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  • 06.05.2009 11:28

  • von Michael Noir Trawniczek

Zuber: Entweder GP2, Formel 1 oder die IRL

Andreas Zuber sprach im Interview über die neue GP2-Saison, seine Ziele mit Fisichella Motorsports und wohin ihn sein Rennfahrerweg bringen könnte

(Motorsport-Total.com) - Andreas Zuber hatte bereits einen Fuß in der Formel 1-Türe, er konnte im Winter 2007/2008 zwei volle Tage im Honda F1-Team testen. 2009 fährt er seine vierte Saison in der kleinen Formel 1, der GP2-Serie. Im Interview sprach Zuber über Sparmaßnahmen, die neue Formel 1 und die zunächst schwierige Saison im Fisichella Motorsports Team, das er, so sagt er, erst nach vorne bringen muss.

Titel-Bild zur News: Andreas Zuber

Routinier Andreas Zuber geht 2009 in seine vierte GP2-Saison

Frage: "Die Finanzkrise hat sich auch in der GP2-Serie bemerkbar gemacht, auch dort gibt es in diesem Jahr Sparmaßnahmen, nicht wahr?"
Andreas Zuber: "Genau. Das betrifft mehr oder weniger ohnehin die ganze Welt. Neben der Formel 1 leidet natürlich auch die GP2. Und auch meine Sponsoren - Dominator beispielsweise verkauft weniger Schiffe. Und je weniger Schiffe die Firma verkauft, desto weniger Umsatz macht sie, und desto weniger Werbebudget steht dann zur Verfügung. Eine Kettenreaktion, natürlich muss man dann Einsparungen vornehmen. Was die GP2-Organistoren gemacht haben und auch die Fahrer vornehmen müssen."#w1#

Frage: "Nur wo spart man da? Ich nehme einmal an, du wirst weiterhin vier Reifen bekommen und das Auto wird weiterhin perfekt vorbereitet sein?"
Zuber: "Um es den Teams zu erleichtern und damit die Fahrer weniger Sponsorengelder mitbringen müssen, wurde eine Personalreduktion vorgenommen. Der letzte Stand sind elf statt 13 Leute pro Team und Rennwochenende. Die Testfahrten mitten in der Saison sind weg."

"Es gibt auch gewisse technische Regeln, die eingehalten werden müssen, damit weniger Kosten entstehen. Der Seven Post Rig, mit dem das Team das Setup testen konnte, wurde verboten. Die Arbeit im Windtunnel wurde verboten. Das hilft den Teams weiter, denn es ist ja für alle gleich - und im Endeffekt hat der Fahrer dann weniger Budget mitzubringen."

Saisonauftakt wird schwierig

Frage: "In wie weit trifft dich das Verbot des Seven Post Rigs? Diese Tests wurden von den Technikern vorgenommen oder?"
Zuber: "Ja, das hat das Team erledigt. Bevor sie zur Rennstrecke gefahren sind, haben sie das Setup auf dem Seven Post Rig getestet und gewisse Daten erstellt. Damit gehst du dann auf die Teststrecke und testest, ob das in Wirklichkeit auch so funktioniert."

Andreas Zuber

In Barcelona beginnt am Wochenende für Andi Zuber die GP2-Saison Zoom

Frage: "Jetzt wird man also die Vorjahrseinstellung nehmen, oder?"
Zuber: "Ja, für mich ist das natürlich blöd. Fisichella Motorsports ist für mich ein neues Team, sie waren im Vorjahr eigentlich nie wirklich vorne dabei. Ich will jetzt natürlich das Auto mit vollem Elan weiterentwickeln, um es an die Spitze zu bringen. Wenn es geht, natürlich so früh wie möglich. Aber das wird sich wegen des Verbots des Seven Post Rigs und des Windkanals verzögern."

"Wir mussten alles beim Testen ausprobieren - alle verschiedenen Möglichkeiten, selbst wenn es absurde Möglichkeiten waren. Weil wir einfach das Auto radikal weiterentwickeln müssen. Wir hatten aber nur drei Tage Paul Ricard und zwei Tage Barcelona. Das war viel zu wenig."

"Wir hatten in Barcelona Probleme - es geht jetzt beim Saisonauftakt in Barcelona nicht wirklich um Schadensbegrenzung, aber es geht darum, das Beste daraus zu machen. Wir müssen die Dinge, die wir beim Testen gelernt haben, so gut wie möglich umsetzen."

