Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Jack Miller
Nach gutem Saisonstart agiert Jack Miller nicht mehr auf Augenhöhe mit Brad Binder - Wie so oft bei Ducati fährt er nun auch bei KTM öfters rückwärts statt vorwärts
Liebe MotoGP-Fans,

© Motorsport Images
Nach gutem Beginn bei KTM sucht Jack Miller wieder den richtigen Weg Zoom
auch das zweite Italien-Wochenende wurde von Ducati dominiert. So wie in Mugello gingen auch in Misano alle Podestplätze an die italienische Marke. Während in Mugello noch Francesco Bagnaia die italienische Hymne erklingen ließ, wurde nun in Misano die spanische Hymne gespielt.
Ob Jorge Martin eine Chance hat, Weltmeister zu werden? Klar! Sein Punkterückstand ist mit 36 im Rahmen. Und bei den anstehenden Überseerennen kann noch alles passieren. Auch Marco Bezzecchi ist noch nicht ganz aus dem WM-Rennen, wobei es für ihn natürlich schwieriger wird.
74.000 Fans am Sonntag haben gezeigt, dass die MotoGP auch in Misano ohne Valentino Rossi ein Publikumsmagnet ist. Das ist ein schöner Trend, obwohl Misano jetzt auch nicht das spannendste Rennen war. Überholmanöver in der Spitzengruppe konnte man an einer Hand abzählen.
Misano ist für die moderne MotoGP eine "kleine" Strecke geworden. Manche Fahrer bezeichnen sie sogar als "Go-Kart-Strecke". Der Asphalt bietet viel Grip, wodurch alle eine bessere Traktion haben. Die Aerodynamik und die neue Reifendruckregel spielen auch eine Rolle.

© Motorsport Images
Dani Pedrosa zeigte bei seinem zweiten Wildcard-Einsatz wieder seine Klasse Zoom
Dazu kommt, dass Fahrer in einer Gruppe praktisch auf dem gleichen Niveau fahren. Es braucht fast schon Fahrfehler, damit Überholmanöver möglich sind. Ich denke, es ist eine Kombination all dieser Faktoren, warum das Rennen in Misano etwas statisch war.
Erster Herausforderer von Ducati war diesmal wieder KTM. Der Sturz von Brad Binder über die Bodenwellen war für ihn natürlich bitter. Wobei man sagen muss, dass Binder relativ wenige Fehler macht und zu den konstantesten Fahrern im Feld zählt.
Was Dani Pedrosa wieder gezeigt hat, war schlichtweg Weltklasse! Er war und ist noch immer einer der besten Rennfahrer der modernen MotoGP-Ära. Vor seiner Performance kann man nur den Hut ziehen! Schade nur, dass wir ihn so selten im Renneinsatz sehen.
Millers Saison wie bei Ducati eine Achterbahnfahrt
Auf der anderen Seite war auch in Misano von Jack Miller nicht viel zu sehen. Startplatz 18, anschließend 15. im Sprint und im Rennen durch einen Unfall mit Michele Pirro ausgeschieden. Ein Wochenende zum Vergessen.
Millers Saison gleicht einer Achterbahnfahrt, wie wir sie schon aus den vergangenen Jahren kennen. Er hat gefühlt zwei, drei fantastische Wochenenden an denen er unschlagbar ist und Rennen gewinnt. Aber meist mischt er in der Anfangsphase vorne mit, um dann zurückzufallen.

