powered by Motorsport.com

Ernüchterung bei KTM: "Wäre schön, wenn wir die Concession-Vorteile hätten"

Brad Binder und Miguel Oliveira beklagen Probleme bei der Traktion: Das neue Aeropaket hilft, erfordert aber noch Feintuning bei der Abstimmung der KTM RC16

(Motorsport-Total.com) - KTM hatte auch am zweiten Testtag in Sepang (zum Testbericht) Probleme, die Rundenzeiten der Konkurrenz zu erreichen. Werkspilot Miguel Oliveira war als 15. bester KTM-Pilot. Der Rückstand auf die Spitze betrug lediglich 0,570 Sekunden, doch in der modernen MotoGP ist das zu viel für Spitzenplatzierungen. Teamkollege Brad Binder reihte sich mit 0,885 Sekunden Rückstand auf Position 18 ein.

Titel-Bild zur News: Brad Binder

Brad Binder reiste mit hohen Erwartungen zum Test und wirkte enttäuscht Zoom

Der MotoGP-Test in Sepang war für Neuzugang Francesco Guidotti die erste Bewährungsprobe. Der neue KTM-Teammanager erlebte in Malaysia keinen einfachen Einstand.

"Wir haben viel Arbeit zu erledigen. Es gab viele Teile, die getestet werden mussten. Das waren neue Teile, aber auch Teile aus dem Vorjahr, die wir besser verstehen müssen", erklärt der Italiener bei 'MotoGP.com'.

"Wir suchen nach dem bestmöglichen Grundpaket für die ersten Rennen. Danach werden wir nach spezifischeren Lösungen für die Zukunft suchen", schildert der neue KTM-Teammanager. "Wir sammelten viele Informationen. Einige Dinge waren deutlich besser als erwartet. Andere Dinge waren nicht so gut. Im Moment benötigen wir weitere Informationen."

MotoGP, KTM, Francesco Guidotti

Francesco Guidotti wechselte im Winter von Pramac-Ducati zu KTM Zoom

Neue Lösungen für die Elektronik und Aerodynamik

Miguel Oliveira kritisiert das schlechte Gefühl für das Hinterrad: "Wir versuchten, eine bessere Verbindung zum Hinterreifen herzustellen. Wir wurden in der Vergangenheit oft zurückgeworfen, weil wir die Haftung eines frischen Reifens nicht nutzen konnten. Das war auf die Arbeitsweise der Elektronik zurückzuführen."

Hinsichtlich der Elektronikabstimmung soll es Verbesserungen gegeben haben. "Das ist der größte Unterschied im Vergleich zum vergangenen Jahr. Es dreht sich eher um die Software als um die Hardware. Das ist aber mit Sicherheit der größte Unterschied", erklärt Oliveira.

Miguel Oliveira

Miguel Oliveira erkennt Fortschritte bei der Elektronikabstimmung Zoom

Die auffälligste Änderung war das neue Aeropaket. "Am Ende testeten wir die Änderungen an der Aerodynamik", berichtet Oliveira. "Wir wollen auf eine Runde und auf eine Renndistanz schneller werden. Das ist das Ziel."

KTM stellt drei Aeropakete zur Verfügung. "Wir wurden alle gezwungen, in diese Richtung zu entwickeln, weil Ducati diese Welt für uns öffnete. Sie übten Druck in diese Richtung aus. Es gibt jetzt viele Tests, bei denen es sich um dieses Thema dreht. Es ist wichtig, um schneller zu werden, das Motorrad zu stabilisieren und die Leistung bestmöglich zu nutzen", bemerkt Oliveira.


Fotos: MotoGP 2022: Offizieller Test in Malaysia


KTM benötigt mehr Zeit, um die Aerodynamik abzustimmen

"Wenn man mehr Abtrieb sucht, dann um besser beschleunigen zu können. Doch wir fanden heraus, dass man damit auch schneller verzögern kann. Es ist ein Bereich, der beim Motorrad vermutlich nie berücksichtigt wurde, doch jetzt ist es entscheidend für die Entwicklung eines Motorrads", kommentiert Oliveira und nennt den Vorteil der neuen Winglets: "Mit den seitlichen Elementen hat man mehr Abtrieb und kann besser beschleunigen."

"Der Nachteil ist, dass sich das Motorrad etwas schwerfälliger anfühlt. Es ist nicht mehr so agil", erklärt Oliveira. "Deshalb muss man sich mit den anderen Bereichen beschäftigen, wie der Fahrhöhe, der Geometrie und so weiter. Man muss das kompensieren, was man hat. Es ist nicht einfach. Deshalb ist Zeit notwendig, weil man eine komplett neue Seite öffnet in Sachen Abstimmung."

Miguel Oliveira

Die neuen seitlichen Elemente an der Verkleidung erfordern weitere Tests Zoom

Doch viel Zeit bleibt KTM nicht mehr bis zum Saisonstart in Katar. In einem Monat wird es bereits ernst. "Es wäre schön, wenn wir jetzt die Concession-Vorteile hätten", bemerkt Oliveira und lässt durchblicken: "Es ist noch offen, welche Elemente wir final verwenden werden. Es wird aber dem sehr ähnlich sein, was wir momentan testen. Bis Katar bleibt nicht viel Zeit. Wir müssen bald Entscheidungen treffen."

