Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat: Francesco Bagnaia

Liebe MotoGP-Fans,

was war das für ein chaotisches, aber unterhaltsames Rennen in Le Mans! An erster Stelle möchte ich Johann Zarco herzlich gratulieren. Ich glaube, es hat sich jeder für seinen sensationellen Heimsieg gefreut. Die Stimmung der französischen Fans war natürlich bombastisch!

Schon vor dem Frankreich-Wochenende habe ich an einen Fahrer gedacht, der für unsere traditionelle Montagskolumne in Frage kommen könnte. Brad Binder hat in dieser Saison noch nicht wirklich überzeugt.

Oft ist er hinter seinen Markenkollegen Maverick Vinales und Pedro Acosta zu finden. Obwohl er am längsten bei KTM ist, ist Binder nicht wirklich die Führungsfigur. Le Mans war dann auch ein völlig verkorkstes Rennwochenende.

Zunächst ein seltsam aussehender Sturz im Sprint. Im Grand Prix ist er (so wie einige Fahrer) mit Slicks auf zunehmend nasser Strecke gestürzt. Auch Binder kann nicht immer mit Slicks im Regen für Glanztaten sorgen.

Aber mit dem Blick auf den WM-Kampf habe ich mich heute doch für Francesco Bagnaia entschieden. Er befindet sich in einer Phase, in der es ohnehin nicht rund läuft, auch noch Pech hinzukommt.

Der Sturz im Sprint war natürlich sein Fehler. Für den Unfall im Grand Prix konnte Bagnaia nichts. Das war insofern bitter, weil er so wie Zarco mit Regenreifen gestartet ist und den Plan hatte, das Rennen genauso wie der Franzose durchzufahren.

Somit hätte Bagnaia die realistische Chance gehabt, das Rennen zu gewinnen. Aber so verlässt er Frankreich mit null Punkten. Der WM-Rückstand auf seinen Ducati-Teamkollegen Marc Marquez ist schlagartig auf 51 Punkte angewachsen.

Und die Gesamtsituation lässt mich daran zweifeln, dass Bagnaia demnächst das Ruder herumreißen kann. Er hat das Gefühl für das Vorderrad verloren und ist auch nach sechs Rennwochenenden ratlos, wie er das wiederfinden kann.

Bagnaia erkennt auch neidlos an, dass es Marc Marquez einfach besser macht. Trotzdem hat er nach dem Sprint gemeint, dass Marc Marquez nie die GP24 gefahren ist und das aktuelle Werksmotorrad für ihn im Vergleich zu GP23 eine Verbesserung darstellt, während es für Bagnaia schlechter ist.

Ist die GP24 das beste Motorrad aller Zeiten?

Blickt man auf die Performance von Alex Marquez und auch von Rookie Fermin Aldeguer, dann kann durchaus etwas an Bagnaias Einschätzung dran sein. Auch Fabio Di Giannantonio hat mit dem aktuellen Werksmotorrad seine Mühe.

Vielleicht ist die GP24 das beste MotoGP-Motorrad, das je gebaut wurde. Alex Marquez schwärmt in den höchsten Tönen von diesem Bike. Es vermittelt sehr viel Gefühl und Vertrauen, reagiert optimal auf minimale Set-up-Änderungen und ist "fantastisch".

Für Bagnaias Dilemma gibt es im Paddock auch noch eine andere Theorie. Nämlich dass die Niederlage gegen Jorge Martin im Vorjahr doch tiefer saß, als er jemals zugegeben hat. Und vom ersten Moment an fährt Marc Marquez ihm um die Ohren.

Ob an dieser Theorie etwas dran ist, kann ich ehrlich gesagt nicht beurteilen. Denn mental ist Bagnaia eigentlich ein cooler Hund. Aber momentan sehe ich nicht, wie er seine Situation wieder drehen kann. Er steckt offensichtlich in einer Sackgasse.

Zum Abschluss noch ein Wort zu Simon Crafar. Bisher war ich mit den Entscheidungen des neuen Chef-Stewards weitestgehend einverstanden. Aber meiner Meinung nach hätte Enea Bastianini für den Startunfall härter bestraft werden müssen.

Denn er hat Bagnaia und Joan Mir das Rennen ruiniert. Der Honda-Fahrer hat sich bei dem Sturz einen Knochen in der rechten Hand gebrochen. Als Auslöser des Unfalls ist eine Long-Lap-Strafe für Bastianini beim nächsten Rennen in Silverstone zu wenig.

Euer

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