Longrun-Analyse 6h Spa 2025: Ferrari nicht automatisch Sieger
Ferrari ist im Longrun stark, aber nicht so überlegen, wie es nach dem Qualifying den Anschein macht - Nur ein Training liefert einigermaßen realistische Ergebnisse
(Motorsport-Total.com) - Drittes Rennen der WEC-Saison 2025, und zum dritten Mal sieht Ferrari unschlagbar aus. Nach den ersten drei Startplätzen und zwei von drei Bestzeiten in den Freien Trainings scheint der Drops schon gelutscht. Aber die Vergangenheit hat bereits gezeigt, dass der Ferrari 499P zwar das überlegene Auto im Qualifying ist, die Situation in den Rennen aber deutlich enger war.

© Speedpictures
Ferrari dominierte das Qualifying in Spa, doch in Sachen Rennpace sieht es eng aus Zoom
Schon der Dreifachsieg in Katar war nicht so überlegen wie er aussah. BMW war damals nur zehn Sekunden im Ziel weg mit einem Fahrzeug, das im Rennen eine Durchfahrtsstrafe und ein technisches Problem hatte. Und auch in Imola brachte Ferrari nur ein Auto aufs Podium, obschon das dortige 6-Stunden-Rennen aufgrund des überwichtigen Faktors Track Position eher untypisch ist.
Was also können wir für Spa-Francorchamps erwarten? Ferrari war im Qualifying drückend überlegen, aber bislang deutet nicht viel darauf hin, dass es auch im Rennen ein automatischer Durchmarsch wird.
Nur das dritte Training liefert gute Daten
Die Analyse fällt diesmal aus mehreren Gründen deutlich schwerer als in den bisherigen beiden Rennen. Einerseits ist die Runde auf dem Circuit de Spa-Francorchamps sehr lang. Dadurch ist auch der Einfluss von "Freak-Runden", also schiefgelaufenen Qualifying-Simulationen (meist durch Verkehr) größer als auf anderen Strecken, auf denen im Longrun schlicht mehr Runden gefahren werden, die die eine Runde wieder ausbügeln.
Zweitens wurde die Strecke neu asphaltiert, sodass noch keine Erfahrungs-Zeiten aus der Vorsaison vorliegen. Was genau ein missglückter Qualifying-Run war und was ein Longrun, ließ sich nicht immer leicht sagen. Zu allem Überfluss wurden auch noch in allen Sessions Qualifying-Simulationen gefahren, sodass auch hier das Aussortieren weiter erschwert wurde.
Gerade Zeiten im hohen 2:03er-Bereich könnten sowohl aus einem jungen Longrun stammen oder einem missglückten Qualifying-Versuch. Die Rennpace dürfte bei 2:04 Minuten aufwärts liegen.
WEC Spa 2025: Highlights Qualifying/Hyperpole
Und drittens wurde das so wichtige zweite Training durch zahlreiche Rote Flaggen unterbrochen. Es war dermaßen zerstückelt, dass kaum aussagekräftige Daten gesammelt werden konnten. Motorsport-Total.com weiß von mehreren Herstellern, die aufgrund der Abbrüche selbst noch bezüglich der Rennpace im Dunkeln tappen.
Wirklich etwas herauslesen lässt sich daher nur aus dem dritten Freien Training. Und das ging zu einer Zeit über die Bühne, zu der am Samstag gar nicht gefahren wird. Das Rennen startet nämlich erst um 14 Uhr - nochmal eine Stunde später als 2024.
Was also lässt sich herauslesen? Hier erst einmal der Durchschnitt aller gefahrenen Zeiten innerhalb eines Fensters von fünf Sekunden zur jeweiligen Bestzeit des Fahrzeugs im dritten Freien Training, Quali-Simulationen nach besten Wissen und Gewissen rausgerechnet:
Onboard Pole-Lap von Antonio Fuoco
1. Cadillac #12 - 02:05.248
2. Alpine #35 - 02:05.429
3. Ferrari #50 - 02:05.650
4. Peugeot #94 - 02:05.782
5. Cadillac #38 - 02:05.901
6. Ferrari #51 - 02:05.918
7. Alpine #36 - 02:05.949
8. Peugeot #93 - 02:06.261
9. Toyota #7 - 02:06.389
10. Porsche #6 - 02:06.475
11. AF-Corse-Ferrari #83 - 02:06.563
12. Toyota #8 - 02:06.589
13. Aston Martin #007 - 02:06.678
14. Proton-Porsche #99 - 02:06.745
15. BMW #20 - 02:06.790
16. BMW #15 - 02:06.920
17. Porsche #5 - 02:06.973
18. Aston Martin #009 - 02:07.106
Natürlich wissen wir nicht, auf welchen Reifen die Zeiten gefahren worden sind. Michelin hat die Mischungen Medium und Soft nach Spa-Francorchamps gebracht. Durch den neuen Asphalt ist der Verschleiß im Vergleich zum Vorjahr geringer, als Michelin für diese Reifenwahl scharf kritisiert wurde.
