BMW: "Gesunde Konkurrenz" zwischen Bonovo und dem "Referenzteam"

Bonovo hat sich zu einem gleichgestellten Werksteam gemausert: Teammanager Michael Galinski spricht exklusiv über den Aufstieg und die Ziele für die WSBK 2024

(Motorsport-Total.com) - BMW geht mit vier gleichgestellten Werkspiloten in die Superbike-WM 2024. Kein anderer Hersteller leistet sich einen derartigen Luxus. Neben dem bisherigen Werksteam von Shaun Muir hat nun auch das Bonovo-Team den Status eines Werksteams. Binnen weniger Jahre gelang der Bonovo-Crew rund um Teambesitzer Jürgen Röder und Teammanager Michael Galinski ein rasanter Aufstieg.

Titel-Bild zur News: Toprak Razgatlioglu, Michael van der Mark, Scott Redding, Garrett Gerloff

Das BMW-Referenteam und das Bonovo-Team erhalten identisches Material Zoom

Nach einer durchwachsenen WSBK-Debütsaison mit Jonas Folger im Jahr 2021 zeigte die Formkurve der Mannschaft aus Norddeutschland steil nach oben. Garrett Gerloff bescherte dem Team im Vorjahr die erste Pole und kratzte am Podium.

Wir haben uns exklusiv mit Teammanager Michael Galinski über die Entwicklung des Bonovo-Teams in der Superbike-WM unterhalten. Dass seine Mannschaft in diesem Jahr Werksstatus hat, macht Galinski überaus stolz.

Michael Galinski

Michael Galinski wurde für das Risiko belohnt, von Yamaha zu BMW zu wechseln Zoom

"Wir sind ein gleichgestelltes Team. Das Wort Werksteam wird von beiden Teams nicht mehr so intensiv verwendet", erklärt Galinski den Status bei BMW. "Wir genießen, dass wir bei BMW so ein gutes Standing haben. Wir sind wirklich happy mit der Zusammenarbeit."

Bereits im vergangenen Jahr erhielt Bonovo von BMW aktuelles Werksmaterial. "Für uns ändert sich nichts. BMW verhielt sich schon immer sehr loyal uns gegenüber. Wir haben neue Teile immer fast gleichzeitig bekommen. Jetzt wird alles, was neu kommt, auf die vier Fahrer aufgeteilt", präzisiert der Bonovo-Teammanager.

Wechsel von Yamaha zu BMW: Das Risiko zahlte sich aus

Die Kritik war groß, als Galinski Ende 2020 die Entscheidung traf, mit BMW und nicht mit Langzeit-Partner Yamaha in die Superbike-WM einzusteigen. "Es war kein einfacher Weg", bestätigt Galinski. "Ich habe jahrzehntelang mit Yamaha zusammengearbeitet. Yamaha Deutschland konnte uns bei unserem Vorhaben aber nicht unterstützen."

Jonas Folger

Finaler Akt mit Yamaha: Jonas Folger bei seinen WSBK-Gaststarts 2020 Zoom

"BMW machte uns ein gutes Angebot und das überzeugte uns, zu wechseln", schildert Galinski im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Natürlich spielt die BMW-Affinität von Jürgen Röder auch mit rein. Er hat in seinem Museum viele tolle historische BMW-Modelle."

Jürgen Röder

Teambesitzer Jürgen Röder ist bekennender BMW-Fan Zoom

Jonas Folger kam 2021 nach einer dominanten IDM-Saison als Deutscher Superbike-Meister in die WSBK und konnte weiterhin mit der gewohnten Crew zusammenarbeiten. Doch die Saison verlief enttäuschend. Folger beendete die Saison auf der 22. Position der Fahrerwertung. Auf die beiden finalen Überseerennen verzichtete man auf Grund der schwachen Ergebnisse.

