Preziosi: "Regeln müssen Ingenieure fordern"

Technikdirektor Filippo Preziosi über den Konzeptwechsel der Ducati und wie die Serienproduktion von Reglementbeschränkungen profitiert

(Motorsport-Total.com) - Technikdirektor Filippo Preziosi ist der Mann hinter den Erfolgen bei Ducati. Der Italiener trifft alle wichtigen Entscheidungen und hat maßgeblich zu den Erfolgen des kleinen Traditionsherstellers beigetragen. Er war die treibende Kraft hinter der Umstellung von einem Stahlrahmen zu der Konstruktion aus Karbonfiber. Preziosi plädierte auch für den Wechsel von einem Screamer zu einer Motorzündreihenfolge nach dem Big-Bang-Muster.

Titel-Bild zur News: Filippo Preziosi

Filippo Preziosi durfte über den Weltmeisertitel 2007 jubeln

Ob das Big-Bang-Konzept das bessere ist, darüber wird in Motorradkreisen seit langem diskutiert. Große Hersteller wie Honda und Yamaha wechselten in den letzten 20-Jahren zwischen den beiden Konzepten. Bei Ducati fiel die Entscheidung folgendermaßen: "Wir hatten einige Idee und Messungen", sagt Preziosi gegenüber 'MotoMatters.com'. "Mit den Daten machten wir einige Analysen. Aber um ehrlich zu sein, gibt es Zahlen die belegen, dass der Motor besser sein müsste. Aber es gibt auch Daten die zeigen, dass er schlechter ist. Es ist nicht einfach zu sagen warum das so ist."#w1#

Viele Fahrer bevorzugen das Big-Bang-Konzept, da sie der Meinung sind, das Motorrad vermittelt ihnen mehr Gefühl. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Motoren in niedrigen Drehzahlbereichen bereits über viel Kraft verfügen und die Triebwerke damit etwas leiser und ruhiger laufen. "Das ist sicher ein Punkt, aber nicht der Hauptgrund", meint Preziosi.

Das Reglement schreibt für dieses Jahr zum ersten Mal vor, dass ein Fahrer während der 18 Rennen nur sechs Motoren verwenden darf. Auf der langen Geraden in Katar waren alle Maschinen im Schnitt um 10 km/h langsamer, als im Vorjahr. Die Ingenieure haben also etwas Leistung für mehr Haltbarkeit zurückgenommen. "Jeder Techniker macht sich über die Beschränkungen Gedanken", sagt Preziosi.


Fotos: Ducati, MotoGP in Jerez


"Es ist natürlich ein Ausgleich zwischen Kraft und Zuverlässigkeit. Ich denke es ist eine gute Regel, denn deshalb sind die Ingenieure gezwungen, einen haltbaren Motor zu bauen. Das hilft auch der Serienproduktion", sagt der 42-Jährige. "Wenn man bedenkt, dass die Forschungen und Entwicklungen, die wir mit dem Rennsport erzielen, das komplette Know-how der Firma vergrößert, ist jeder investierte Euro gerechtfertigt."

In der kleinen Fabrik in Bologna herrscht ein reger technischer Austausch zwischen der Rennabteilung und der Serienproduktion. Preziosi beschreibt die internen Ablauf so: "Unser Wissen liefern wir seit Jahren an die Straßenabteilung. Sie können sich alles anschauen, und wenn sie etwas Interessantes finden, können sie es in der Serie verwenden. Es ist ihre Entscheidung. Auch das Benzinlimit von 21 Litern über eine Renndistanz und die effiziente Nutzung des Treibstoffes ist in die Serienproduktion geflossen."

Es ist im Rennsport hinlänglich bekannt, dass sich bei einer Regeländerung alle Ingenieure überlegen, wo Schlupflöcher zu finden sind. 2012 kommen neue Bestimmungen, die Motoren bis 1.000 Kubikzentimeter Hubraum erlauben. Parallel dazu können die Hersteller aber weiterhin auf ihre aktuellen 800er-Triebwerke setzen. "Wir denken bereits an die neue Maschine, aber wir haben noch keinen Nachfolger", sagt Preziosi. "Das Benzinlimit bleibt gleich und die Bohrung ist auf 81 Millimeter beschränkt. Es ist also nicht klar, ob 1.000 Kubikzentimeter die beste Idee ist. Man müsste also den effizientesten Motor bauen, um die meiste Kraft aus den 21 Litern zu holen"

Casey Stoner

Casey Stoner ist der erfolgreichste Ducati-Fahrer in der MotoGP Zoom

Mit 17 Maschinen ist die MotoGP-Startliste ziemlich kurz. Das zeigt wie teuer diese Klasse ist, obwohl in den letzten Jahren bereits Kostensenkungen forciert wurden. Wie einfach Sparen geht, zeigt ein einfaches Beispiel an der Ducati. "Im unteren Bereich des Motorrades gibt es einen vertikalen Auspuff. Es ist einige Male vorgekommen, dass bei einem Sturz Kieselsteine durch diese Öffnung in den Motor gekommen sind und von den Ventilen angesaugt wurden." Das resultierte natürlich in einem Schaden.

"Aufgrund der Motorenbeschränkung haben wir ein kleines Gitter vor die Öffnung gemacht, damit so etwas nicht mehr vorkommt", beschreibt Preziosi. "Warum haben wir das nicht schon früher gemacht? Weil wir von den Regeln nicht dazu gezwungen wurden und man nur nach Leistung sucht. Aber wir waren dumm, denn wenn man einen Motor wechseln muss verliert man wertvolle Zeit, um sich um wichtige Dinge wie die Abstimmungsarbeit zu kümmern. Ich denke die Regeln müssen sehr clever geschrieben sein, damit die dummen Ingenieure in die richtige Richtung arbeiten."