Brad Binder hatte hohe Erwartungen und wirkt enttäuscht

Auch Teamkollege Brad Binder wirkte nach dem Test in Sepang nicht zufrieden. "Ich wäre hier gern schneller gewesen, weil ich hohe Erwartungen hatte für diesen Test. Wir waren aber nicht in der Lage, diese zu erreichen", bilanziert der zweimalige MotoGP-Laufsieger.

Große Sorgen macht sich Binder aber trotz des Rückstands und P18 nicht: "Wenn wir morgen ein Rennen hätten, dann wäre es vermutlich ähnlich wie im Vorjahr, als wir uns immer wieder nach vorne kämpfen konnten. Unser Motorrad funktioniert im Moment nicht so gut auf eine schnelle Runde. Doch wenn es um die Konstanz geht, dann stehen wir ganz gut da. Wir benötigen Verbesserungen. Es waren aber erst zwei Testtage. Ich hoffe, dass wir Mandalika glücklich verlassen können."

Brad Binder

Brad Binder fand sich am Sonntag nur auf Position 18 wieder Zoom

Kein gutes Gefühl für das Hinterrad der KTM RC16

Binder kämpft wie Teamkollege Oliveira mit dem Gefühl für das Hinterrad seiner RC16: "Wenn ich ans Gas gehe, dann möchte ich beschleunigen. Doch in dem Moment dreht das Hinterrad sofort durch. Es ist richtig schwierig, wieder Traktion aufzubauen. Das war bereits in der zweiten Hälfte der vergangenen Saison unser größtes Problem."

Das neue Aeropaket könnte die Lösung sein. "Wir kamen mit komplett neuen Aeropaketen hierhin. In einigen Bereichen hilft es uns, doch gleichzeitig wirft es uns in anderen Bereichen zurück. Das neue Aeropaket verlangt nach einer komplett anderen Abstimmung, damit es funktioniert. Wir hatten nicht genug Zeit, das richtig zu erforschen und das Maximum herauszuholen", bedauert Binder.

"Ich machte Vergleichstests mit dem alten Motorrad. Auf eine Runde ist die Zeit ziemlich identisch. Doch das Potenzial des alten Motorrads wurde bereits komplett ausgeschöpft", vergleicht Binder. "Wir haben seit Ende 2020 versucht, das Optimum aus diesem Motorrad herauszuholen. Gut ist, dass wir uns mit dieser neuen Konfiguration bereits auf diesem Niveau befinden."


MotoGP 2022: Teampräsentation von KTM und Tech 3

Brad Binder erkennt viel Potenzial, doch KTM geht die Zeit aus

"Ich denke, es gibt Raum für Verbesserungen. Klar, ich hasse es, mich auf P18 zu sehen, doch es ist wie es ist", bemerkt Binder und nennt den großen Vorteil der neuen Verkleidung: "Mit diesem neuen Aeropaket haben wir viel mehr Last auf dem Vorderrad. Die Fahrhöhe und andere Einstellungen sind damit komplett anders. Wir benötigen Zeit, um eine gute Abstimmung dafür zu erarbeiten. Ich überlaste die Front beim Bremsen und am Kurveneingang."

"Ich fühle mich damit am Limit und bin nicht schnell. Es nimmt etwas Haftung weg. Wir müssen uns intensiver damit beschäftigen. Wir hätten den Nachmittag dafür benötigt", erklärt Binder, der auf Grund des Regenschauers um wertvolle Testzeit gebracht wurde.

Einige Erkenntnisse konnte er aber dennoch sammeln. "Mit dem neuen Aeropaket kommen wir besser aus den Kurven, weil das Vorderrad auf den Boden gedrückt wird. Das ist mit Sicherheit eine Verbesserung. Doch es muss auch in den Kurven besser funktionieren. Im Moment ist es schwieriger, die passende Abstimmung zu erarbeiten", schildert der KTM-Pilot.

Brad Binder

Brad Binder hat vor allem am Kurvenausgang Probleme Zoom

Finaler Test auf einer bisher unbekannten Strecke

Beim bevorstehenden Test in Indonesien haben die MotoGP-Piloten drei weitere Tage Zeit, um sich für den Saisonauftakt vorzubereiten. "Es ist nicht ideal, dass der zweite Test auf einem neuen Kurs stattfindet. Er ist für alle neu", kritisiert Binder.

Vergleichswerte gibt es bisher nicht für den neuen Mandalika Street Circuit. "Man muss zuerst die Leistungsentfaltung bestimmen. Das Team hat das aber im Griff. Ich muss den Kurs lernen. Wir werden einen halben Tag verlieren, bevor wir uns richtig mit dem Kurs beschäftigen können", erwartet Binder.

Neueste Kommentare