Schrötter über Tech 3: "Vom Gefühl her insgesamt sehr positiv"

Bei Tech 3 muss Marcel Schrötter künftig die Entwicklung der Mistral unterstützen - Im Interview spricht der Deutsche über seine neuen Aufgaben im französischen Team

(Motorsport-Total.com) - Im vergangenen Winter musste Marcel Schrötter lange um seine Karriere bangen. Erst kurz vor dem Saisonauftakt wurde das Budget auf die Beine gestellt und der Deutsche fuhr eine Kalex im Stop-and-Go-Team. In diesem Winter sieht die Situation anders aus. Schrötter wurde von Tech 3 unter Vertrag genommen. Im November fanden die ersten Testfahrten mit der Mistral in Jerez de la Frontera und Almeria statt. Das Motorrad ist eine Eigenentwicklung von Tech 3 und es gibt keine Referenzpunkte zu anderen Teams. Schrötter muss sich künftig nicht nur um die Abstimmung kümmern, sondern gemeinsam mit den Technikern die Entwicklung vorantreiben. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' spricht der Deutsche über seine ersten Eindrücke vom französischen Team.

Titel-Bild zur News: Marcel Schrötter

Marcel Schrötter steht künftig im Tech-3-Team vor neuen Aufgaben Zoom

Frage: "Marcel, wie waren die ersten Tests auf deinem neuen Motorrad?"
Marcel Schrötter: "Vom Gefühl her war es insgesamt sehr positiv. Das Team arbeitet wirklich super. Die Ergebnisse waren noch nicht optimal, aber bei den ersten Tests ging es darum sich kennenzulernen. Die Mechaniker müssen mich verstehen, damit sie wissen was mir taugt. Wir mussten auch die ganzen Informationen sammeln, damit wir das Motorrad für die nächste Saison weiterentwickeln können und wir konkurrenzfähig sind."

Frage: "Spürst du einen großen Unterschied zur Kalex?"
Schrötter: "Für mich ist das Motorrad ein großer Unterschied. Klar, jedes Motorrad hat seinen eigenen Charakter. Von der Sitzposition und vom Gefühl her ist alles anders als wie mit der Kalex. Vom Gefühl her ist es aber positiv. Es gibt sicher noch einige Dinge, die wir verbessern müssen. Das kann aber auch daran liegen, dass dies oder jenes für meinen Fahrstil nicht ganz optimal ist. Wenn wir alles hinbekommen, sehe ich es sehr optimistisch."

Frage: "Es heißt, dass ein Fahrer schon nach den ersten Runden einschätzen kann, ob ein Motorrad generell gut oder schlecht ist. Wie schätzt du das Potenzial der Mistral ein?"
Schrötter: "Ich habe in Jerez schon nach den ersten Runden gedacht, dass es einige Dinge gibt, die wir verbessern müssen. Das Motorrad hat, glaube ich, ein sehr großes Potenzial. Das habe ich dem Team schon in Jerez gesagt und da müssen wir weitermachen. Ich hoffe, dass wir das Motorrad dementsprechend weiterbringen können für das nächste Jahr. Momentan gibt es Bereiche, wo wir zu viel verlieren und wo es einfach schwierig ist."

Frage: "Bei welchen Punkten muss angesetzt werden?"
Schrötter: "Es ist schwierig zu sagen, weil es da und dort ein bisschen was ist. Weil es in der Moto2 so eng zugeht, machen Details über die Runde einen großen Unterschied aus. Es fehlt ein wenig beim Kurveneingang, bei der Kurvenmitte, teilweise bei der Traktion am Anfang vom Grip her. Es ist je nach Kurventyp wieder unterschiedlich. In schnellen Kurven kann man das Motorrad sehr früh aufmachen und Gas geben."

"Das Motorrad fühlt sich da sehr gut an. In langen Kurven, wo man mit dem Gas ein wenig spielen muss, ist es eher schwierig den Grip zu finden. Es sind Kleinigkeiten. Auch am Kurveneingang ist das Motorrad etwas schwieriger in die richtige Richtung zu bringen, im Vergleich zur gewohnten Kalex. Dort hilft die Kalex dem Fahrer sehr, sehr viel und erleichtert vom Motorrad selbst her einiges."


Moto2-Testfahrten in Almeria

Frage: "Musst du deinen Fahrstil stark umstellen oder willst du das Motorrad mehr auf dich anpassen?"
Schrötter: "Wir müssen an beiden Sachen arbeiten. Als Team müssen wir daran arbeiten, dass mir das Motorrad gefällt. Auf der anderen Seite muss ich mich so umstellen, damit ich meinen Beitrag bringe. Man muss sich darauf einstellen können, was man hat. Wir werden das Motorrad nie so hinbringen können, dass es dem Fahrer zu hundertprozentig passt. Daher muss ich mich nicht nur umstellen, sondern auch anpassen und mich weiterentwickeln. Ich kann mich selbst wahrscheinlich auch noch um einiges verbessern. Deswegen müssen wir uns gegenseitig helfen und entgegenkommen."

