• 02.05.2014 22:46

  • von Roman Wittemeier

Wurz prognostiziert: "In Le Mans wird es sehr eng"

Toyota-Ass Alex Wurz erklärt, warum Toyota seinen Reifenvorteil in Le Mans verlieren dürfte, analysiert die Rivalen und vergleicht das Fahrverhalten der Boliden mit 2013

(Motorsport-Total.com) - Der WEC-Saisonauftakt in Silverstone hat dieses Jahr gezeigt, wie spannend und umkämpft die Langstrecken-WM und aller Voraussicht nach auch die legendären 24 Stunden von Le Mans sein wird. Einer, der an der Sarthe seinen dritten Sieg im dritten Jahrzehnt einfahren möchte, ist Toyota-Ass Alex Wurz. Der Österreicher hat die Konkurrenz von Audi und Porsche genau unter die Lupe genommen und verrät in der Medienrunde, wie er sein Team und die Rivalen einschätzt, wie unterschiedlich sich die Teams auf Le Mans vorbereiten und inwiefern sich die neuen Boliden im Vergleich zum Vorjahr aus Fahrersicht unterscheiden.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Mit Vollgas durch Eau Rouge: Fürz Wurz ist dies nach wie vor zu einfach Zoom

Frage: "Alex, welche Erkenntnisse hast du hier bisher gemacht?"
Alex Wurz: "Dass der Wetterbericht nicht stimmt. Wir sind in Spa, und da gibt es keinen Wetterbericht. Interessant ist hier die Herangehensweise der Teams: Nur Audi fährt hier mit viel Abtrieb, was hier optimal ist. Porsche und wir bereiten uns aber mit wenig Abtrieb auf Le Mans vor. Es sind aber beide Herangehensweisen eine Möglichkeit. Alle liegen grundsätzlich wieder eng beisammen. Porsche ist sehr schnell auf eine Runde, der Reifenabbau ist allerdings dort höher. Audi ist ähnlich schnell wie wir, hat aber etwas mehr Reifenverschleiß."

Frage: "In Silverstone war euer Longrun stark und konstant, bei Audi lief es so halbwegs, und Porsche hatte diese Probleme nach zwei, drei Runden. Ist das auch in Hinblick auf das Ausmaß hier ähnlich, oder etwas abgeschwächt?"
Wurz: "Da bin ich mir noch nicht sicher, aber ich würde sagen es ist ähnlich."

Frage: "Inwiefern kann man die Spezifikation des Autos, das ihr hier fährt, schon mit Le Mans vergleichen?"
Wurz: "Es ist sehr ähnlich."

"Unser Auto ist hier sehr ähnlich wie in Le Mans." Alex Wurz

Frage: "Beim Audi mit der Nummer drei heißt es ja, dass das derzeit nur ein Teil des Le-Mans-Autos ist."
Wurz: "Okay? Bei uns ist es sehr ähnlich. Wir bewegen uns aber natürlich hier im höheren Abtriebsbereich des Pakets für wenig Abtrieb."

Toyota fährt in Spa mit Le-Mans-Paket

Frage: "Wie wirkt sich das Paket auf die Balance des Autos aus?
Wurz: "Die ist ähnlich. Es wird natürlich alles ein bisschen schwieriger zu fahren - mit einem Auto mit viel Abtrieb kannst du über die Randsteine räubern, da stören dich die Bodenwellen weniger. Ein Auto mit wenig Abtrieb wird hingegen etwas nervöser, aber das liegt natürlich daran, dass man weniger Anpressdruck hat. Man spürt plötzlich diese Lastschwankungen, und das Auto wird dann nervös."

Frage: "Es ist ja nicht so einfach, bei einem Auto mit wenig Abtrieb die Haltbarkeit der Reifen trotzdem so hinzubekommen. Seid ihr da überrascht?
Wurz: "Wir sehen es ja noch nicht wirklich, sondern erst morgen im Rennen. Es ist hier nicht einfach für die Reifen, weil mehr Energie auf sie einwirkt. Das heißt: Zwischen dem Gürtel entsteht mehr Reibung, und dann fängt das Auto mehr zum Schmieren an. In Le Mans ist das nicht so, weil es dort zwar auch hohe Energiespitzen gibt, diese aber nicht so lange andauern. Das ist hier anders."

"Es ist wegen der langen konstanten Energieleistung beim Reifen, durch die die Reibung sehr hoch wird, schon schwierig, mit dem Paket für wenig Abtrieb in Spa auf den Reifen aufzupassen. Das ist, wie wenn du dir die Hände reibst - du merkst zunächst gar nichts, und dann wird es heiß. Das ist im Reifen auch so."

"Eigentlich müsste man für Spa ein Paket für mittleren Abtrieb entwickeln." Alex Wurz

Frage: "Das geht also auch exponentiell nach oben?"
Wurz: "Ja."

Frage: "Wie viel Zeit kostet es deiner Meinung nach, dass ihr hier mit dem Paket für wenig Abtrieb fährt?"
Wurz: "Das Paket für viel Abtrieb, mit dem wir in Silverstone oder Bahrain fahren, ist hier etwas zu hoch. Das Paket für wenig Abtrieb ist hingegen etwas niedrig. Daher müsste man eigentlich für Spa ein Paket für mittleren Abtrieb entwickeln. So weit sind wir noch nicht. Ich glaube aber, dass das nächstes Jahr kommen wird, wenn die Entwicklung so weitergeht."