Neues Auto und das Setup

Frage: "Kann man sich das so vorstellen, dass der Pilot von Piquet Sports, wo du ja im Vorjahr gefahren bist, mit deinem Vorjahrs-Setup fährt, während du jene des Fisichella-Piloten aus dem Vorjahr übernehmen musst?"
Zuber: "Genau, mehr oder weniger ist das so. Der Pastor Maldonado und ich haben das Piquet-Team nach vorne gebracht, die haben jetzt natürlich eine sehr gute Basis. Gewisse Teams wie ART oder iSport sind sowieso schnell, die haben ohnehin ein gutes Basis-Setup. Fisichella Motorsports muss das Auto erst nach vorne bringen - und wir sind anhand der neuen Regeln eingeschränkt."

Andreas Zuber

Andi Zuber in seinem neuen Arbeitsgerät von Fisichella Motorsports Zoom

"Aber ich bin zuversichtlich, dass ich mit dem Auto nach vorne kommen kann. Ich habe einen guten Teamkollegen, den Luiz Razia, der hat zuletzt in Bahrain in der GP2 Asia gewonnen, allerdings in einem anderen Team. Er hatte bei FSM auch Probleme mit dem Setup - das erste Rennen wird für uns beide ziemlich hart, aber danach wird es besser laufen."

Frage: "Du weißt deine Setup-Einstellungen aus dem Vorjahr nicht auswendig, nehme ich an?"
Zuber: "Du musst bedenken, dass die Aerodynamik und die Mechanik zusammen eine gewisse Rolle spielen. Natürlich weiß ich die Aerodynamik-Einstellungen, von allen GP2-Tests, die ich bisher gefahren bin. Es ist aber auch nicht so wichtig, was ich im letzten Jahr gefahren bin, da es ein neues Auto ist."

"Was die mechanischen Einstellungen betrifft, weiß ich zu 50 Prozent was ich gefahren bin - aber was beispielsweise das Innenleben von Dämpfern anbelangt, da musst du ein Ingenieur sein. Sonst wäre ja gleich der Fahrer der Ingenieur. Das sind Dinge, die du als Fahrer nebenbei mitbekommst, aber nur schwer verstehen kannst."

Mehr Power in der GP2

Frage: "Was schätzt du - wie viele Parameter gibt es da zum Einstellen an einem GP2-Auto?"
Zuber: "Das ist schwer zu sagen. Es gibt Änderungen, die du auf der Rennstrecke vornehmen kannst. Aerodynamik, Flügel vorne und hinten, Dämpfer mit Low Speed oder High Speed, Rebound kannst du ändern, Stabilisatoren vorne und hinten, weicher und härter. Das ist dann schon das Fein-Setup am Rennwochenende - ein Plus hier, ein Minus da. Wenn du eine gute Basis hast, brauchst du nur in diesem Bereich herum experimentieren."

Andreas Zuber

Die GP2-Boliden haben in der neuen Saison bis zu 20 PS mehr Power Zoom

"Wenn du aber von der Basis zu weit weg bist, musst du natürlich größere Schritte gehen. Und das kann auch ab und zu in die Hose gehen (lacht; Anm. d. Red.) Qualifying und Renn-Setup sind dann wieder komplett verschieden, das darf man auch nicht vergessen. Da gibt es so viele Einstellungsmöglichkeiten, die man als Fahrer einfach nicht hundertprozentig verstehen kann."

Frage: "Du sagst ja auch nicht: 'Verstellt das und das so und so', sondern du sagst: 'Das Auto macht dort das und hier jenes' - oder?"
Zuber: "Genau, so sieht es aus. Die Aufgabe des Fahrers ist es, das Fahrverhalten des Autos bestmöglich zu erklären. Und es ist eine Kunst, das richtig zu erklären. Das ist sehr schwer, obwohl es einfach klingt. Dann ist es natürlich die Aufgabe des Ingenieurs, dass er das richtig interpretiert."

Frage: "In der World Series by Renault hat man die Autos gestrippt, keine Zusatzflügel mehr, um Formel 1-ähnlicher zu sein - gab es in der GP2 ähnliche Maßnahmen?"
Zuber: "Nein, die Aerodynamik und auch die Mechanik sind komplett gleich wie im letzten Jahr. Die Motoren sind anders, etwas leichter, ein bisschen mehr in Richtung Formel 1. Es sollte um 15 bis 20 PS mehr Power geben."

