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Mugello: Neuer Topspeed-Rekord möglich, neues Layout nicht gewünscht

Der 2019 in Mugello aufgestellte MotoGP-Topspeed-Rekord wurde bereits in Losail geknackt: Gibt es am Wochenende wieder neuen Rekord? Sicherheit ist ein Thema

(Motorsport-Total.com) - Zum ersten Mal seit zwei Jahren gastiert die Motorrad-Weltmeisterschaft wieder in Mugello. Im vergangenen Jahr wurde der Grand Prix von Italien aufgrund der Coronavirus-Pandemie kurzerhand aus dem Kalender gestrichen. In diesem Jahr findet er statt, allerdings ohne Zuschauer auf den Tribünen.

Titel-Bild zur News: Streckenlayout: Mugello Circuit

Gibt es an diesem Wochenende in Mugello einen neuen MotoGP-Topspeed-Rekord? Zoom

Als 2019 zum bislang letzten Mal in Mugello gefahren wurde, stellte der damalige Ducati-Werkspilot Andrea Dovizioso im dritten Freien Training einen neuen MotoGP-Topspeed-Rekord auf. 356,7 km/h lautete der Wert. Dieser ist inzwischen nicht mehr aktuell. Denn im vierten Freien Training zum diesjährigen Grand Prix von Katar in Losail hat Johann Zarco auf der Pramac-Ducati einen neuen Rekord aufgestellt: 362,4 km/h

Weil die Geschwindigkeiten in Mugello aber traditionell höher sind als in Losail, wird für dieses Wochenende damit gerechnet, dass der vor zwei Monaten in Katar aufgestellte Topspeed-Rekord abermals fallen wird. Allerdings sieht sich nicht jeder der MotoGP-Stars dazu in der Lage.

Zwei Monate nach Losail wieder neuer Topspeed-Rekord?

"Also ich werde den Topspeed-Rekord sicherlich nicht brechen", lacht WM-Spitzenreiter Fabio Quartararo und spielt damit auf den seit Jahren bekannten Topspeed-Nachteil der Yamaha M1 an. Valentino Rossi, der im Petronas-Team ebenfalls eine Yamaha fährt, sieht sich aus demselben Grund auch nicht in der Lage. Er glaubt aber, dass es einem der Ducati-Piloten gelingen kann: "Ich glaube, sie können es schaffen. Denn im Vergleich zu Katar sind hier ein paar km/h mehr drin", weiß Rossi.

Francesco Bagnaia, der in der aktuellen MotoGP-Gesamtwertung 2021 nur einen Punkt hinter Tabellenführer Quartararo liegt, ist somit einer der aussichtsreichen Kandidaten für einen neuen MotoGP-Topspeed-Rekord. Mit Blick auf die erste Kurve am Ende der langen Start/Ziel-Gerade in Mugello gibt Bagnaia aber zu bedenken: "360 km/h hier, das ist etwas anderes als 360 km/h in Katar. Denn die Kurve San Donato ist echt irre."

Johann Zarco

Johann Zarco hält den MotoGP-Topspeed-Rekord, aufgestellt Ende März in Losail Zoom

Zarco, der die aktuell gültige Rekordmarke von 362,4 km/h mit seiner Pramac-Ducati am Katar-Wochenende Ende März gesetzt hat, meint dazu: "Es wäre schön, den Rekord zu brechen. Wir haben jedenfalls das bestmögliche Motorrad, um das zu schaffen. Ich kann nur sagen, wir sind bereit. Wir haben das Bike, aber auch die entsprechende Aerodynamik, um einerseits schnell zu sein, andererseits aber auch richtig verzögern zu können."

Auch der aktuelle WM-Vierte, Jack Miller, sitzt auf einer der bärenstarken Ducatis und ist damit ebenfalls ein Kandidat für einen neuen Topspeed-Rekord an diesem Wochenende. Der Australier denkt aber ganz ähnlich wie Teamkollege Bagnaia und sorgt sich ein wenig um die Sicherheit: "Wer auch immer den Topspeed-Rekord bricht, kommt hoffentlich auch noch gut durch Kurve 1."

"Wer auch immer den Topspeed-Rekord bricht, kommt hoffentlich auch noch gut durch Kurve 1." Jack Miller

Zur Erinnerung: Also Zarco im vierten Freien Training zum Grand Prix von Katar in Losail die 362,4 km/h erreichte, schaffte er es dort nicht durch Kurve 1. Stattdessen ging der Franzose weit und nahm einen Umweg durch die asphaltierte Auslaufzone.

In Mugello hingegen ist die Auslaufzone in Kurve 1 ein Kiesbett. Und die Streckenbegrenzung steht an der italienischen Naturrennstrecke näher an der Piste als es auf dem großzügig und modern angelegten Losail International Circuit in Katar der Fall ist.