Fotos: Toyota, WEC in Spa-Francorchamps, Freitag


Frage: "Aber wie viel Zeit kostet das im Vergleich zu einem perfekt ausbalancierten Auto?"
Wurz: "Ein paar Zehntel? Ich würde sagen, eine halbe Sekunde oder weniger."

Frage: "Porsche sagt, das kostet sie über eine Sekunde."
Wurz: "Das möchte ich erst sehen, das Aero-Paket. Mehr kann ich nicht dazu sagen."

Hybrid-Aufladung: Spa ein Vorteil für Porsche und Toyota

Frage: "Unterscheiden sich die Hybrid-Strategien hier wesentlich von denen, die ihr in Silverstone gefahren seid?"
Wurz: "Nein."

Frage: "Gibt es hier Umstände, die das beeinflussen?"
Wurz: "Nein, hier unterscheidet sich die Aufladung der Energie, weil man mehr bremst. Das hilft uns, bei Porsche ist es ähnlich. Die haben einen längeren Schub, aber an weniger Orten als wir. Das ist eine Philosophiefrage, ich weiß nicht, wie das mit ihrer Batterie funktioniert. Wir können ja mit unseren Superkondensatoren so schnell laden und entladen, wie wir wollen - und so viel wir wollen."

"Für unser System ist Silverstone in Hinblick auf die Wiederaufladung die schlechteste Strecke." Alex Wurz

Frage: "Das heißt im Umkehrschluss: Porsche hat hier den Vorteil, dass sie auch beim Fahren wieder aufladen können?
Wurz: "Ja genau."

Frage: "Der Vorteil ist dann hier nicht so groß wie in Silverstone, denn je weniger gebremst wird, umso größer ist der Vorteil für Porsche, nicht wahr?"
Wurz: "Ja. Für unser System ist Silverstone in Hinblick auf die Wiederaufladung die schlechteste Strecke."

Eau Rouge geht voll

Frage: "Geht die Eau Rouge immer noch voll?"
Wurz: "Ja, es ist aber dieses Jahr nicht so einfach, weil wir schneller den Berg runterkommen, weniger Abtrieb haben und schnellere Reifen. Mit dem zweiten Satz Reifen bin ich sie dann aber voll gefahren. Es geht also."

Frage: "Und es macht Laune?"
Wurz: "Also mir wäre es eigentlich lieber, wenn es fast nicht ginge, weil dann wäre es viel spannender. Es ist aber auch so eine absolut coole Kurve, wir kommen aber durch die Aufwertung des Energierückgewinnungs-Systems jetzt mit mehr Energie aus der ersten Kurve raus und dadurch viel schneller in Eau Rouge. Wenn die anderen nicht weit weg sind, dann muss ich beim Eingang schon lupfen."

Anthony Davidson, Sebastien Buemi, Stephane Sarrazin

Mit Vollgas durch Eau Rouge: Fürz Wurz ist dies nach wie vor zu einfach Zoom

Frage: "Von La Source zur Eau Rouge schaltet ihr ja ständig, das geht unglaublich schnell."
Wurz: "Ja, 1.000 PS (lacht)."

Frage: "Dieser Schaltrhythmus ist ein Wahnsinn, ich habe das an der Strecke beobachtet. Auch im Vergleich zu den anderen LMP1-Autos seid ihr da wahnsinnig stark in dieser Beschleunigungsphase. Ist das schwierig zu kontrollieren?"
Wurz: "Also so viel Talent haben wir schon noch..."

Wurz verspricht spannende 24 Stunden

Frage: "Wie unterschiedlich sind die Autos im Vergleich zum Vorjahr zu fahren?"
Wurz: "Dieses Jahr ist der Grenzbereich größer, denn der Reifen ist ein bisschen schmäler - es schmiert ein bisschen mehr. Die Strecke war den ganzen Tag ein bisschen schmierig, im nassen und im trockenen Zustand. Im vergangenen Jahr war der Reifen breiter und etwas weicher - das konnte er verkraften, weil er mehr Aufstandsfläche hatte. Dadurch hatten wir mehr mechanischen Grip. Die Autos sind aber durch die zusätzliche Leistung sehr schnell."

Frage: "Wird es in Le Mans deiner Meinung nach so ausgeglichen sein wie es in Silverstone im Qualifying aussah?"
Wurz: "Ja."

Frage: "Bleibt das so?"
Wurz: "Das bleibt. Ich glaube, in Le Mans wird es auch im Renntrimm auf der Strecke sehr eng werden. Le Mans ist aber leider für uns - denn beim Reifenmanagement scheinen wir einen Vorteil zu haben - an der Hinterachse nicht so aggressiv. Daher sollte es dort im Rennen noch knapper werden."

"Le Mans ist leider für uns - denn beim Reifenmanagement scheinen wir einen Vorteil zu haben - an der Hinterachse nicht so aggressiv." Alex Wurz

Frage: "Schafft ihr 14 Runden am Stück?"
Wurz: "ich weiß es nicht."

Frage: "Rein rechnerisch sind es 13,9 - da wäre es naheliegend, dass man auf 14 kommt."
Wurz: "Ja, da muss man schauen, dass man auf 14 kommt. Du musst aber aufpassen, denn für jede 0,1 Liter Sprit, die man spart, verliert man relativ viel Rundenzeit."

Frage: "Das ist dann die Frage, ob man das investieren kann..."
Wurz: "Ja, das ist absolut die Frage. Bei 13,9 würde es auf jeden Fall schon Sinn machen, bei 13,7 nicht."