• 16.08.2013 09:30

  • von Pete Fink

Luhr über seine IndyCar-Premiere: "Nicht damit gerechnet"

Trotz technischer Probleme zieht Lucas Luhr gegenüber 'Motorsport-Total.com' ein positives Testfazit: Über sein Debüt, das Fisher-Team und den Traum vom Indy 500

(Motorsport-Total.com) - Die erste Etappe ist geschafft. Lucas Luhr ist mit seiner IndyCar-Premiere von Sonoma zufrieden. Trotz einer zeitlichen Verzögerung aufgrund eines technischen Defekts zog der 34-Jährige ein positives erstes Fazit. "Leider konnten wir weniger fahren als gedacht, insgesamt waren es nur zehn Runden", bilanziert der gebürtige Mülheimer gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Es ist ja 15 Jahre her, dass ich in einem Formel-Auto gesessen bin, aber ich konnte mich schnell eingewöhnen. Auch das Team hat mich sehr gut aufgenommen." Einige kleinere Dinge am Auto will Luhr in den kommenden Tagen noch verändern, "dann kann ich auch bequem sitzen."

Titel-Bild zur News: Lucas Luhr

Lucas Luhr drehte in Sonoma seine ersten IndyCar-Testrunden Zoom

Aber "grundsätzlich bin ich in meinen zehn Runden doch ziemlich schnell auf Speed gekommen." Es saß dabei genau in dem Auto, in dem er am 25. August in Sonoma fahren wird. Sein Teamkollege Josef Newgarden unterzog am Vormittag das Sarah-Fisher-Chassis einem Shakedown, wobei ein defekter Hauptbremszylinder Ärger machte. Dabei schliffen die Bremsbeläge an der Bremsscheibe, was zunächst die Hinterräder blockieren ließ und dann sogar in einem kleinen Feuer endete. "Das hat uns viel Zeit gekostet", weiß Luhr. Immerhin: Vor dem Beginn des Sonoma-Rennwochenendes steht noch ein weiterer Testtag am Mittwoch, den 21. August an.

Es ist ein echtes Abenteuer IndyCars, das sehr kurzfristig, und durch seine guten Beziehungen zu Honda zustande kam, für die er bekanntlich in der ALMS fährt. "Ich habe ihnen immer gesagt, dass ich gerne einmal ein IndyCar ausprobieren würde. Als Sarah Fisher dann ein zweites Auto einsetzen wollte, hat Honda sie unterstützt und sie haben sich an mich erinnert. Aber das dann alles so schnell geht, und vor allem gleich in einem Renneinsatz endet, daran habe ich nicht geglaubt. Ich habe - wenn überhaupt - irgendwann einmal mit einer Testmöglichkeit gerechnet."

Top 10 als Ziel

Auch sein ALMS-Teamchef Greg Pickett spielte mit. "Als der Deal mit Sarah klar war, musste ich natürlich auch Greg fragen, ob das alles okay ist. Greg war von Anfang an sehr hilfsbereit. Seine einzige Bedingung war es, in Sonoma mit auf dem Kommandostand zu stehen und einen Muscle-Milk-Aufkleber auf dem Auto zu haben." Pickett kokettiert bekanntlich mit einem IndyCar-Wechsel. "Mal sehen, wie es ihm gefällt", orakelt Luhr. Denn eines ist auch klar: Obwohl sich das aktuelle Projekt nur auf das Sonoma-Rennen bezieht, hätte der 34-Jährige nichts dagegen, auch weiterhin bei den IndyCars zu fahren. "Wenn es eine Möglichkeit gibt, dass ich ein oder von mir aus auch mehrere Jahre bei den IndyCars bleiben kann, dann wäre ich sofort dabei."

