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  • 28.05.2010 23:30

  • von Pete Fink

Penske und Ganassi einig: IndyCars am Wendepunkt!

Roger Penske und Chip Ganassi zeigten vor dem Indy 500 eine seltene Einigkeit und beide sind sich sicher: Nun wendet sich das IndyCar-Blatt

(Motorsport-Total.com) - Kein Zweifel: Roger Penske und Chip Ganassi sind im US-amerikanischen Motorsport zwei absolute Schwergewichte. Beide sind nicht nur Teambesitzer der haushohen Favoritenmannschaften für das Indy 500, beide haben auch zwei höchst erfolgreiche NASCAR-Teams am Laufen. Rick Hendrick, Jack Roush oder Richard Childress können diese Ausgeglichenheit nicht von sich behaupten.

Titel-Bild zur News: ZZ Top Carb Day Indianapolis

Schon am Carb-Day war einiges los: In Indianapolis geht wieder etwas

Klar ist auch, dass Penske und Ganassi in reinen NASCAR-Kreisen als Quereinsteiger ein anderes Standing besitzen als Hendrick, Roush oder Childress, die sich seit Jahrzehnten ausschließlich mit den StockCars beschäftigen. Aus gutem Grund, denn der Gigant NASCAR ist in den USA bekanntlich die glasklare Nummer eins - und daran wird sich so schnell nichts ändern.#w1#

Doch die IndyCars holen auf. Massiv. Auch diese Erkenntnis wird in der laufenden Saison immer deutlicher. Mit dem Bekleidungskonzern IZOD wurde im Winter endlich der lang ersehnte Titelsponsor gefunden, erst vor wenigen Tagen sprang Sunoco als wichtiger US-amerikanischer Ethanol-Partner ins Boot. Sunoco ist übrigens auch genau die Marke, mit der die NASCAR ihre V8-Triebwerke befeuert.


Fotos: Indy 500, Freies Training


Das Ganze geschieht zudem unter einer neuen Führung. Randy Bernard bringt in seiner Eigenschaft als Marketingfachmann frischen Wind in die Formel-Szene. Neue Regeln, die wie am Qualifikationswochenende ein höchst spektakuläres und hochdramatisches Racing produzieren, tun ihr Übriges. Vieles bei den IndyCars ist also pünktlich zum Saisonhöhepunkt positiv.

Größtes Problem: Die TV-Quoten

Was auch Chip Ganassi nicht entging: "Mein persönliches Barometer ist der morgendliche Verkehr, wenn du zum Speedway fährst. Und heute gab es eine Menge Verkehr. Ich denke, wir haben den Fans am vergangenen Wochenende eine tolle Show geboten. Wir gehen die Dinge nun in einer neuen Art und Weise an. Es geht mit Sicherheit aufwärts."

Roger Penske

Roger Penske weiß: Bei den TV-Rechten liegt noch vieles im Argen Zoom

Das größte aktuelle Problem ist die TV-Situation. Auch darin sind sich Penske und Ganassi einig. "Das ist das Sorgenkind Nummer eins", sagte Penske. "Das muss besser werden. Das neue Qualifikationsformat am vergangenen Wochenende war sicher gut für uns. Aber wir müssen uns darüber hinaus noch andere Dinge genau ansehen."

An diesem Punkt kommt wieder die NASCAR ins Spiel. Zum Beispiel die dortige Regel der Double-File-Restarts, im Rahmen derer überrundete Fahrzeuge den Spitzenleuten nicht im Weg stehen. "Genau darüber haben wir heute und auch schon in der Fahrerbesprechung geredet", bestätigte Penske. "Das sind die Sachen, die sich die Serie genau ansehen muss." Was wohl geschehen wird, denn im Gegensatz zu Tony George zeigt der neue starke Mann Bernard bislang keinerlei Berührungsängste in Sachen NASCAR.

Warum nicht von der NASCAR abkupfern?

Penske gefällt das sehr gut. "Ich hatte nie ein schlechtes Gefühl dabei, wenn ich die Ideen eines Siegers kopierte", gestand der super erfolgreiche Konzernboss. "Natürlich gibt es in der NASCAR sehr gute Ideen. Es gibt viele Dinge, mit denen wir unsere Show verbessern können."