Kein Interesse an der Politik

Frage: "Was ist dein Ziel in dieser schwierigen Saison?"
Zuber: "Das ist schwer zu sagen, ich weiß nicht, wo wir von der Performance her liegen. Je früher wir die Topteams einholen, desto mehr kann ich dann im Hinblick auf das gesamte Jahr sagen. Für mich ist es wichtig, dass wir das Auto nach vorne bringen, dass unser Team ein paar Erfolgserlebnisse hat, dann geht das alles automatisch."

Andreas Zuber

Andreas Zuber will sich tunlichst aus allen politischen Spielen heraushalten Zoom

Frage: "Ich habe im Winter mit Gerhard Berger gesprochen und ihn gefragt: 'Welchen Österreicher siehst du künftig in der Formel 1?' Er antwortete: 'Derzeit sehe ich niemand.' Dann habe ich gefragt: 'Was ist mit dem Andi Zuber?' Und er sagte: 'Der muss jetzt mal die GP2 gewinnen.' Was sagst du dazu?"
Zuber: "(lacht; Anm. d. Red.) Da hat er natürlich Recht. Es ist natürlich wichtig, dass ich in der GP2-Serie so weit wie möglich vorne bin. Das ist ganz normal - die GP2-Serie muss man gewinnen, damit man in die Formel 1 kommt. Manchmal reichen auch die Top 3, um in die Formel 1 zu kommen. Aber da ist so viel Politik im Spiel - es kamen Leute in die Formel 1, die in der GP2 nicht einmal in den Top 6 waren. Andererseits ist der GP2-Meister des Vorjahrs, Giorgio Pantano, nicht in die Formel 1 aufgestiegen. Das sind alles nur politische Spielchen."

Frage: "Bei Pantano sagt man ja, er sei schon zu lange in der GP2 gewesen - er war glaube ich fünf Jahre in der GP2. Bei dir ist es das vierte Jahr - hast du nicht die Angst, dass man das bei dir auch sagen könnte? Auch wenn du zum Beispiel Meister werden solltest?"
Zuber: "Das sind Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Ich konzentriere mich voll und ganz auf die GP2 - die GP2 ist derzeit meine Formel 1. Ich probiere natürlich, so weit wie möglich vorzukommen, auch in die Formel 1 - das ist klar. Das werde ich auch niemals aufgeben. Aber ich muss mich jetzt auf die GP2 konzentrieren, ich habe da ein ganzes Team hinter mir."

"Die vertrauen mir, da kann ich im Kopf nicht an die Formel 1 und ihre politischen Spielchen denken. Ich möchte meine Mannschaft nicht enttäuschen und das Auto so weit wie möglich nach vorne bringen, so wie ich das im letzten Jahr bei Piquet Sports getan habe. Ich habe in diesem Jahr einen sehr guten Vertrag bekommen, weil ich in der GP2 schon ein erfahrener Pilot bin."

Zanarini und Raniero

Frage: "Verdienst du Geld mit dem Fahren? Kann man das sagen?"
Zuber: "Wenn ich kein Geld verdienen würde, dann würde ich verhungern."

Enrico Zanarini und Giancarlo Fisichella

Zuber-Manger und GP2-Teambesitzer: Enrico Zanarini und Giancarlo Fisichella Zoom

Frage: "Du hast mit Enrico Zanarini einen Manager, der über Beziehungen verfügt."
Zuber: "Ja, er ist auch der Manager von Giancarlo Fisichella und hat auch den Eddie Irvine gemanagt, den Max Biaggi und viele andere Piloten. Er hilft mir weiter, damit ich mich hundertprozentig aufs Fahren konzentrieren kann. Die ganzen politischen Dinge, die ich in den letzten Jahren erlebt habe, die interessieren mich eigentlich überhaupt nicht."

Frage: "Mit Erwin Göllner arbeitest du nicht mehr zusammen?"
Zuber: "Ja, aber das ist eine andere Geschichte. Ich habe finanziell wilde Einschränkungen bekommen, von meinen Sponsoren und da ist sich das in diesem Jahr nicht mehr ausgegangen, leider. Jetzt habe ich einen neuen Trainer - Raniero hat im Vorjahr den Sebastian Vettel trainiert und 2009 trainiert er bei Toro Rosso den Buemi und den Bourdais."

