• 03.11.2013 07:22

Weltmeister Sykes: "Rennsport ist mein Leben"

Weltmeister Tom Sykes blickt im Interview auf seine Emotionen und seinen Triumphzug - Der Brite befindet sich in einer magischen Phase seines Lebens

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen beiden Jahren hat sich Tom Sykes in der Superbike-WM zu einem Star entwickelt. Sportlich führte der Brite Kawasaki wieder an die Spitze. 2012 wurde der WM-Titel noch um einen halben Punkt verpasst, doch in diesem Jahr fuhr der 28-Jährige von Erfolg zu Erfolg. In den Schoß gefallen ist ihm der WM-Titel nicht: Es lag an harter Arbeit und die Konkurrenz von Aprilia und BMW war stark. Im Interview blickt Sykes auf die emotionale Achterbahnfahrt der vergangenen Jahre und nennt die Gründe für den Erfolg.

Titel-Bild zur News: Tom Sykes

Tom Sykes schwebt beruflich und privat auf Wolke sieben Zoom

Frage: "Tom, fangen wir mit einer offensichtlichen Frage an: Wie fühlt man sich als Weltmeister?"
Tom Sykes: "Worte können mein Gefühl nicht beschreiben. Seit Magny-Cours habe ich angefangen davon zu träumen. Es war schon magisch davon zu träumen, dass ich Weltmeister werden könnte. Das waren aber nur zwei Prozent von dem, was ich wirklich nach dem Überfahren der Ziellinie gespürt habe. Ich zitterte und konnte die kleine Ninja kaum steuern. Ich bin an der Spitze der Welt und nichts kann dieses Gefühl beschreiben. Ich habe so hart gearbeitet, um so weit zu kommen. Es gab in der Vergangenheit Kritiker, aber ich glaube, ich habe ihnen mit dieser wunderschönen Trophäe geantwortet."

Frage: "Wie schön ist es, nachdem du im Vorjahr den Titel um einen halben Punkt verpasst hast?"
Sykes: "Das machte uns nur stärker. Es ist kein Geheimnis, dass ich im vergangenen Winter sehr motiviert war. Ich hatte in der Superbike-WM 2009, 2010 und 2011 schwierige Jahre, aber sie haben mich geformt wie ich jetzt bin. Es hat meinen Karriereweg gehandicapt, aber ich bin auch dankbar für diese Jahre, denn sie haben mir geholfen mit Situationen wie dieser umzugehen."

"Im Vorjahr war es sehr schade. Man könnte zurückschauen und sagen, dass ich beinahe Doppelweltmeister sein könnte. Ich verlor damals gegen Max Biaggi, einen sehr talentierten Fahrer. Wir kennen alle sein Level. Dass ich es um einen halben Punkt nicht geschafft habe? Ich war sehr stolz, dass ich es so weit gebracht habe, aber ich bin noch stolzer, dass ich es in diesem Jahr ein Rennen vor dem Ende geschafft habe."

Frage: "Abgesehen von der Freude: Ist die Erleichterung nach der knappen Niederlage im Vorjahr größer?"
Sykes: "Wenn man es so sieht, dann liegt es sicher am vergangenen Jahr. Es gab Leute, die gesagt haben, dass 2012 meine und Kawasakis beste Chance war. Und die beste Chance haben wir aus dem Fenster geworfen. Ich dachte aber anders darüber."


Fotostrecke: Tom Sykes: Der Weg zum WM-Titel

Frage: "Du bist der erste Kawasaki-Weltmeister seit Scott Russell 1993. War dir diese Bedeutung bewusst?"
Sykes: "Ich schaue daheim nicht in Magazinen nach Statistiken. Wenn ich heimkomme, dann muss ich einige Dinge in meinem Haus erledigen! Nur wenn mir Medienvertreter Statistiken zeigen, fühle ich mich sehr stolz, dass ich Kawasaki auf die Siegerstraße zurückgebracht habe. Meine Familie teilt diesen Moment mit mir. Hinter verschlossenen Türen kann ich schwierig sein, weil der Rennsport mein Leben ist. Wir haben alle hart gearbeitete, um es so weit zu schaffen. Es ist 20 Jahre her, seit es Scott Russell geschafft hat. Kawasaki hatte schwierige Zeiten, aber wir sind zurück im Geschäft."

