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  • 18.09.2013 16:03

  • von Pete Fink

Kolumne: Was machen die IndyCars aus dem Montoya-Coup?

Die Rückholaktion von Roger Penske und ihre möglichen Auswirkungen: Pete Fink schreibt über das IndyCar-Comeback von Juan Pablo Montoya

Liebe IndyCar-Fans,

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoya wird ab 2014 wieder bei den IndyCars fahren

Juan Pablo Montoya war immer schon ein polarisierender Fahrer. Man mag ihn oder man mag ihn nicht, aber eines war immer klar: Egal, was der Kolumbianer - im positiven oder negativen Sinne - angestellt hat, er war immer gut für gute Geschichten. So zum Beispiel sein "Überholmanöver" gegen Michael Schumacher unter Gelb im Formel-1-Tunnel von Monaco oder sein spektakulärer Crash mit dem Jet-Dryer im Daytona 500 des Vorjahres.

Auf der anderen Seite ist unvergessen sein CART-Titelkampf 1999 gegen Dario Franchitti, den er in Fontana unter so tragischen Umständen für sich entschied. Damals verunglückte Greg Moore tödlich, Montoya reichte aufgrund seiner sieben Saisonsiege ein vierter Platz, weil der punktgleiche Franchitti mit zwei Runden Rückstand nur Zehnter wurde. Ein Jahr später dominierte Montoya das Indy 500 und holte dort den ersten großen Triumph für Chip Ganassi.

Genau diese beiden IndyCar-Jahre 1999 und 2000, in denen der junge Montoya mit den Messern zwischen den Zähnen fuhr, und sich gegen das Establishment um Al Unser Jr. oder Michael Andretti durchsetzte, ist nicht nur den US-amerikanischen IndyCar-Fans unvergessen. Es waren tolle Zeiten mit einem Paul Tracy, Gil de Ferran, Jimmy Vasser, Bryan Herta oder den aufstrebenden Tony Kanaan und Helio Castroneves, der bekanntlich später das Penske-Cockpit bekam, das eigentlich für Greg Moore reserviert war.

Klar: 2000 setzte Ganassi dann auf Toyota-Power, wobei man gegen die Übermacht von vor allem Honda und Ford eigentlich keine Chance hatte. Und wieder war es Montoya, der in Milwaukee, Michigan und Gateway wenigstens drei Saisonsiege holte. Das Indy 500 lief damals unter der Regie der Indy Racing League und für Montoya war es nach 167 Führungsrunden ein vergleichsweise einfacher Erfolg. Danach kam sein logischer Abgang zu Frank Williams in die Formel 1 und später die NASCAR.

Wie es nicht geht, ist bekannt ...

Nun ist er wieder dort, wo - ohne der damaligen Formel 3000 nahetreten zu wollen - sozusagen alles begann. Und dementsprechend groß war die Resonanz in den USA, denn Montoya wird im Team von Roger Penske von Beginn an in einem Siegerauto sitzen. Die große Frage ist nun, ob und in wie weit dieses Comeback auch den strauchelnden IndyCars nutzen kann? Oder anders formuliert: Wie können die IndyCars die Montoya-Rückkehr kommerziell ausschlachten?

Ryan Hunter-Reay

Ryan Hunter-Reay: Der IndyCar-Champion, den keiner kennt Zoom

Es ist keine Frage: Auch im aktuellen IndyCar-Feld fahren mit Sebastien Bourdais, Takuma Sato oder Justin Wilson drei ehemalige Formel-1-Piloten, von denen vor allem Bourdais mit seinen vier ChampCar-Titeln eine gewisse Insider-Reputation besitzt. Auch als im Vorjahr Rubens Barrichello einen IndyCar-Abstecher machte, interessierte das in den USA nur wenige. Lediglich in seinem Heimatland Brasilien gab es ein verstärktes Interesse.

Das ist im Fall Montoya völlig anders. Wenn der Bald-38-Jährige ab 2014 wieder IndyCars fahren wird, hat er über 250 NASCAR-Rennen bestritten. Sieben Jahre tummelte sich Montoya in der absoluten Top-Liga im US-amerikanischen Motorsport und ist seit vielen Jahren wieder der erste NASCAR-Pilot, der dauerhaft den Sprung zurück machen wird. A.J. Allmendinger testete dies bereits in der laufenden Saison an und fuhr auch ein starkes Indy 500, doch Allmendinger, Bourdais und Co. besitzen bei weitem nicht die öffentliche Wahrnehmung eines Montoyas.

Wie es nicht geht, bewiesen die IndyCars Ende 2012, als sie ihren ersten US-amerikanischen Champion seit Sam Hornish Jr. (2006) quasi versauern ließen. Anstelle die Werbetrommel massiv anzuschmeissen, wurde der Titelgewinn von Ryan Hunter-Reay kaum beachtet. So ist auch die Aussage von Ganassi-Rennchef Mike Hull zu verstehen, der die IndyCar-Offiziellen mehr oder weniger direkt ins Achtung stellte: "Es hat keinen Sinn, einen Montoya bei uns zu haben, wenn wir es nicht schaffen, dass er der Serie weiterhilft."

Der neue Bösewicht?

In einer Zeit, in der die IndyCar-Gelder so spärlich fließen, dass sich sogar (und wie peinlich ist das in der Außendarstellung?) ein Indy-500-Sieger wie Tony Kanaan auf Sponsorensuche machen muss, hat Penske ein deutliches Zeichen gesetzt. Im Gegensatz zu Michael Andretti engagierte der "Captain" Montoya sofort als er verfügbar war. Die Finanzen, die Sponsoren, das Budget, also das große Dauerproblem fast aller Teams - darum kümmern wir uns später. Wird schon schiefgehen.

Pete Fink Kolumne

Pete Fink und die Hoffnung auf eine positive IndyCar-Zukunft Zoom

Und dies ist genau das Geschmäckle, dass dieser Penske/Montoya-Coup nach außen dringen lässt: Erst der Sport, dann die Kohle. Oder anders formuliert: Zurück zu den glorreichen Zeiten der IndyCars? Ein jede Menge Selbstbewusstsein ausstrahlender Transfer, den sich - zugegeben - wahrscheinlich auch nur Roger Penske leisten kann. Und verbunden mit einer gewissen Brisanz, denn gleichzeitig stellt sich die Frage, ob sich Penske-Rivale und Montoya-Mentor Chip Ganassi dabei nicht in den Allerwertesten beissen wird.

Dies wiederum kann den IndyCar-Fans nur Recht sein, denn der temperamentvolle Südamerikaner Montoya wird seinem alten Kumpel sportlich ganz sicher genau dahin treten wollen. Das IndyCar-Racing, und das haben die beiden Jahre 2012 und 2013 bewiesen, ist derzeit extrem spektakulär. Nur findet es sozusagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Mit Montoya kommt nun einer, der das Potenzial zum neuen Serienbösewicht geradezu auf dem Silbertablett vor sich her trägt.

Die Andrettis gegen Bobby Rahal, Paul Tracy gegen Sebastien Bourdais, in den guten alten Zeiten der IndyCars gab es immer Rivalitäten, die die Massen an die Strecke und die TV-Bildschirme holten. Die große Frage ist, was nun passieren wird: Haben die IndyCars aus ihren Fehlern lernen können? Schaffen sie nun einen Turnaround in eine positivere Zukunft? Ich bin der Meinung: Roger Penske hat am Montag einen Anfang in genau diese Richtung gemacht.

Mit den besten Grüßen
Euer
Pete Fink