"Würde es wieder tun, aber ...": Lorenzo erinnert an sein Assen-Wochenende 2013

Jorge Lorenzo blickt auf sein denkwürdiges MotoGP-Wochenende in Assen 2013 zurück, als er 36 Stunden nach Schlüsselbein-OP den fünften Platz belegte

(Motorsport-Total.com) - Rückblende in den Monat Juni des Jahres 2013: Yamaha-Werkspilot Jorge Lorenzo kommt mit sieben Punkten Rückstand auf Dani Pedrosa (Honda) als Tabellenzweiter der MotoGP-Gesamtwertung zur Dutch-TT in Assen. Am Donnerstag findet das zweite Freie Training bei Regen statt. Nachdem er im ersten Freien Training auf trockener Strecke die Bestzeit markiert hatte, wenden sich die Dinge für Lorenzo am Nachmittag zum Negativen.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo in Assen 2013: FT1-Bestzeit, FT2-Sturz, Quali-Verzicht nach OP, P5 im Rennen Zoom

Auf der nassen Fahrbahn macht Lorenzo in der schnellen Streckenpassage, die sich an "Duikersloot" (Kurve 10) anschließt und zurück in Richtung Start/Ziel führt, einen kleinen Fehler. Beim Einbiegen in den schnellen Rechtsknick "Meeuwenmeer" gerät er auf die weiße Linie am linken Streckenrad. Auf der weißen Farbe, die durch den Regen noch rutschiger ist als der unbemalte Asphalt, verliert die Yamaha schlagartig den Grip. Lorenzo hat keine Chance, den Sturz bei hohem Tempo zu vermeiden.

Als Lorenzo mit der linken Schulter auf dem Asphalt aufschlägt, zieht er sich einen Bruch des linken Schlüsselbeins zu. Der Spanier rutscht noch bis auf den Rasen. Als er aufsteht, krümmt er sich vor Schmerzen und hält sich den linken Arm.

Jorge Lorenzo

Bei Regen im zweiten Freien Training stürzte Yamaha-Pilot Lorenzo schwer Zoom

Nach einer ärztlichen Untersuchung vor Ort fliegt Lorenzo zusammen mit Yamaha-Teammanager Wilco Zeelenberg noch am selben Tag per Privatjet ins mehr als 1.500 Kilometer entfernte Barcelona, um sich operieren zu lassen. Im MotoGP-Fahrerlager geht man zu diesem Zeitpunkt davon aus, dass Lorenzo zwei Wochen später anlässlich des Deutschland-Grand-Prix auf dem Sachsenring zurückkehren könnte.

Lorenzos Teamkollege Valentino Rossi sagte an jenem Donnerstag in Assen im TV-Interview: "Er hat sich das Schlüsselbein gebrochen. Wenn er Glück hat, muss er vielleicht nur ein Rennen aussetzen und kann auf dem Sachsenring wieder fahren." Doch es kommt anders.

Lorenzo fuhr Assen-Rennen 2013 gegen den Rat seines Arztes

Am Freitag, einen Tag nach dem Unfall, setzt Lorenzo von Spanien aus einen Tweet ab, indem er ankündigt, nach Assen zurückzukehren. In diesem Tweet postet er ein Foto, das ihn mit einem Lächeln im Gesicht und mit Daumen nach oben zeigt.

Der spanische Yamaha-Pilot hatte sich noch in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in Barcelona unters Messer gelegt. Beim Eingriff um 2:00 Uhr morgens wurde Lorenzo am linken Schlüsselbein eine Titanplatte eingesetzt, die mit acht Schrauben fixiert wurde.

Durchgeführt wurde die Operation von Doktor Joaquim Rodriguez. Aufgrund der Art des Bruchs legte Rodriguez Lorenzo nahe, kein Comeback vor dem Sachsenring-Wochenende zu probieren. Der Tabellenzweite der MotoGP-Gesamtwertung aber hat anderes im Sinn.

Jorge Lorenzo

Nach Operation in Barcelona kehrte Lorenzo nach Assen zurück Zoom

Noch am Freitag fliegen Lorenzo und Zeelenberg zurück nach Assen. Am Samstag, dem Tag des Rennens, legt Lorenzo im morgendlichen Warm-Up fast ein Dutzend Runden mit seiner Yamaha zurück. Daraufhin wird er von den MotoGP-Ärzten an der Strecke für fit erklärt. Er darf das 26-Runden-Rennen am Nachmittag in Angriff nehmen.