"Das erste WM-Jahr mit Jonas war natürlich sehr hart", erinnert sich Galinski. "Wir als Team, aber auch Jonas, erhielten viel Kritik. Im vergangenen Jahr leisteten wir tolle Arbeit und konnten stolz darauf sein."

Jonas Folger; Michael Galinski

Frustrierende WSBK-Saison 2021: Michael Galinski mit Jonas Folger Zoom

"Es war natürlich gut, bestes BMW-Team zu sein. Intern gibt es eine gesunde Konkurrenz", freut sich Galinski. "Ich komme gut mit Shaun (Muir, Teammanager des Referenzteams; Anm. d. Red.) aus. Natürlich will jeder vorne sein."

Michael Galinski hat ein gutes Gespür für die richtigen Fahrer

Als ehemaliger Rennfahrer sieht Galinski die Szene mit anderen Augen. Mit der Verpflichtung von Garrett Gerloff hat er voll ins Schwarze getroffen. Nach einer schwierigen Phase bei Yamaha erhielt Gerloff bei Bonovo-BMW eine neue Chance und beendete seine Rookiesaison mit der M1000RR als bester BMW-Pilot.

Michael Galinski

Michael Galinski war selbst jahrelang Profi-Rennfahrer Zoom

"Ich habe für Garrett gekämpft und war verantwortlich, dass er ins Team kam", erklärt Galinski. "Bei Yamaha ging es für Garrett aus verschiedenen Gründen bergab. Wir haben ihn wieder aufgebaut. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Garrett am Ende der bestplatzierte BMW-Pilot ist. Diesbezüglich hätte ich vor der Saison eher auf Scott (Redding) getippt."

Garrett Gerloff

Garrett Gerloff sorgte in der WSBK 2023 für einige Highlights Zoom

"Garrett hat einen sehr guten Weg eingeschlagen. Seine Poleposition in Magny-Cours hat ihn und uns sehr happy gemacht. Er hat bereits am Podium gekratzt. Jetzt muss der nächste Schritt erfolgen, der Sprung auf das Podest", nennt Galinski das Ziel für die bevorstehende WSBK-Saison.

Scott Redding ist der neue Teamkollege des US-Amerikaners. Redding erlebte im Vorjahr eine enttäuschende Saison, hat bei Bonovo aber laut eigenen Aussagen das Umfeld, das er braucht, um den Rennsport wieder zu genießen.

Scott Redding

Findet Scott Redding bei Bonovo zu alter Stärke? Zoom

Galinski bestätigt: "Scott genießt es, dass bei uns so familiär miteinander umgegangen wird. Er freut sich, dass die beiden Crewchiefs so intensiv miteinander arbeiten und sich ständig austauschen. Das war in seinem ehemaligen Team wohl nicht so."

"Scotts Manager hat mir gesagt, dass es in der Vergangenheit immer gut für Scott war, wenn er in einem familiären Team aufgenommen wurde. Dieses Umfeld geben wir ihm und hoffen, dass er es in gute Ergebnisse umwandelt", kommentiert der Bonovo-Teammanager.

Wie Michael Galinski seinen Fahrern den Rücken stärkt

Auf Grund der großen Erfahrung im Automobilrennsport arbeitet BMW etwas anders als die Konkurrenz, was bei den Fahrern nicht immer gut ankommt. Galinski nennt das Problem: "Es ist natürlich super, dass die BMW-Ingenieure im Hintergrund alle Daten sehen und uns darauf aufmerksam machen. Aber diese Infos können an einem Renn-Wochenende nicht permanent einfließen."

Garrett Gerloff

Die Fahrer erhalten bei Bonovo großen Rückhalt vom Teammanager Zoom

"Ein gewisser Input am Abend ist gut, aber es kann im Laufe eines Trainings auch störend sein. Unsere Fahrer haben gute Crewchiefs. Wir müssen versuchen, unser Ding zu machen. Ich denke, diese Arbeitsweise wird Scott helfen, konstantere Ergebnisse zu holen. Er war ab und zu auf dem Podium und dann im Nirgendwo. Ich hoffe, dass er bei uns konstanter wird", bemerkt Galinski.