Chip Ganassi

Auch Chip Ganassi hat nichts gegen eine kleine NASCAR-Orientierung Zoom

Damit lief er bei Ganassi offene Türen ein: "Der Dritte muss direkt hinter dem Vierten starten. Da dürfen nicht sechs Überrundete dazwischen liegen. Außerdem sollten die Leute in der Lage sein, die Regeln ganz schnell zu verstehen. Aber gleichzeitig muss es Schritt für Schritt gehen. Diese Schritte machen wir und wir haben nun ein Management, das diese Schritte auch im richtigen Tempo weitergehen kann."

Ein zweites großes und äußerst widersprüchlich diskutiertes Thema ist das neue Chassis. Das liegt in erster Linie am Delta-Wing-Projekt, das quer über den Globus für jede Menge Aufregung sorgte. Dass Chip Ganassi einer der Initiatoren war, ist kein Geheimnis. Neu in Indianapolis war, dass sich auch Roger Penske als absoluter Delta-Wing-Sympathisant outete.

Delta-Wing-Fan Penske

"Wechsel sind immer gut", so Penske. "Das wirbelt das Feld durcheinander. Aber wir müssen auf die Kosten aufpassen. Ich habe das Delta-Wing-Project von Beginn an verfolgt und bin ein Fan. Ich möchte, dass ein solches Auto gebaut wird, aber wir brauchen dazu noch Budget. Bringt es auf die Rennstrecke und lasst es die Leute sehen."

Delta Wing Project

Hochkontrovers und viel diskutiert: Das neue Delta-Wing-Chassis Zoom

Was aber nicht gleichbedeutend mit einer Monopolstellung sein muss. "Ich würde liebend gerne mehrere Chassis-Lieferanten sehen. Aber dabei muss es um den Preis gehen. Jeder muss sich ein Chassis leisten können und das muss das oberste Ziel sein. Egal ob Chip oder ich daher kommen oder ein Neuling einsteigen will."

In Sachen Motorenformel möchte sich Penske eher den europäischen Vorgaben anschließen. "International gesehen gibt es ein starkes Interesse an Vier-Zylinder-Motoren, die in der Formel 1, in der DTM oder im Rallye-Sport benutzt werden können. Vielleicht sollten wir uns ein Derivat davon holen." Auf diese Weise würden die IndyCar plötzlich auch für andere prominente ausländische Motorenhersteller attraktiv.

Der Wendepunkt ist da

Doch hinter all diesen Entwicklungen steht eine grundsätzliche und neue Tendenz. "Vor allem freut mich, dass wir uns mit den Entscheidungen Zeit lassen. Jedem wird zugehört. Es ist nicht so, dass wir Entscheidungen im Hinterzimmer fällen, für die dann alleine die Teambesitzer bezahlen müssen. Wenn es Änderungen gibt, dann lasst uns solche Änderungen machen, die den Fans zeigen, dass wir etwas Neues auf Lager haben, was den Teams wirtschaftlich weiterhilft."

Randy Bernard IndyCar-Chef

Der neue IndyCar-Chef Randy Bernard ist eine wichtige Figur in diesem Puzzle Zoom

Denn eines ist auch klar: Noch sind die IndyCars nicht endgültig über den Berg. Aber die Indizienkette ist absolut positiv. "Uns steht ein massiver Wendepunkt bevor", ist sich Penske sicher. "Alleine die Tatsache, dass wir in schwierigen Zeiten so viele Autos sehen, zeigt ganz klar, dass es hier bei uns einige Stärken geben muss."

Es weht also ein frischer Wind in den USA. Während die NASCAR - wohlgemerkt auf sehr hohem Niveau - stagniert, machen die IndyCars auf breiter Front zunehmend mobil. Und wie das Beispiel Chip Ganassi und Roger Penske verdeutlicht, herrscht zudem große Einigkeit auch unter den maßgeblichen Konkurrenten. Das war in der Vergangenheit bei weitem nicht immer so.