• 02.11.2015 10:29

HRC: Nakamoto zur Lage der MotoGP

Nach den Kontroversen von Sepang meldet sich HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto zu Wort und spricht über Marc Marquez und Valentino Rossi

(Motorsport-Total.com) - Die MotoGP-Saison 2015 geht am Wochenende zu Ende, doch das Geschehen wird auch nach dem Saisonfinale in Valencia für reichlich Gesprächsstoff sorgen. Der Zweikampf von Valentino Rossi und Marc Marquez beim finalen Überseerennen in Sepang erhitzte die Gemüter nachhaltig. Die Story wurde bisher Tag für Tag um ein neues Kapitel bereichert. Ausstiegsdrohungen von Sponsoren, Handgemenge mit Journalisten und Rossis Berufung vor dem internationalen Sportgerichtshof waren die bisherigen Höhepunkte nach dem 17. von 18 Rennen der Saison 2015.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Marc Marquez wird von Shuhei Nakamoto aus der Schusslinie genommen Zoom

Eine Woche vor dem Saisonfinale in Valencia meldet sich nun mit Shuhei Nakamoto der stellvertretende Geschäftsführer (Vice President) von HRC zu Wort. Der Japaner spricht über den Sepang-Vorfall, die Vorgeschichte und das Manöver an sich. Zudem erklärt er, wie er nach dem Zwischenfall über Rossi denkt und was er sich für das finale Rennwochenende der Saison wünscht.

"Zuerst einmal möchten wir betonten, dass es unserer Meinung nach sehr wichtig ist, über die Fakten zu sprechen und nicht über Annahmen. Ein Fakt ist ein Fakt und es gibt nur eine Interpretationsmöglichkeit. Annahmen kann man unterschiedlich deuten, je nachdem auf welcher Seite man steht", bemerkt Nakamoto und stellt sich einigen Fragen.

Frage: "Wie beurteilst du die Situation nach dem Malaysia-Grand-Prix?"
Shuhei Nakamoto: "Wir bei HRC bedauern, dass es soweit kommen musste. Zuerst einmal möchten wir unterstreichen, dass Marc nach dem Rennen auf Phillip Island grundlos beschuldigt wurde. Es gibt keinen Grund, warum wir einem Fahrer helfen sollten, der um die Meisterschaft kämpft. Er kämpfte um den Sieg und gewann das Rennen auch. Beim Anschauen der Aufnahmen kann man erkennen, dass Valentino und Marc nach dem Überqueren der Linie ihre Hände schüttelten und damit signalisierten, dass es ein toller und fairer Kampf war."


Fotos: MotoGP in Sepang, Rennen


Frage: "Denkst du, dass der Kampf zwischen Marquez und Rossi beim Malaysia-Grand-Prix das Ergebnis von Rossis Anschuldigungen war?"
Nakamoto: "Das denken wir nicht. Wir wissen, dass Marc immer 100 Prozent gibt, deswegen lieben wir und die vielen Fans weltweit ihn. Marc geht immer ans Limit, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Er lieferte sich in seiner Karriere mit vielen Fahrern tolle Kämpfe und niemand beschwerte sich darüber. Wir wussten, dass Marc in Malaysia zu Rennbeginn mit vollem Tank Probleme hat. Das war in dieser Saison schon einige Male der Fall. In Sepang leistete er sich zu Beginn einen Fehler, weshalb Jorge vorbeiziehen konnte. Dann schloss Valentino auf und der Kampf um Platz drei begann. Die Manöver der beiden Fahrer waren extrem, aber sicher. Wir sahen zwei der größten Champions auf der Strecke miteinander kämpfen."

Marc Marquez, Valentino Rossi

Das Rennen auf Phillip Island war das Vorspiel für das hitzige Duell in Sepang Zoom

Frage: "Wurde Rossi in diesen Runden von Marquez eingebremst?"
Nakamoto: "Die Rundenzeiten waren ziemlich flott und verdeutlichten, dass Marc nicht vorhatte, Valentino einzubremsen. Nachdem Marc stürzte und Valentino freie Fahrt hatte, waren seine Rundenzeiten nicht schneller als im Kampf mit Marc. Wir sind überzeugt, dass sie sich ans Limit brachten. Beide wollten den dritten Platz und den Rückstand zu Dani und Jorge aufholen, doch durch den Kampf öffnete sich eine Lücke zu den beiden Vorausfahrenden. So ist das im Rennsport. Wenn man zwei so große Talente wie Marc und Valentino beobachtet, dann sieht man wundervolle Kämpfe."