Positiv ist, dass Bonovo ohne Verzögerung auf die Erkenntnisse vom neuen BMW-Testteam zurückgreifen kann. "Ich muss an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Wir bekommen immer zu 100 Prozent die gleichen Informationen zur gleichen Zeit", freut sich Galinski.

Welche Ziele sich das Bonovo-Team für 2024 steckt

Garrett Gerloff war im Vorjahr als Gesamtzwölfter bester BMW-Pilot. Womit wäre Michael Galinski in der für ihn vierten WSBK-Saison zufrieden? "Wenn wir in der Gesamtwertung im Bereich von Position fünf bis zehn landen, dann ist das für mich ein riesiger Erfolg. Scott will natürlich mehr erreichen", erklärt der Bonovo-Teammanager.

BMW M1000RR

Zwei BMW-Werrksteams in der WSBK: Andere Farben, gleiches Material Zoom

Für die einzelnen Läufe hat Galinski ebenfalls ein konkretes Ziel: "Die Top 10 sind für uns ein Muss. Das ist natürlich nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass es allein vier BMW-Fahrer gibt. Wir peilen Top-5-Ergebnisse an und würden uns natürlich über das eine oder andere Podium freuen."

Beide Bonovo-Piloten beim ersten großen Test in den Top 6

Dass die beiden Bonovo-Piloten gut aufgelegt sind, wurde beim großen Kräftemessen in Jerez deutlich. Scott Redding beendete den Test nach einer kontroversen finalen Zeitenjagd (wie er seine Markenkollegen verärgerte) als Dritter und somit bester BMW-Pilot. Teamkollege Garrett Gerloff war nicht viel langsamer und landete auf der sechsten Position.

"Die ersten beiden Testtage dieses Jahres sind also absolviert", kommentiert Redding zufrieden. "Am ersten Tag habe ich mich ziemlich krank gefühlt. Es war schwierig, aber wir konnten einige Runden drehen und ein Gefühl für das Motorrad entwickeln. Es ging hauptsächlich darum, mich mit dem neuen Team einzuspielen und den Staub wegzublasen."

Scott Redding

Scott Redding stürmte am Donnerstagabend zu P3 Zoom

"Am zweiten Tag ging es mir viel besser, und dann haben wir intensiv mit dem Bike gearbeitet, damit ich Vertrauen und ein Gefühl dafür bekomme. Wir haben ein bisschen mit dem Set-up gespielt und neue Teile von BMW getestet", erklärt Redding.

"Ich bin ziemlich zufrieden mit den Fortschritten, die wir in Bezug auf mein Vertrauen auf dem Bike gemacht haben. Jetzt freue mich darauf, nach Portimao zu kommen und zu sehen, ob das Set-up auch auf einer anderen Strecke funktioniert", so der Brite.


Fotos: WSBK 2024: Vorsaison-Test in Jerez


Teamkollege Gerloff zieht ebenfalls ein positives Fazit: "Insgesamt war es ein guter Test. Wir konnten ein paar Probleme, die wir hatten, aussortieren. Das ist gut. Alles in allem war es einfach klasse, nach zwei Monaten Pause wieder auf das Motorrad zu steigen und endlich einige Runden zu drehen."

Garrett Gerloff

Garrett Gerloff lag in Schlagdistanz zu seinen Markenkollegen Zoom

"Ich freue mich wirklich darauf, nach Portimao zu kommen und weiter zu versuchen, noch schneller zu werden. Wir haben schon eine Vorstellung davon, was wir in Portimao ausprobieren und ändern möchten. Und dann sollten wir gut gerüstet sein für die Saison. Ich bin zufrieden mit diesem Test, es ist schön, wieder mit dem Team zusammen zu sein, und jetzt freue ich mich darauf, in ein paar Tagen wieder zu fahren", berichtet Gerloff.