• 26.05.2011 16:45

Toseland: "Bin noch nicht zu 100 Prozent fit"

Der Brite James Toseland erholt sich gut von seiner schweren Verletzung und will in Salt Lake City wieder fahren - Im Interview spricht der Brite über seine Verfassung

(Motorsport-Total.com) - James Toseland ist bei seiner Rückkehr von der MotoGP in die Superbike-WM noch nicht der große Erfolg gelungen. Im vergangenen Jahr gelang kein Sieg mit Yamaha. In dieser Saison sitzt der zweifache Weltmeister auf einer S1000RR des BMW-Italia-Teams. Das Projekt befindet sich noch in der Entwicklung und wurde durch eine Sturz und eine Verletzung leicht behindert. In Salt Lake City will der 30-Jährige wieder fahren. Toseland spricht im Interview über seine aktuelle Situation.

Titel-Bild zur News: James Toseland

Der Brite James Toseland arbeitet hart an seinem Comeback

Frage: "Wie ist deine Verletzung genau passiert?"
James Toseland: "Das ist während einem Test in Spanien passiert. Das Team und ich wollten neue Dinge an der RR ausprobieren. Außerdem haben wir mit Pirelli an neuen Reifen gearbeitet. Das Motorrad hat sich drastisch verbessert, so wie wir es erwartet haben. Leider bin ich gegen Ende des letzten Tages per Highsider abgestiegen und hart auf dem Asphalt aufgeprallt."

Frage: "War es ein schlimmer Sturz?"
Toseland: "Ja. Ein kleiner Knochen neben dem Kahnbein ist verrutscht. Die ersten Röntgenausnahmen in Spanien haben gezeigt, dass der Knochen leicht beschädigt war, aber keine schlimme Verletzung entstanden ist. Ich war glücklich, denn es war ein böser Sturz. Keine gebrochenen Knochen davongetragen zu haben, war fast ein Wunder."

"Leider sind die Schmerzen über Nacht schlimmer geworden und ich habe einen Spezialisten in Großbritannien angerufen. Er hat mir vorgeschlagen, sofort nach Hause zu fliegen und weitere Untersuchungen vorzunehmen. Die beschriebenen Symptome deuteten für ihn darauf hin, dass etwas nicht richtig war."

Frage: "Was hat er entdeckt?"
Toseland: "Er hat mehrere Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Winkeln gemacht. Es hat sich herausgestellt, dass die Knochen in meiner Hand verschoben und verdreht waren. Sie haben die Blutzufuhr in meiner Hand unterbunden. Meine Hand war im Begriff abzusterben."

"Für die Chirurgen war es ein Rennen gegen die Zeit, um zu operieren und meine Hand zu retten. Ich konnte das kaum glauben. Sie haben einen tollen Job gemacht, denn es war ein kniffliger Eingriff. Ich hatte Glück. Ich möchte gar nicht daran denken, was alles hätte passieren können, wenn ich nicht die Nummer dieses Arztes gehabt hätte."

Frage: "Wie ist deine Rehabilitation verlaufen?"
Toseland: "Mein Handgelenk musste komplett eingebunden werden. Ich konnte nicht trainieren, denn Schweiß könnte Infektionen hervorrufen. Ich durfte keine Physiotherapie absolvieren, bis am 27. April meine Nähte gezogen wurden. Ich habe viel Zeit in der Sauerstoffkammer verbracht, drei Stunden täglich, und musste warten, bis sich mein Körper von selbst heilt."

Motorrad wird kontinuierlich besser

Frage: "Wie ist die Situation jetzt?"
Toseland: "Salt Lake City ist die nächste Runde. Ich freue mich darauf. Mein Handgelenk wird mit einer Kombination aus Physiotherapie und Ruhe immer besser und besser. Ich glaube, ich werde für die USA bereit sein. Ich werde noch nicht zu 100 Prozent fit sein, aber gut genug um Fahren zu können und zu sehen, was möglich ist."

Frage: "Es ist jetzt schon Ewigkeiten her, seit du das letzte Mal vernünftig auf dem Motorrad gesessen bist."
Toseland: "Es fühlt sich nach Ewigkeiten an, seit ich das letzte Mal konkurrenzfähig gefahren bin. Deshalb freue ich mich auf das Motorrad und möchte herausfinden, wie es sich seit damals verändert hat. Das Feedback vom Team und meinem Teamkollegen Ayrton Badovini ist positiv. Sie haben Fortschritte gemacht. Ayrton klettert in der Zeitenliste an jedem Rennwochenende nach oben. Das ist sehr ermutigend zu sehen."

