• 07.01.2011 12:42

  • von Karl Wendlinger

Wendlinger-Kolumne: Die Gründe für das "Seuchenjahr"

Karl Wendlinger berichtet in seiner neuesten Kolumne über die abgelaufene Saison in der GT1-WM: Nissan-Phänomene und der Sauber von 1993

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Karl Wendlinger

Ich schaue nach vorne: 2011 möchte ich erneut in der GT1-WM antreten

ich wünsche euch allen ein schönes neues Jahr! Ich hoffe, dass 2011 ein erfolgreiches Jahr für uns alle wird - mit Gesundheit, Glück und Erfolgen. Ich selbst beziehe mich bei diesen Wünschen mal mit ein, denn ich habe nach dem Seuchenjahr 2010 mal wieder eine Portion Glück und Grip verdient. Die abgelaufene Saison hat mir nicht gerade viele freudige Momente beschert.

Ich möchte euch nun einmal erklären, warum ihr in den Ergebnislisten 2010 oft weit nach unten schauen musstet, um meinen Namen zu finden. Unser mäßiges Abschneiden hatte einige nachvollziehbare Gründe. Zum einen ist da die Einstufung der Autos. Unser Nissan war eines der wenigen Fahrzeuge, das nach dem neuen FIA-GT1-Reglement aufgebaut ist. Diese Autos - wie auch der Ford - sollten die Grundlage für die neue Meisterschaft bilden.

Als Konsequenz bedeutete dies, dass die "alten" FIA-GT-Autos eingebremst werden mussten. Das hat man im Rahmen der sogenannten "Balance of Performance" auch versucht, allerdings ist dies nicht ganz gelungen. Es stellte sich nämlich heraus, dass einige ältere Fahrzeuge noch ganz schöne Entwicklungsreserven hatten. Es war 2010 bestimmt kein Nachteil, in einem betagten Maserati oder Aston Martin zu sitzen.

Henri Moser, Karl Wendlinger

Freud' und Leid lagen eng beisammen: Manchmal schnell, manchmal nicht... Zoom

Auf der einen Seite hatten wir durch unseren neuen Nissan GT-R sicherlich nicht den erhofften Vorteil. Der Wagen ist gut - gar keine Frage. Aber wir hatten das Problem, dass unser Auto längst nicht so ausgereift war wie viele andere. Die Jungs von Sumo-Power haben es oft besser hinbekommen. Auch das hatte einen Grund: Die sind das offizielle Entwicklungsteam, haben viel mehr Tests absolviert. Michael Krumm kannte den Nissan schon vor dem Start ins Jahr wie aus dem Effeff.

Wir hingegen mussten uns erst langsam in dieses Auto hineinarbeiten. Das galt nicht nur für uns Fahrer, sondern auch für die Techniker um Othmar Welti. Wir haben alles versucht, aber im Rahmen von Rennwochenenden ist es halt sehr schwierig, einen Entwicklungs- und Kenntnisrückstand irgendwie wettzumachen. Ein zusätzliches Problem stellte dann auch noch das Reglement der GT1-WM dar.

Wir hatten pro Rennwochenende gerade einmal vier Sätze Reifen zur Verfügung. Da musste man sparen, konnte nicht in allen Sessions unendlich Testrunden auf der Strecke abspulen. Das hat sich in der Saison deutlich gezeigt: Wer zu viele Reifen für Training und Qualifying investiert, der hat im Qualifikationrennen und im anschließenden WM-Lauf kaum eine Chance.

Uns blieben also nur wenige Gelegenheiten, die Setupmöglichkeiten des Nissans mal durchzuprobieren. Der Wagen hat zweifellos Potenzial. Manchmal konnten wir es ansatzweise ausschöpfen, dann auch wieder nicht. Mich hat das alles sehr an die Formel-1-Saison 1993 erinnert. Damals gab es mit dem Sauber ähnliche Phänomene.

Wenn ich damals mit dem Sauber C12 durch ein Rennwochenende ging, gab es auch immer wieder Überraschungen. Oft war es so, dass ich im ersten Training auf "grüner" Strecke richtig gut dabei war, wenige Stunden später ging dann aber plötzlich gar nichts mehr. Das lag an der Sonne, an höheren Temperaturen. Der Wagen reagierte äußerst empfindlich auf kleinste Änderungen der Bedingungen.

Karl Wendlinger

Gemeinsam mit dem SRT-Rennstall hatte ich 2010 einen recht schweren Stand Zoom

Mit unserem Nissan war es in diesem Jahr genau das gleiche. Manchmal konnte ich im Training Topzeiten fahren, in der nächsten Session ging nichts mehr - ohne irgendetwas verändert zu haben. In diese Feinheiten muss man sich mühevoll hineinarbeiten. Dafür braucht man allerdings Zeit - entweder beim Test, oder eben in den Trainings. Diese Zeit hatten wir nicht.

Was dem GT-R fehlt, ist einfach nur Abtrieb. Mit etwas mehr Downforce wird der Wagen längst nicht mehr so allergisch auf kleine Veränderungen reagieren. Ich gehe fest davon aus, dass Nissan in diesem Bereich nachlegen wird. Dann darf man sich auf konstant bessere Leistungen freuen. Ob auch ich 2011 wieder im gleichen Fahrzeug sitzen werde, steht noch nicht ganz fest.

Ich werde sehr sicher eine weitere Saison in der GT1-WM fahren. Es ist halt noch nichts unterschrieben, aber ich bin guter Dinge, dass wir ein gutes Programm für dieses Jahr auf die Beine stellen werden. Ich will das Jahr 2010 schnell vergessen und 2011 wieder zu alter Stärke zurückfinden. Keine Frage, auch ich habe im vergangenen Jahr nicht alles richtig gemacht. Jetzt möchte ich die Chance nutzen, um das Bild wieder gerade zu rücken.

Körperlich bereite ich mich schon jetzt auf die kommenden Aufgaben vor. Ich sitze daheim viel auf dem Rad und strampele mich fit. Ich will 2011 wieder voll angreifen, damit ihr meinen Namen wieder oben auf den Ergebnislisten entdecken könnt. Sehen werdet ihr mich bestimmt auch wieder daheim auf dem Bildschirm, denn in diesem Jahr werde ich voraussichtlich nebenbei noch mehr für das österreichische Fernsehen arbeiten.

Kommt gut in das neue Jahr,

Karl Wendlinger

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