Dank seiner FT1-Bestzeit vom Donnerstag hatte sich Lorenzo direkt für das Q2-Segment des Qualifyings am Freitag qualifiziert. Am Qualifying nimmt er zwar nicht teil, aber der zwölfte Startplatz (für den letzten der Q2-Qualifikanten) ist ihm sicher. Und von diesem zwölften Startplatz geht Lorenzo am Samstag, gerade mal 36 Stunden nach der Schlüsselbein-OP, tatsächlich ins Rennen.

Start zum MotoGP-Rennen bei der Dutch-TT 2013 in Assen

Assen 2013: Lorenzo von P12 im Grid in erster Kurve Neunter, im Ziel Fünfter Zoom

Von der Innenbahn der vierten Startreihe kommt Lorenzo mit seiner Yamaha perfekt weg. In der ersten Kurve ist er schon Neunter, in der zweiten Kurve Achter und in der dritten Kurve gar Siebter, obwohl es in der Startphase keinerlei Ausritte oder gar Stürze gibt. Als Siebter kommt Lorenzo aus der ersten Runde zurück. In der zweiten Runde ist er schon Fünfter, in der vierten Runde gar Vierter.

Und nachdem er bis zur Hälfte der Renndistanz an vierter Stelle liegt und auch der Fahrer mit der viertschnellsten Runde ist, verliert Lorenzo in der zweiten Rennhälfte nur noch eine Position. Ins Ziel kommt er als Fünfter mit einem Rückstand von lediglich 15,5 Sekunden auf seinen siegreichen Yamaha-Teamkollegen Valentino Rossi.

Lorenzo überzeugt: Was 2013 möglich war, wäre 2023 unmöglich

Zehn Jahre später sagt Lorenzo über sein denkwürdiges Wochenende in den Niederlanden, dass er es unter den gegebenen Umständen wieder so machen würde. "Es war ein bisschen verrückt. Aber wenn ich noch einmal an dem Wochenende in Assen 2013 wäre, dann würde ich es wieder tun", betont Lorenzo gegenüber MotoGP.com.

Jorge Lorenzo

Heute ist Jorge Lorenzo der MotoGP-Szwene als TV-Experte verbunden Zoom

Direkt nach dem Rennen sagte Lorenzo damals im TV-Interview in Assen, dass er "sehr stolz auf mich selber und auf mein Team" sei und dass dieser fünfte Platz "viel besser als viele der Siege in meiner Karriere" sei. Zehn Jahre später bemerkt der Spanier zwar, dass er es unter den damaligen Umständen wieder so machen würde. Gleichzeitig weiß er aber, dass die heutigen Umstände andere sind.

"Die Leistungsdichte in der MotoGP-Klasse ist heutzutage viel höher. Vom fünften bis zum letzten Platz ist es viel enger geworden. Jedes Motorrad, das in der Startaufstellung steht, hat das Potenzial zum Gewinnen. Deshalb wäre ein fünfter Platz, wie er mir damals in Assen gelungen ist, heutzutage unmöglich", ist Lorenzo überzeugt.

Zwei Wochen nach Assen: Sachsenring-Sturz mit Folgen

Den Preis für seinen Husarenritt am Assen-Wochenende 2013, den zahlte Lorenzo damals indirekt zwei Wochen später. Denn nachdem er am Sachsenring-Wochenende abermals mit Bestzeit im ersten Freien Training angefangen hatte, passierte ihm im zweiten Freien Training genau wie in Assen ein Sturz.

Beim Highsider in Kurve 10 des Sachsenrings schlug Lorenzo mit der 14 Tage zuvor operierten linken Schulter auf dem Asphalt auf. Dabei wurde die Titanplatte verbogen. Von weiterem Fahrbetrieb am Deutschland-Wochenende musste Lorenzo Abstand nehmen. Sein Comeback gab er (nach einer erneuten Operation) am darauffolgenden Wochenende beim Grand Prix der USA auf dem Laguna Seca Raceway. Dort belegte er im Rennen den sechsten Platz.

Und obwohl Lorenzo im weiteren Verlauf des Jahres zu seinen drei Siegen aus der ersten Saisonhälfte noch fünf weitere Siege hinzufügte, ging der WM-Titel in der MotoGP-Saison 2013 an Marc Marquez, den Rookie im Honda-Team. Lorenzo fehlten in der abschließenden Gesamtwertung gerade mal vier Punkte auf Marquez.

Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo: Fünfmaliger Motorrad-Weltmeister und MotoGP-Legende Zoom

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