Test mit Nissin-Bremsen

Frage: "Ihr habt auch ein anderes Bremssystem getestet. Wie kam es dazu?"
Schrötter: "Wir sind mit einer Nissin-Anlage gefahren. Ich war eigentlich nicht abgeneigt davon und war mit der Bremsqualität sehr glücklich. Wir wissen aber nicht, ob wir ein Problem hatten oder ob der Charakter der Bremse so ist, denn nach harten Bremsmanövern verändert sich die Bremskraft während man bremst. Der Bremshebel verschiebt sich auch leicht nach vorne. Dadurch hat man ein komisches Gefühl."

Marcel Schrötter

In Jerez und Almeria testete Marcel Schrötter das Motorrad von Tech 3 Zoom

"Wir wissen momentan nicht, ob es ein Problem war, obwohl wir auch andere Teile verwendet haben. Es machte aber keinen Unterschied. Zum Schluss habe ich mir gedacht, dass ich lieber bei Brembo bleiben würde, denn ich kenne das System gut und komme damit gut klar. Ich glaube, dass wir im Laufe der Saison beide Systeme vergleichen werden und schauen, ob wir das Nissin-System auch problemfrei verwenden können."

Frage: "Du hast im Vorfeld gemeint, dass Tech 3 eine Art Werksteam ist, weil die Mistral nur in diesem Team verwendet wird. Siehst du bei der technischen Entwicklung schon Ansätze, dass es eben kein normales Kundenteam ist, sondern ein eigenständiges Team mit eigener Entwicklung ist?"
Schrötter: "Auf jeden Fall. In Jerez haben wir nicht viele Teile getestet, aber obwohl es das alte Motorrad war, kamen einige Ideen vom Team selbst, was man verändern könnte. In der kurzen Zeit haben sie auch viele Kleinigkeiten gebracht, die man eventuell probieren und ins nächste Jahr mitnehmen kann. Wenn ich im Stop-and-Go-Team geblieben wäre, dann wäre das Motorrad dagestanden und fertig. Man hätte mit dem Fahrwerk gearbeitet und das war es dann auch. Das ist vielleicht besser, um an einem Tag auf Rundenzeiten zu gehen. Aber was die Weiterentwicklung betrifft, hört hier das ganze Team auf den Fahrer und versucht das Motorrad zu verbessern."

Enge Verbindung zum MotoGP-Team

Frage: "Gibt es auch Verbindungen zur MotoGP-Struktur?"
Schrötter: "Die Verbindung ist ganz eng, aber auch die Verbindung zu Yamaha. Deshalb kann man die Informationen, die oben entwickelt werden, auch im Moto2-Team probieren. Das heißt natürlich nicht, dass es auch funktionieren wird. Ideen nimmt man aber mit und man fragt sich, ob man das auch in der Moto2 probieren kann. Dann wird gebaut und probiert. Es geht also in die Richtung Werksteam und es ist sehr wichtig, dass die Verbindungen zur MotoGP und zu Yamaha sehr gut sind."

Marcel Schrötter

Nur Tech 3 setzt die eigene Entwicklung in der Moto2-Klasse ein Zoom

Frage: "Guy Coulon ist als Technikguru bekannt. Wie ist dein Eindruck von ihm?"
Schrötter: "Er hat sehr viel Wissen und ein großes Gedächtnis. Man kann ihm auch viele Fragen über die Vergangenheit stellen. Solche wie ihn gibt es nicht mehr viele im Fahrerlager. Er ist ein Guter und hat die Einstellung, die ich mir erhofft habe, denn er versucht alles, um das Motorrad nach vorne zu bringen, damit das Team wieder zu Erfolgen kommt."

Frage: "Wie ist dein persönlicher Fahrplan im Winter?"
Schrötter: "Ich bin jetzt schon noch eine Weile in Deutschland. Ende Dezember oder Anfang Januar bin ich wieder in Spanien und fange mit dem Trainingsprogramm an. Ich werde mich vollkommen auf die neue Saison vorbereiten, damit nichts im Weg steht und ich top vorbereitet bin."

Frage: "Im Frühjahr finden die IRTA-Tests statt. Werdet ihr noch zusätzliche Tests machen?"
Schrötter: "Soweit ich gehört habe, werden wir sicherlich noch weitere Tests machen. Ich weiß aber noch nicht genau wann."