Frage: "Glaubst du, Rossi trat nach Marquez' Motorrrad?"
Nakamoto: "Es ist eindeutig, dass Valentino Marc bewusst an den äußeren Rand der Strecke drängen wollte, was nicht erlaubt ist. Marc hatte keine andere Wahl und musste eine weite Linie wählen. Die Datenaufzeichnungen von Marcs Motorrad zeigen, dass sein Bremshebel einen Schlag bekam, als er das Motorrad aufrichten wollte, um den Kontakt mit Valentino zu vermeiden. Dadurch stürzte er. Wir glauben, dass Rossis Tritt diesen Schlag verursacht hat. Die Dorna, die FIM und die Medien können sich die Datenaufzeichnungen von Marcs Maschine anschauen."

Jorge Lorenzo, Valentino Rossi

Shuhei Nakamoto hofft, dass Valentino Rossi seinen Fehler irgendwann einsieht Zoom

Frage: "Glaubst du, Marquez sagt die Wahrheit, wenn er behauptet, dass er Valentino nicht einbremsen wollte?"
Nakamoto: "Ich kenne Marc sehr gut. Er ist ein guter Kerl, der starke und ehrliche Werte verfolgt. Marc wollte lediglich seine Position verteidigen, wie es jeder andere Fahrer auch getan hätte. Wir glauben ihm zu 100 Prozent."

Frage: "Wie beurteilst du die Arbeit der Rennleitung?"
Nakamoto: "Wir respektieren die Entscheidung der Rennleitung und möchten die Strafe nicht bewerten. Dennoch denken wir, sie hätten auch während des Rennens eine Strafe aussprechen können. Es war nicht nötig, bis zum Rennende zu warten."

Frage: "Was denkst du über Rossis Berufung beim internationalen Sportgerichtshof CAS?"
Nakamoto: "Das ist sein Recht. Wir werden die Entscheidung des CAS respektieren."

Frage: "Die Leute behaupten, es sei unfair von Marquez gewesen, mit Rossi zu kämpfen, weil er nicht um die Meisterschaft kämpft."
Nakamoto: "Das ist Rennsport! Es gab keine Kommentare oder Bedenken, nachdem Dani in Aragon mit Valentino kämpfe und ihn schlug. Das gilt auch für Phillip Island, als Iannone einem Akteur mehr half als dem anderen. Es war eine schwierige Saison Marc wollte in Sepang für sich und das Team einfach nur das bestmögliche Ergebnis erkämpfen. Es widerspricht seiner Natur, Vierter zu werden, wenn er die Chance auf Platz drei hat."

"Wir sollten uns an Motegi 2010 erinnern, als Valentino aus dem WM-Kampf raus war und sich einen tollen Kampf mit Jorge lieferte. Nach dem Rennen beschwerte sich Jorge über Valentino und warf ihm vor, dass er zu aggressiv fuhr, obwohl er aus dem Meisterschaftskampf raus war. Valentino kommentierte: 'Ich fragte Yamaha, was sie von mir erwarten. Sollte ich hinter ihm ins Ziel fahren? Wenn das so ist, dann bleibe ich Zuhause.' Wir stimmen mit Valentinos Ansatz voll überein und unterstützen unsere Fahrer stets, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen."

Valentino Rossi, Jorge Lorenzo

Nakamoto erinnert an Motegi 2010, als Rossi hart gegen Lorenzo kämpfte Zoom

Frage: "Was denkst du momentan über Rossi?"
Nakamoto: "Valentino ist der größte Champion in unserem Sport. Wir glauben, dass er in diesem Jahr tolle Arbeit geleistet hat und die Meisterschaft verdient, wenn er sie gewinnen sollte. Er war übers Jahr konstant und sehr schnell. Der Fakt, dass er 36 Jahre alt ist, verstärkt den Respekt für solch einen tollen Champion. Gleichzeitig fehlt uns für die im Zusammenhang mit Phillip Island gemachten Anschuldigungen und für das Manöver in Sepang das Verständnis. Wir hoffen, dass Valentino die Sache überdenkt und seinen Fehler eingesteht."

Frage: "Welches Ziel verfolgt ihr in Valencia?"
Nakamoto: "Wir streben wie immer den Sieg an. Wir hoffen, dass Marc und Dani um den Sieg kämpfen können. Es wäre toll, wenn sie Erster und Zweiter werden - die Reihenfolge ist egal. Erst einmal möchten wir die Saison mit einem vierten Sieg in Folge beenden. Zudem würden wir dann nicht in den Kampf um den Titel eingreifen. Außerdem hoffen wir, alle verstehen dann, dass Honda-Piloten für Siege und den Wettbewerbsgedanken antreten und für nichts anderes."