Casey Stoner findet: Ducati "erzeugt zu viel Druck" auf die eigenen Fahrer

Alle Daten werden geteilt, den Topfahrern wird nicht mit Stallorder geholfen - Casey Stoner kritisiert die Ducati-Strategie - Denn sie erzeugt Druck auf die Fahrer

(Motorsport-Total.com) - In der modernen MotoGP-Ära seit 2002 gelang es nur zwei Fahrern, WM-Titel erfolgreich zu verteidigen. Das waren Valentino Rossi und Marc Marquez. Selbst Jorge Lorenzo und Casey Stoner gelang es nicht, zwei WM-Titel hintereinander zu gewinnen. Nun hätte Francesco Bagnaia diese Möglichkeit.

Titel-Bild zur News: Francesco Bagnaia, Casey Stoner

Zwei Ducati-Weltmeister: Francesco Bagnaia und Casey Stoner Zoom

"Dass wir das dritte Jahr hintereinander um den WM-Titel kämpfen, bedeutet, dass wir sehr gut arbeiten", sagt Bagnaia bei MotoGP.com. "Ich glaube aber nicht, dass es ein Versagen wäre, wenn wir es nicht schaffen würden."

"Es wäre natürlich großartig zu gewinnen, weil ich mich nicht an viele Namen erinnern kann, die den WM-Titel zwei Jahre hintereinander gewonnen haben. Das wäre für mich fantastisch. Wir arbeiten hart dafür."

Nach 2007 mit Casey Stoner und im Vorjahr mit Bagnaia steht bereits fest, dass zum dritten Mal in der Geschichte ein Ducati-Fahrer Weltmeister wird. Dass man speziell in den vergangenen Jahren zwar viele Rennen, aber nicht mehr WM-Titel gewonnen hat, sieht Stoner kritisch.

"Sie haben seit einiger Zeit das beste Motorrad, aber sie hatten bis zum vergangenen Jahr Mühe, eine Weltmeisterschaft zu gewinnen", so der Australier bei TNT Sports. "Es lag nicht am Motorrad, sondern daran, wie sie ihr Programm laufen haben."

"Sie müssen den Fahrern mehr Anerkennung zollen und sie mitreden lassen. Sie sollten ihnen Druck nehmen und sie nicht unter Druck setzen", findet Stoner. Ducati lässt alle acht Fahrer frei fahren. Es gibt keine Stallorder. Im Gegenteil, alle Fahrer und Crews können alle Daten einsehen.


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"Wenn sie im Paddock zu ihren Teams gehen, dann bitten sie sie nicht, dass sie ihrem Teamkollegen keine Probleme machen sollen und dahinter bleiben sollen. Das gefällt mir nicht", hält Stoner Richtung Ducati-Management fest. "Und ich weiß, dass 'Pecco' das auch nicht gefallen hat."

Datenaustausch: Niemand kann sich Vorteil erarbeiten

Im Vorjahr kämpfte Bagnaia gegen Yamaha-Fahrer Fabio Quartararo um den WM-Titel. Ducati-Satellitenfahrer Enea Bastianini ordnete sich damals aber nicht unter, sondern attackierte Bagnaia auch bei den entscheidenden Rennen im Herbst.

"Dass ich die Referenz bin, darauf dürfen wir stolz sein", meint Bagnaia, fügt aber auch hinzu: "In diesem Jahr ist es anders, weil wir gegen das gleiche Motorrad kämpfen. Jeder kann sich alle Daten ansehen. Für mich ist das toll, aber auch sehr schwierig."

Bagnaia geht ins Detail: "Denn wenn ich zum Beispiel etwas finde, dann probieren das die anderen Fahrer im nächsten Training auch aus." Aufgrund der Ducati-Philosophie ist es deshalb praktisch unmöglich, dass sich ein Fahrer mit seiner Crew einen Vorteil erarbeitet.

Francesco Bagnaia, Cristian Gabarrini

Cristian Gabarrini war schon der Crewchief von Casey Stoner Zoom

Und das hält Stoner für falsch: "Ich fühle mit 'Pecco' mit. Sie sorgen für so viel Druck und könnten es in diesem Bereich besser machen. Den Umgang mit den Fahrern könnten sie besser machen und verstehen, welchem Druck sie ausgesetzt werden."

Bagnaia meint allerdings, dass er im Vorjahr größeren Druck gespürt hat. "Nach 15 Jahren hatte Ducati wieder die Chance auf den WM-Titel. Ich habe den Druck auf meinen Schultern gespürt", so der Italiener. "In diesem Jahr ist es anders. Ich spüre zwar auch Druck, aber es ist motivierender."

"Jorge [Martin] macht außergewöhnliche Arbeit. So wie er fährt, bringt er alles ans Limit. Als er in Mandalika gestürzt ist, hat er attackiert. Ein kleiner Fehler hat zum Sturz geführt. Die Situation kann sich so schnell ändern. Man muss sehr präzise sein."

"Man muss mehr als nur die Performance sehen. Das ist für mich sehr wichtig", betont Bagnaia. "Ich möchte nicht an den WM-Titel denken. Ich konzentriere mich auf mich und versuche, den Vorsprung zu vergrößern."

Vor den letzten drei Rennwochenenden hat er 13 Punkte Vorsprung auf Martin.