James Toseland

Das Comeback in Monza kam noch zu früh für James Toseland Zoom

Frage: "Euer Motorrad war in Monza in den Top 6 zu finden."
Toseland: "In Monza haben wir einige neue Teile und Einstellungen probiert, die sich positiv auf das Motorrad ausgewirkt haben. Die neue Motorenspezifikation hat auch gut funktioniert. Salt Lake ist mit Monza ein wenig vergleichbar, denn auch dort zählt die Höchstgeschwindigkeit. Die Start- und Zielgerade ist dort über eine Meile lang. Es gibt schnelle Kurven, in denen man am Gas hängt. Ein starker Motor ist entscheidend."

Frage: "Wie wird die BMW im Miller Motorsport-Park funktionieren?"
Toseland: "Im Vorjahr hätte Carlos Checa mit der Ducati einen Doppelsieg landen müssen, aber er hatte technische Probleme. Deshalb ist er in beiden Läufen ausgeschieden. In diesem Jahr wird es ausgeglichener sein. BMW hat ein gutes Paket, aber unser Team war noch nie dort. Ich glaube, wir können uns trotzdem gut schlagen. Aprilia wird wieder schwer zu schlagen sein, denn die RSV4 verfügt über viel Kraft und Geschwindigkeit. Jedes Motorrad, das in unserer Serie 336 km/h fahren kann, ist schwer zu schlagen."

40 Prozent Muskelschwund

Frage: "Was hast du seit Monza gemacht?"
Toseland: "Ich war beim Filmfestival in Cannes. Es war eine schöne Veranstaltung und genau so wie man sich das vorstellt. Es waren viele Topstars dort und es herrschte eine schöne Atmosphäre. Es hat Spaß gemacht und ich werde sicher wieder hinfahren. Abgesehen davon habe ich trainiert und meine Muskeln in meiner Hand aufgebaut, damit sie so stark wie möglich ist. Mir hat es auch gefallen, dass ich wieder laufen und vernünftiges Training absolvieren konnte."

Frage: "Hast du auch auf deinem Klavier gespielt?"
Toseland: "Nein. Sogar das durfte ich nicht machen. Es war interessant, meinen Muskelschwund nach der Verletzung zu sehen. Ich habe im Unterarm etwa 40 Prozent meiner Muskelmasse verloren. Der Vergleich zwischen beiden Armen war schockierend. Die ganze Verletzung war frustrierend. Ich konnte die ganze Zeit nur daran denken, wieder meine Lederkombi anzuziehen und wieder auf die BMW zu steigen."

"Ich war in meiner Karriere schon oft verletzt und manchmal auch schlimmer als jetzt." James Toseland

Frage: "Wie gehst du mit solchen Verletzungen auf positive Art um?"
Toseland: "In diesem Sport gehören Verletzungen dazu. Wir gehen alle davon aus, dass es dich früher oder später trifft. Ich war in meiner Karriere schon oft verletzt und manchmal auch schlimmer als jetzt. Als mir der Chirurg in die Augen geblickt und gemeint hat, dass es sehr ernst sei, war ich etwas besorgt. Aber nach der erfolgreichen Operation war ich erleichtert und glücklich, dass ich mich davon erholen werde."

Frage: "Was erwartest du für den Rest der Saison?"
Toseland: "So weit denke ich im Moment noch nicht. Ich möchte zurück auf die Maschine und die RR weiterentwickeln. Natürlich möchte ich mein Bestes geben. Ich weiß, dass wir ein gutes Team sind und das Potenzial haben, die Werksmannschaften herauszufordern. Unser Motorrad verbessert sich ständig."

"Wenn ich mich darauf wohler fühle, dann kann ich angreifen und sehen was möglich ist. Ich glaube, dass ich mit diesem Team und diesem Motorrad im nächsten Jahr um den WM-Titel kämpfen kann. Wenn ich das nicht denken würde, dann wäre ich nicht hier. Ich kenne die kurz- und langfristigen Ziele des Teams. Ihre Ambitionen decken sich mit meinen. Genau das braucht man."