• 27.12.2010 13:27

  • von Pete Fink

Das Phänomen Franchitti

Drei IndyCar-Titel in den letzten vier Jahren: Wo genau liegt das Geheimnis der aktuellen Stärke von Dauerchampion Dario Franchitti?

(Motorsport-Total.com) - Dario Franchitti ist der aktuelle Dominator der IndyCars. Der Schotte holte in den Jahren 2007, 2009 und 2010 drei der letzten vier Titel. Rechnet man seinen erfolglosen NASCAR-Abstecher in der Saison 2008 ein, dann könnte man genauso gut argumentieren, dass Franchitti im Prinzip seit vier Jahren ungeschlagen ist. Eine stolze Statistik für einen nicht mehr ganz jungen Piloten.

Titel-Bild zur News: Dario Franchitti Ashley Judd

Dario Franchitti und Ashley Judd feiern den dritten Titel in vier Jahren

So sieht es auch sein Ganassi-Teamkollege Scott Dixon, der sich in Franchittis NASCAR-Abwesenheit den IndyCar-Titel 2008 sicherte. "Normalerweise sagt man, dass du als Rennfahrer mit Mitte 30 deinen Peak erlebst", weiß Dixon. "Dario geht schon auf die 40 zu. Er dehnt das Zeitfenster also ziemlich aus." Der IndyCar-Dauerchampion wird im Mai 2011 38 Jahre alt.

Dixon glaubt das Franchitti-Geheimnis zu kennen: "Die entscheidende Frage für Leute seines Alters ist, ob sie noch den absoluten Willen in sich spüren. Zum Beispiel den Willen, jeden Morgen aufzustehen und zu trainieren. Und bei Dario siehst du, dass dieses Feuer immer noch brennt. Er will den Wettbewerb, er stellt sich diesem Kampf. Und daher bin ich der Meinung, dass er genau jetzt seinen persönlichen Peak erlebt."

Demnach wäre Franchitti, der im Jahr 1997 (!) seine Debütsaison bei den ChampCars bestritt, der klassische Spätstarter. Der Schotte kann sich mit solch einer Ansicht nur bedingt zufrieden geben: "Zu Beginn meiner Karriere musste ich mich mit Leuten wie Alex Zanardi, Juan Pablo Montoya, Jimmy Vasser oder Michael Andretti messen. Mit ihnen habe ich schon um Siege kämpfen können. Aber ich habe es nie geschafft, dies über eine ganze Saison zusammenzubauen."

Seit 2007 ein Franchitti-Lauf

Ein wenig Pech war natürlich auch dabei. Wie etwa 1999, als er am Saisonende punktgleich mit Montoya war, den Titel aber verlor, weil er weniger Saisonrennen gewonnen hatte. In den Jahren 2000 und 2003 erlebte Franchitti dann zwei schwere Unfälle, die ihn in seiner Karriere jeweils weit zurückwarfen. "Das waren schwierige Zeiten", erinnert er sich. "Erst 2007 hat es dann Klick gemacht."

Dario Franchitti

Damals noch im Andretti-Team: Franchittis erster IndyCar-Titel im Jahr 2007 Zoom

"Man darf eines nicht vergessen: Zu Saisonbeginn 2007 hatte ich noch keinen Titel geholt und noch kein Indy 500 gewonnen. Jetzt habe ich drei Meisterschaften und zwei Siege beim Indy 500. Darauf kann ich sehr stolz sein". Er glaubt: "Wenn du einmal etwas gewonnen hast, dann weißt du, wie es funktioniert. Und auf dieses Wissen kannst du dich dann immer stützen."

Vor allem dann, wenn eine Titelverteidigung alles andere als einfach war. Wie 2010. "Aus welchen Gründen auch immer hatten wir in diesem Jahr keinen Vorteil in Sachen Speed", analysiert der Schotte. "Im Gegenteil. Teilweise mussten wir richtig kämpfen, um überhaupt in den Top 5 zu stehen. Wenn dann doch noch eine Meisterschaft herausspringt, dann ist dies umso befriedigender."

Franchitti ist kein Showmann

Allerdings machte das Franchitti-Team auch so gut wie keine Fehler. Lediglich ein verkorkstes Setup in Long Beach (12.) und ein Getriebedefekt in Iowa (18.) stehen auf der Minusseite. "In Iowa haben wir eine Menge Punkte verloren", erinnert er sich an das Short-Track-Rennen Mitte Juni. "Aber danach haben wir Kampfgeist gezeigt." Wohl wahr: In allen acht folgenden Saisonrennen fuhr Franchitti in die Top 5, zweimal (Mid Ohio und Chicagoland) gewann er.

Dario Franchitti

Der Meistermacher und sein bestes Pferd: Chip Ganassi und Dario Franchitti Zoom

Für Meistermacher Chip Ganassi keine Überraschung: "Dario ist kein Showmann, wie es ein Alex Zanardi war. Ihm wird auch nicht nachgesagt, einfach nur sauschnell zu sein, wie es im Fall Montoya war. Er ist einer der Piloten, die dann zur Stelle sind, wenn es wichtig wird. Für ihn gilt das Prinzip: Wenn du Rennen gewinnen möchtest, dann musst du zunächst die Zielflagge sehen. Er sieht mit einem Auge das Rennergebnis und mit dem anderen Auge hat er gleichzeitig den Blick für die Meisterschaft."

Was übrigens auch für die anstehende Saison 2011 gilt. "Klar brauche ich im Winter ein paar Wochen Urlaub", erklärt der Champion. "Aber danach wird es sofort wieder losgehen. Darauf freue ich mich schon jetzt. Ich liebe einfach das, was ich tue. Wir werden uns mit dem ganzen Team zusammensetzen und sehen, in welchen Bereichen wir uns verbessern können. Und eines weiß ich auch: Es wird schneller wieder losgehen, als wir denken."