MotoGP-Piloten gegen neues Layout in Mugello

Der Mugello Circuit ist keine dieser modern angelegten Strecken. Er wurde bereits im Jahr 1973 in die hügelige Landschaft der Toskana eingebettet und im darauffolgenden Jahr 1974 eröffnet. Die Motorrad-WM war erstmals im Jahr 1976 in Mugello zu Gast, aber die Premiere stand unter keinem guten Stern. Denn an jenem Wochenende gab es zwei tödliche Unfälle: Paolo Tordi in der 350er-Klasse und Otello Buscherini in der 250er-Klasse.

Ungeachtet des doppelt tragischen Beginns ist Mugello seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil im Kalender der Motorrad-WM. Es gab nur wenige Jahre, in denen die Strecke nicht im Kalender auftauchte. Seit 1991 wird durchgängig in Mugello gefahren - vom Coronajahr 2020 mal abgesehen.

Mehr noch: Seitdem der Mugello Circuit im Jahr 1974 eröffnet wurde, ist das Layout unverändert geblieben. Umbauten hat es lediglich an der Boxengasse gegeben. Fürchten die aktuellen MotoGP-Piloten, dass Mugello in naher Zukunft ein Umbau droht? Oder dass die Zeit im Kalender sogar bald abgelaufen sein könnte? Erst recht, wenn es am Wochenende tatsächlich einen neuen Topspeed-Rekord geben sollte, dürfte das Thema Sicherheit wieder heiß diskutiert werden.

Start zum GP Italien 2019 in Mugello: Marc Marquez führt

Mugello ist seit Jahrzehnten Bestandteil des MotoGP-Kalenders (Foto: 2019) Zoom

"Meiner Meinung nach sind die Kurven 1 und 14 ein bisschen gefährlich", sagt WM-Spitzenreiter Quartararo, weiß aber auch: "In beiden Fällen handelt es sich um Kurven, die sich schwer umbauen lassen." Bei der von Quartararo angesprochenen Kurve 14 handelt es sich um die Biondetti-Schikane, in der sich Valentino Rossi im Freien Training zum Grand Prix von Italien 2010 seinen Beinbruch zugezogen hat.

Rossi, dessen erstes Mugello-Rennen in der Motorrad-WM bereits 25 Jahre zurückliegt, erinnert sich an den Zeitpunkt, ab dem das Thema Sicherheit der Strecke auch ihm bewusst geworden ist: "Als ich hier 2000 und 2001 mit der 500er-Maschine gefahren bin, wurde es kritisch. Damals war der Sprung vor San Donato ein echtes Problem, was aber auch daran lag, dass es damals noch keine Anti-Wheelie-Kontrolle gab und man das Gas justieren musste."

Mit "Sprung vor San Donato" bezieht sich Rossi auf den Hügel kurz vor Ende der Start/Ziel-Gerade. Dieser Hügel wurde vor einigen ein wenig abgeflacht, ist aber grundsätzlich noch immer vorhanden. Auch heutzutage verlieren die MotoGP-Bikes an dieser Stelle hin und wieder noch den Kontakt zum Asphalt. Wird es so weitergehen?

Start/Ziel-Gerade am Mugello Circuit

Der Hügel vor San Donato vom Ausgang der Boxengasse aus gesehen Zoom

Ducati-Pilot Bagnaia ist überzeugt, dass in Mugello "für die Zukunft etwas getan werden wird", lässt sich aber keine Details entlocken. Derweil plädiert Zarco klar dafür, die Traditionsstrecke in der Toskana nicht umzubauen: "Ich finde, wir sollten es nicht nur aus dem Blickwinkel sehen, dass schneller automatisch auch gefährlicher wäre. Ich finde, wir müssen Mugellos Old-School-Charakter erhalten."

"Aber vielleicht", so Zarco weiter, "lässt sich ja hier und da eine Mauer versetzen, um die Sicherheit zu erhöhen. Wenn man sich mal vor Augen führt, wie viel Geld allein für einen neuen Asphalt ausgegeben werden kann, dann sollte es doch auch möglich sein, dieses Geld an anderen Stellen zu investieren."

Miller sieht es ganz ähnlich wie Zarco. Auch er spricht sich klar gegen ein neues Layout in Mugello aus: "Ich finde, die Strecke ist fantastisch so wie sie ist. Ich glaube nicht, dass ein anderes Layout der richtige Weg wäre. Ich glaube aber schon, dass es Dinge gibt, um die Sicherheit zu erhöhen."

"Eines ist aber auch klar", so Miller: "Motorradrennen werden niemals zu 100 Prozent sicher sein. Es sind nun mal Motorradrennen und das [Risiko] ist Teil der Faszination."