Tech3-Zukunft ab 2027: Herve Poncharal strebt Klarheit an, spricht mit Investoren

Um die langfristige MotoGP-Teilnahme seines Teams zu sichern, lotet Herve Poncharal Optionen aus - KTM erster Ansprechpartner, aber Überlegungen für Plan B

(Motorsport-Total.com) - In den vergangenen Wochen kursierten einige Gerüchte über die Zukunft des Tech3-Teams. Auch die ungewisse MotoGP-Zukunft von KTM ab der Saison 2027 spielt dabei eine Rolle. Bislang hat die österreichische Marke nicht offiziell bestätigt, dass man auch über 2026 hinaus in der Königsklasse vertreten sein wird.

Titel-Bild zur News: Herve Poncharal

Herve Poncharal arbeitet an einer finanziell stabilen Zukunft für sein Team Zoom

"Wie allgemein bekannt ist, hatte mein Hersteller KTM zuletzt mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen", sagt Tech3-Teamchef Herve Poncharal gegenüber MotoGP.com. "Daher arbeiten wir gemeinsam daran, zu verstehen, wie die Zukunft aussieht."

"Ab 2027 beginnt ein neues Kapitel mit einem neuen Technischen Reglement. Für ein Unternehmen wie meines ist es deshalb sehr wichtig, die Zukunft abzusichern. Und wie Winston Churchill, glaube ich, sagte: Regieren heißt vorauszusehen - und ich muss vorausschauend denken."

Das Tech3-Team ist seit 2001 in der Königsklasse aktiv. Zunächst als Satellitenteam von Yamaha und seit 2019 als Partnerteam mit KTM. Poncharal ist 68 Jahre alt und hat sich jüngst als IRTA-Präsident zurückgezogen.

Deswegen denkt der Franzose auch an eine stabile Zukunft für sein Team: "Im Moment habe ich einen sehr guten Vertrag. Mein Wunsch - und daran arbeite ich derzeit - ist es, auch für 2027 bis 2031 einen neuen Vertrag mit KTM zu vereinbaren, um weiterhin das zweite KTM-Team zu sein."

"Vielleicht mit anderen Farben, vielleicht mit anderen Investoren an meiner Seite. Ich habe bislang mit keinem anderen Hersteller gesprochen. Im Moment fließen 100 Prozent in die Zusammenarbeit mit KTM bis Ende 2026 - und in die Vorbereitung eines neuen Vertrags für 2027 bis 2031."

"Wir vertrauen KTM und sind überzeugt, dass sie weiterhin ein wettbewerbsfähiges Paket bieten werden. Aber falls sich die Strukturen von 2027 bis 2031 ändern, muss ich einen sogenannten Plan B vorbereiten", sagt Poncharal, falls sich KTM zurückziehen sollte.

Die MotoGP steht vor einem Umbruch. Einerseits gibt es ab 2027 ein neues Technisches Reglement, andererseits soll die Übernahme von Dorna Sports durch Liberty Media demnächst durch die EU-Kartellbehörden abgesegnet werden.

Günther Steiner ist ein Interessent

Mittelfristig erhofft sich die MotoGP-Szene dadurch einen Marketingschub, wie es Liberty Media mit der Formel 1 gelungen ist. Vor allem die USA werden als Wachstumsmarkt der Zukunft betrachtet. Ein MotoGP-Team könnte erheblich an Wert gewinnen.

"Es ist immer interessant, Investoren zuzuhören", sagt Poncharal über bereits bestehendes Interesse. "Das bedeutet, dass das Unternehmen und die MotoGP als spannendes Investment wahrgenommen werden. Ich habe viele Anfragen für Gespräche erhalten."

"Einer davon ist, wie bekannt, Günther Steiner - mit dem ich gerne spreche. Er ist eine sehr direkte und, wie ich finde, sympathische Person, mit der man sich eine Zusammenarbeit gut vorstellen kann." Steiner besuchte Ende Mai den Grand Prix von Großbritannien.

Günther Steiner

Günther Steiner war Ende Mai in Silverstone bei der MotoGP zu Besuch Zoom

Zu den Gesprächen mit dem ehemaligen Teamchef des Formel-1-Teams Haas sagt Poncharal: "Im Moment höre ich mir also Vorschläge an. Es könnte um eine Beteiligung als Gesellschafter gehen, als Partner - oder auch um einen Komplettverkauf des Teams."

"Aber mein Ziel ist es, sicherzustellen, dass wir von 2027 bis 2031 wettbewerbsfähig und am Leben bleiben - am liebsten unter dem Namen Tech3, mit unserer Basis, unserem Team und neuen Investoren, um alles auf eine solide Grundlage zu stellen", so der Franzose.

"Ja, es gibt auch weitere Interessenten. Das ist auch nicht einfach - denn alle sind durchaus interessant. Es ist schwierig, die beste Option auszuwählen und zu entscheiden, denn es ist eine große und bedeutende Entscheidung."

"Ich denke, wenn wir Kapital öffnen oder einen Verkauf in Betracht ziehen, sollte dies bis spätestens Ende 2025 entschieden sein", nennt Poncharal einen Zeitrahmen. "Ich werde alles tun, damit Tech3 mit seiner Struktur und seinen Leuten noch viele Jahre in der MotoGP bleibt."

Herve Poncharal; Carmelo Ezpeleta

Herve Poncharal im Vorjahr mit Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta Zoom

"Mein Wunsch ist, bis spätestens Ende 2025 Klarheit zu haben. 2026 müsste dann ein Übergangsjahr sein, um für 2027 vollständig vorbereitet zu sein. Denn ab 2027 wird sich das gesamte Paddock verändern - man muss dann bereit sein."

"Unabhängig davon, was passiert: Ich werde 2026 da sein, die Übergangsphase begleiten und eine Rolle spielen. Das ist mein Wunsch, der Wunsch des potenziellen neuen Partners - und ich würde sagen, auch der Wunsch meines besten Freundes Carmelo Ezpeleta."

Mit Yamaha gelang dem Tech3-Team in der Königsklasse kein Sieg. 2020 gewann Miguel Oliveira in Spielberg 2 und in Portimao mit einer KTM. Die bislang erfolgreichste Saison für Tech3 war 2000, als das Team die ersten beiden Plätze in der 250er-Klasse belegte. Olivier Jacque wurde damals knapp vor Shinya Nakano Weltmeister.