"Wir haben so hart gearbeitet und endlich schrieben wir diese schöne Geschichte." Tom Sykes

Frage: "Wie nervös warst du vor dem letzten Wochenende in Jerez? Waren durch den Vorsprung von 37 Punkten die Erwartungen größer?"
Sykes: "Auf meinen Schultern lastete eine Weltmeisterschaft, aber ich fühlte mich im Rennen wie die Ruhe selbst. Ich hatte ein gutes Paket, aber wir wussten, dass die Strecke für uns schwierig wird. Am gesamten Wochenende war Aprilia in den Top 4. Teilweise belegten sie die ersten vier Plätze. BMW war ebenfalls stark. Es ist ihre Teststrecke, also wussten wir warum sie stark waren. Wir hatten in Frankreich gut gearbeitet und den Doppelsieg geholt. Es gibt Momente, in denen man stark sein und die bestmögliche Arbeit abliefern muss. Im ersten Rennen in Spanien habe ich das gemacht, obwohl ich nicht an die Weltmeisterschaft dachte."

Perfekte Teamarbeit

Frage: "Keine Weltmeisterschaft ist einfach, aber trotz guter Testfahrten war es kein einfacher Saisonstart."
Sykes: "Wir hatten unsere kleinen Probleme, aber es sind Zeiten wie auf Phillip Island, die uns in die WM-Position gebracht haben. Dort bin ich mit drei gebrochenen Rippen und einem gebrochenen Handgelenk gefahren. Wir kamen langsam auf den Radar und die beiden vergangenen Jahre waren fantastisch. Im Team, mit Kawasaki und bei all unseren technischen Sponsoren herrscht großer gegenseitiger Respekt. Für sie ist es ein großartiger Moment. Ich muss mich bei vielen Menschen bedanken und schätze alles, was sie für mich getan haben. Ich bedanke mich bei allen, die mir geholfen haben, aber vor allem bedanke ich mich bei meinem Großvater Peter Brook."

Tom Sykes

Auf dem Weg zum WM-Titel feierte Tom Sykes neun Siege Zoom

Frage: "War dein Großvater der Biker in deiner Familie?"
Sykes: "Wenn er die Chance dazu gehabt hätte als er jünger war, hätte er es geliebt. Er hatte immer eine Leidenschaft für Motorräder. Er hat mich am Sozius des Motorrades immer zur BSB mitgenommen. Glücklicherweise hatte er als Ingenieur eine erfolgreiche Karriere und verwendete sein Geld für meinen Karrierestart. Der Rest ist Geschichte. Er kommt immer noch zu den Rennen. Ohne ihn hätte ich nicht die Chance gehabt, und schon gar nicht die Chance auf Siege. Wir hatten mit ihm eine schöne WM-Feier und er hat sie genossen. Ich bin ihm für immer dankbar. Meinen Titelgewinn zu erleben war für ihn unbezahlbar."

Frage: "Wo steht deiner Meinung nach die Superbike-WM im Vergleich zur glorreichen Zeit in den 1990ern und Anfang 2000?"
Sykes: "Ich glaube, wir sind auf einem guten Level. Die Fahrer? Es ist schwierig zu sagen, wenn man einer der Fahrer ist. Die Rundenzeiten, die Geschwindigkeit der Rennen und die Fahrer sind sehr gut. Wir hatten Max Biaggi, Carlos Checa und Marco Merlandri. Die WM ist also auf einem unglaublichen Level, das steht außer Frage. Die Hersteller befinden sich auch auf einem tollen Niveau. Ich glaube, das Spektakel ist auch eng und wir scheuen uns nicht vor Lackaustausch."

Frage: "Wie denkst du nun über das Leben nach, nachdem du dieses große Ziel erreicht hast?"
Sykes: "Es gab viel Arbeit und viele Entbehrungen. Ich habe ein fantastisches Team und einen großartigen Hersteller hinter mir. Es war unser Tag. Wir haben so hart gearbeitet und endlich schrieben wir diese schöne Geschichte. Es ist ein neues Kapitel. Dieses Jahr war magisch. Wir haben einen WM-Titel und meine Frau erwartet unser erstes Kind. Im Vorjahr haben wir geheiratet. Ich befinde mich derzeit in einer magischen Phase meines Lebens."