© Motorsport Images
Zuletzt hat Jack Miller das Vertrauen zum Vorderrad verloren Zoom
Dieses Muster scheint sich jetzt auch bei KTM fortzusetzen. So wird man natürlich nicht Weltmeister. Aber KTM hat Miller nicht als den Fahrer engagiert, der den Weltmeistertitel nach Österreich holen soll. Er wurde als Puzzelstein für das Gesamtprojekt engagiert.
In der Vergangenheit hat sich zum Beispiel Pol Espargaro im Laufe der Jahre an Eigenheiten des Motorrads gewöhnt. Das galt auch für Miguel Oliveira und Brad Binder, die zudem nie ein anderes MotoGP-Motorrad gefahren sind. Das schränkte auch die Ingenieure ein.
Warum KTM Miller engagiert hat
KTM brauchte einen Fahrer, der mit Erfahrung sowie mit frischen Ideen und "unverbraucht" auf die RC16 steigt. Jemand, der auch Binder fahrerisch neue Möglichkeiten aufzeigt. Bei den Wintertests und zu Saisonbeginn wurde mit Miller viel an der Elektronikeinstellung gearbeitet.
Außerdem ist Miller prinzipiell auch im Qualifying sehr gut. In den gemeinsamen Ducati-Jahren hat auch Bagnaia diesbezüglich viel von dem Australier gelernt. Binder konnte sich ebenfalls schon den einen oder anderen Trick abschauen.

© Motorsport Images
Mit seiner Erfahrung hat Miller den KTM-Ingenieuren wertvolle Inputs geliefert Zoom
Siebenmal hat Miller in diesem Jahr die KTM schon in die ersten beiden Startreihen gestellt. Das ist beeindruckend, wenn wir an die Qualifying-Schwäche der RC16 in den vergangenen Jahren denken. KTM ist auch sehr zufrieden damit, was Miller bisher zum Projekt beigesteuert hat.
Trotzdem läuft es in den vergangenen Wochen nicht rund. Selbst von guten Startpositionen wird Miller in den Rennen durchgereicht. In den Rennen ist seine Performance immer weiter von Binder entfernt, obwohl sie zu Saisonbeginn noch öfters auf Augenhöhe agiert haben.
Welche Schwierigkeiten Miller aktuell hat
Die Spekulationen in Spanien, Miller wird im nächsten Jahr zu GasGas abgeschoben, um Platz für Pedro Acosta zu machen, sind natürlich totaler Quatsch. Es stellt sich trotzdem die Frage, warum er sich seit einigen Wochen etwas schwertut.
"Eine gute Frage", meinte Miller in Misano selbst dazu. "Ich hatte einige Stürze, aber ich weiß es nicht. Wir haben in den vergangenen Wochen viel beim Motorrad verändert. Es ist immer noch 'Work in progress'. Für mich ist dieses Projekt immer noch sehr neu."
"Mir fehlt Speed und mir fehlt Vertrauen. Ich muss verstehen, wie ich wieder mehr Vertrauen zum Motorrad finde und mich generell verbessere. Es geht darum zu verstehen, wie ich dem Vorderreifen etwas mehr vertrauen kann."

© Gold and Goose / Motorsport Images
In der Box wird fieberhaft an Lösungen gearbeitet Zoom
"Ich brauche etwas mehr Vertrauen zum Vorderrad, wenn man in die Kurve rollt. Das ist die Hauptsache. Ich muss diesen Speed in der Rollphase haben und trotzdem die Möglichkeit haben, in der Kurve umzulenken. Danach suchen wir."
"Die Latte wird immer höher gelegt. Alle sind großartige Athleten und ich muss einfach besser werden. Wir müssen verstehen, was wir tun müssen, damit es wieder klickt. Wir als Team arbeiten unermüdlich daran. Es ist einer dieser Prozesse, die etwas dauern."
Der Montagstest in Misano bietet die Gelegenheit, in Ruhe an der Abstimmung zu arbeiten. Bei der Übersee-Tournee werden wir beobachten, ob er die Trendwende schafft. Dass er Speed und Talent hat, wissen wir. Trotzdem wird man im Motorsport immer an seinen letzten Ergebnissen gemessen.
Ihr,

Wie ist deine Meinung? Sag es mir doch auf Facebook unter "Racing inside mit Gerald Dirnbeck". Dort gibt es meine Texte, Insiderinfos, Meinungen und Einschätzungen zu aktuellen Themen. Und natürlich die Möglichkeit, diese Kolumne zu diskutieren!


Neueste Kommentare
Erstellen Sie jetzt den ersten Kommentar