Frage: "Hört sich gut an - so kann man ja vielleicht auch wieder in die Formel 1 gelangen?"
Zuber: "Natürlich - einen professionellen Trainer brauchst du. Obwohl ich dazusagen muss, dass der Erwin einer der Besten ist, das steht außer Zweifel. Die anderen sind aber auch gut. Raniero ist auch gut, weil er eben auch Erfahrungen mit Formel 1-Piloten hat, er steht dem Erwin nicht so viel nach. Natürlich hat er auch Kontakte in die Formel 1, aber die größeren Kontakte hat natürlich mein Manager."

"Enrico hat nicht nur Kontakte in die Formel 1, sondern zu vielen Rennserien - DTM, FIA GT und so weiter. Auch nach Amerika - der ist schon 20 oder 30 Jahre im Motorsport tätig, davon 16 Jahre in der Formel 1. Na ja, mal schauen. ich möchte das Auto 2009 so weit wie möglich nach vorne bringen. Ein jeder weiß, wenn ein FMS-Auto in diesem Jahr vorne mitfährt, ist das auch mein Verdienst. Darauf baue ich jetzt - und dann sehen wir, wie es läuft."

Freude über die neue Formel 1

Frage: "Was sagst du zur neuen Formel 1? Am Wochenende in Barcelona wird man endgültig sehen, ob man mit den neuen Boliden leichter überholen kann. Wie schätzt du das ein?"
Zuber: "Dirty Air gibt es immer, sogar bei einem Straßenauto. In der Formel 1 wurde aber die Aerodynamik reduziert und zugleich wurden Slicks eingeführt - so kann man viel leichter hinterher fahren, im Windschatten, auch in schnellen Kurven. Das ist logisch, weil der mechanische Grip besser ist und die Aerodynamik reduziert wurde."

Jenson Button

Andi Zuber drückt Jenson Button und dem Brawn-Team die Daumen Zoom

"Ich bin ein riesiger Fan der heurigen Formel 1 - auch weil das Feld durcheinander gewürfelt wurde. Ich finde es einfach schön, wenn andere Leute vorne mitfahren und gewinnen. Speziell das Brawn-Team ist sensationell, weil sie wirklich ein perfektes Auto hingestellt haben. Jetzt müssen sie nur aufpassen - denn die anderen schlafen ja auch nicht - damit sie nicht eingeholt werden und der Jenson die Meisterschaft nach Hause fahren kann. Das wäre natürlich genial, sag ich mal. Ich merke das auch, weil meine ganzen Freunde, die Kollegen und die Fans in diesem Jahr die Formel 1 viel mehr genießen."

Frage: "Es gibt in der Formel 1 ein Testverbot in der laufenden Saison, aber es gibt diese Juniortage, wo die F1-Teams mit jungen Piloten, die noch nicht in der F1 fuhren, testen dürfen. Nach deinem Test mit Honda stellt sich die Frage: Zählst du noch zu diesen Juniorpiloten?"
Zuber: "Da müsste ich mich jetzt genau erkundigen, das weiß ich nicht hundertprozentig. Da ich schon zwei komplette Formel 1-Testtage hinter mir habe. Aber normalerweise müsste ich schon berechtigt sein, doch das regelt alles mein Manager. Es sind zwei Testtage für junge Piloten im Reglement verankert. Ich hoffe natürlich, dass ich da auch dabei sein kann."

Frage: "2009 wird auch die Formel 2 ein Comeback geben- das war, so nehme ich an, keine Option für dich? Weil die Autos deutlich schwächer als in der GP2 sind - oder?
Zuber: "Ja, die Formel 2 ist eine umgebaute Formel 3, würde ich sagen - das war keine Option für mich. Natürlich sind da ziemlich starke Fahrer dabei, das Feld ist ziemlich gut besetzt. Aber für mich war das überhaupt kein Thema. Die GP2 ist für mich der Brotgeber - da kenne ich das Auto, da kenne ich die Strecken und die Teams."

"Ich bin ein riesiger GP2-Freund - deshalb würde ich auch nie etwas anderes machen, was vom Niveau unter der GP2 angelagert ist. Das würden auch meine Sponsoren nicht wollen, weil da der Werbewert viel geringer ist. Im Endeffekt gibt es für mich nur mehr GP2, Formel 1 oder eben in Amerika die IRL."