Auf den kurzen Trainings-Runs wirkt sich der weiche Reifen positiv aus. Über die längere Distanz macht er natürlich hinten heraus Probleme, könnte aber in der Schlussphase durchaus ein Thema werden.
Onboard mit Mick Schumacher auf dem Circuit de Spa-Francorchamps
Dennoch ist auffällig, dass Ferrari in den Longruns bei weitem nicht so dominant erscheint wie im Qualifying. Der Trend scheint sich also fortzusetzen, dass Ferrari im Qualifying irgendetwas aus dem Auto holt, was die Konkurrenz nicht kann. Was das ist, darüber rätseln alle.
Cadillac erscheint im Longrun sehr stark, was angesichts der immer noch sehr guten Einstufung des V-Series.R nicht überrascht. Alpine, Ferrari und Peugeot wirken ähnlich stark wie Caddy, allerdings muss sich Ferrari den Schuh des Favoriten natürlich anziehen. Der private AF-Corse-Ferrari geht in dieser Statistik unter Wert weg, die Performance von Toyota erscheint realistisch. Hier ist man völlig chancenlos.
Erstes und zweites Training mit begrenzter Aussagekraft
Der Vollständigkeit halber hier noch die Runs aus den anderen Freien Trainings. Es ist aber sehr verzerrt. Im ersten Training war es am schwersten, Quali-Simulationen von Longruns zu unterscheiden, zudem ist es von allen Trainings immer am wenigsten aussagekräftig. Das zweite Training war wie gesagt stark zerstückelt.
Am überraschendsten ist hier noch die Porsche-Performance, wobei es aber einen ähnlichen Fall auch beim Le-Mans-Vortest 2024 gegeben hatte, als Kevin Estre einen nahezu magischen Run von vier Runden fuhr, den Porsche nie wieder im Longrun erreichte. Die Programme der Hersteller in den Trainings in Spa sind wesentlich undurchsichtiger als in Imola und Katar gewesen, deshalb sollten diese Tabellen mit Vorsicht genossen werden.
Der Alpine #36 hat im ersten Training vermutlich zwei Reifensätze verwendet, was erklärt, warum er dort so weit vorne und im zweiten Training so weit hinten liegt. Auffällig ist auch hier, dass Ferrari zwar ganz vorne dabei ist, aber bei weitem nicht so dominant aufgetreten ist wie im Qualifying.
Ergebnisse Longruns erstes Freies Training
1. Ferrari #51 - 02:05.832
2. Alpine #36 - 02:05.859
3. Porsche #5 - 02:05.867
4. Porsche #6 - 02:05.903
5. Ferrari #50 - 02:06.110
6. AF-Corse-Ferrari #83 - 02:06.119
7. Toyota #8 - 02:06.191
8. Toyota #7 - 02:06.224
9. Cadillac #12 - 02:06.229
10. Peugeot #94 - 02:06.236
11. BMW #20 - 02:06.302
12. Peugeot #93 - 02:06.349
13. Aston Martin #009 - 02:06.366
14. BMW #15 - 02:06.371
15. Alpine #35 - 02:06.720
16. Cadillac #38 - 02:06.940
17. Proton-Porsche #99 - 02:07.278
18. Aston Martin #007 - 02:07.565
Ergebnisse Longruns zweites Freies Training
1. AF-Corse-Ferrari #83 - 02:05.117
2. Porsche #5 - 02:05.269
3. BMW #15 - 02:05.573
4. Alpine #35 - 02:05.614
5. Cadillac #38 - 02:05.721
6. Peugeot #94 - 02:05.792
7. Ferrari #50 - 02:05.866
8. Porsche #6 - 02:05.903
9. Toyota #7 - 02:06.035
10. BMW #20 - 02:06.035
11. Peugeot #93 - 02:06.208
12. Aston Martin #009 - 02:06.213
13. Toyota #8 - 02:06.252
14. Alpine #36 - 02:06.363
15. Cadillac #12 - 02:06.392
16. Aston Martin #007 - 02:07.565
17. Proton-Porsche #99 - 02:07.669


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