Die bekannte Größe ist dabei sein ALMS-Renningenieur Brandon Fry, der über einige IndyCar-Erfahrung verfügt. "Brandon war eine meiner Bedingungen. Die IndyCars haben am Rennwochenende ja ein ganz anderes Format, alles geht furchtbar schnell. Da wollte ich nicht in die Situation kommen, dass ich mit einem Ingenieur zusammenarbeite, den ich nicht kenne. Mit Brandon klappt es sehr gut, wir sprechen die gleiche Sprache und ich muss nicht alles groß erklären. Das erleichtert den Arbeitsprozess ungemein." Denn er weiß: "Das Ganze wird schwierig genug. Wir fahren ja gegen Jungs, die alle zwei Wochen in so einem Auto sitzen und ich bin der Neuling."

Lucas Luhr

Später Testbeginn: Lucas Luhr in seinem Fisher-Honda Zoom

So definiert sich auch sein Ziel für das Sonoma-Rennen: "Ich möchte einfach einen guten Job machen. Also auf jeden Fall zu Ende fahren und - wenn möglich - ein Top-10-Resultat holen. Wenn mir das gelingt, dann kann ich vor mir selber den Hut ziehen. Wenn dann sogar noch mehr drin ist, dann nehme ich das gerne mit." Luhr bleibt den ganzen Monat August in den USA und kehrt erst nach dem Baltimore-Wochenende Anfang September nach Deutschland zurück. Zeit genug, um sich noch intensiver mit dem neuen Umfeld vertraut zu machen.

Wohlfühlen im Fisher-Team

Zum Beispiel mit seinem erst 22-jährigen Teamkollegen, der sich in seiner zweiten IndyCar-Saison befindet. "Josef Newgarden ist ein netter Kerl", berichtet Luhr. "Aber er ist halt noch sehr jung und daher wenig erfahren. Autofahren kann er ganz sicher, aber vielleicht besitzt er noch nicht die Sicherheit, dem Team zu sagen, in welche Richtung es mit dem Auto gehen muss. Auch bei den IndyCars gibt es nur ein ganz kleines Fenster, in dem das Auto funktioniert. Das musst du treffen und ich hoffe, dass ich dem Team mit meiner Erfahrung weiterhelfen kann."

Auch auf seine Teamchefin Sarah Fisher hält er große Stücke: "Sarah ist eine coole und sehr nette Frau. In der IndyCar-Szene ist sie extrem beliebt, fast schon everybodys darling. Auch ihr neuer Shop in Indianapolis ist sehr beeindruckend. Es ist eine top organisierte Firma." So wird Luhr zum ersten deutschen Piloten seit Andreas Wirth Ende 2006, der am 25. August 2013 wieder einmal ein großes US-amerikanisches Formelrennen bestreiten wird. Und damit sozusagen zu einem echten IndyCar-Pionier.

Der Traum vom Indy 500

Denn: "Alle meine deutschen Vorgänger sind ja ChampCars gefahren. Insofern bin ich eigentlich der erste deutsche IndyCar-Pilot überhaupt. Sicher ist es so, dass es als deutscher Rennfahrer etwas besonderes ist, in einer Serie zu starten, in der deutsche Piloten für gewöhnlich nicht so stark vertreten sind. Das macht einen schon ein wenig stolz, aber das ist nicht der Grund, warum ich hier bin. Das ist eher ein schöner Nebeneffekt, der mich leider auch nicht schneller machen kann."

Nach seinem Debütrennen steht Luhr ein weiterer großer Traum noch bevor: Das Indy 500. In den Jahren 2005 und 2006 hatte er die Chance, dem "Greatest Spectacle in Racing" persönlich beizuwohnen. "Damals fuhr ich den Porsche RS Spyder für Roger Penske und er hat mich nach Indianapolis mitgenommen. Das war einfach unglaublich. Schon als kleiner Bub habe ich mit meiner Familie im Fernsehen immer das Indy 500 geschaut. Aber als ich dann selbst gesehen habe, wie die Kollegen mit 200 Meilen pro Stunde in Kurve 1 hinein donnern, dann war das absolut atemberaubend. Ich kenne nicht viel, was cooler ist." Vielleicht wird Sonoma zu einem ersten Schritt in diese Richtung.