Treppchen fahren..." Norbert Michelisz

Die meisten Fans dürften schließlich wegen Norbert Michelisz (Zengö) an die Strecke kommen. Und der Lokalmatador aus Ungarn möchte sich nach Leibeskräften bemühen, seine Landsleute an diesem Wochenende nicht zu enttäuschen. "Vor meinem Heimpublikum will ich unbedingt das Beste aus mir herausholen", kündigt der 26-Jährige an. "In die Top 5 zu gelangen wäre ein gutes Ergebnis."

Wirklich? Michelisz ergänzt: "Insgeheim möchte ich natürlich in einem der beiden Rennen auf das Treppchen fahren. Mein kleiner Vorteil, was die Kenntnis der Strecke anbelangt, dürfte sich bis zur Qualifikation verflüchtigt haben. Ich hoffe dennoch, dass mir die Unterstützung der Fans zugute kommen wird." Die Zuschauer würden Michelisz gewiss auch bei Platz drei wie einen Sieger feiern...