Abt: "Sehe keinen Grund, negativ gestimmt zu sein"

Daniel Abt bleibt trotz der ausbleibenden Erfolge guter Dinge und ist sicher, dass seine Pechsträhne enden wird: "Es kommt der Tag, an dem wir alle am Lachen sind"

(Motorsport-Total.com) - Große Hoffnungen legte Daniel Abt in die Zusammenarbeit mit dem Hilmer-Team. Bei den GP2-Testfahrten glänzte der Deutsche sogar mit Bestzeiten und sah wie ein Kandidat für vordere Platzierungen aus. Doch die Realität sieht nach drei Rennwochenenden anders aus. Rang drei in der Qualifikation zum Saisonauftakt in Bahrain folgten reihenweise Enttäuschungen. Zuletzt in Monaco wurde Abt unverschuldet aus dem Rennen genommen, sodass das Punktekonto weiter bei null steht - noch weniger als bei ART in der vergangenen Saison. Wie Abt mit den Rückschlägen umgeht, und warum er dennoch voller Zuversicht auf die kommenden Rennen blickt, erzählt er im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Titel-Bild zur News: Daniel Abt

Daniel Abt kann der Saison trotz aller Rückschläge viel Positives abgewinnen Zoom

Frage: "Daniel, deine Saison begann mit null Punkten aus drei Rennwochenenden enttäuschend. Ist das für dich bislang eine Saison nach dem Motto: Was wäre wenn...?"
Daniel Abt: "Es ist natürlich nicht der Start, den wir uns erhofft haben. Das kann man ganz klar sagen. Null Punkte ist weit entfernt von dem, wie wir es uns vorgestellt haben. Ich denke, wir können trotzdem zuversichtlich sein, für das, was noch kommt - weil vieles nicht in unserer Hand lag und viele unglückliche Dinge dazugekommen sind. Im Gegensatz zum letzten Jahr ist es nicht so, dass wir den Speed nicht haben, uns fehlt einfach das nötige Glück."

Frage: "Was denkst du, wäre ohne das Pech bislang möglich gewesen?"
Abt: "Schon einiges! In Bahrain war ich schon am gesamten Wochenende einer der Schnellsten. Klar war es da mein Fehler (Abt steuerte beim Stopp die falsche Box an; Anm. d. Red.), aber da wäre mit Sicherheit ein Podium drin gewesen - auch in den anderen Rennen. Wenn mir in Barcelona keiner in der ersten Runde ins Auto fährt, dann bin ich auf der gleichen Strategie wie Cecotto - und der hat das Rennen gewonnen!"

"Klar, man kann es nie so genau sagen, aber unser Speed war immer gut, und im Rennen waren wir immer stark. Im Qualifying kamen auch ein oder zwei unglückliche Sachen dazu, wo uns ein technischer Defekt ein bisschen nach hinten wirft, aber ich denke, wir hätten immer noch gute Ergebnisse einfahren können, wenn wir es mal geschafft hätten, das Rennen zu beenden."

Frage: "Muss man sich nicht auch als Fahrer hinterfragen, ob man nicht in gewissen Situationen etwas hätte anders machen können - zum Beispiel im Zweikampfverhalten? Immerhin wurdest du zweimal hintereinander in Kollisionen verwickelt..."
Abt: "Klar schaut man sich die Szenen an, und ich nehme es auch auf meine Kappe, wenn ich einen Fehler mache und mit jemandem kollidiere. Aber bei den beiden Szenen in Barcelona und Monaco kann ich guten Gewissens sagen, dass ich nichts falsch gemacht habe. Man kann nicht beeinflussen, was die anderen machen. Klar kann man aufpassen, aber wenn in Barcelona zwei hinter einem kämpfen, viel zu spät bremsen und einem ins Auto knallen, dann gibt es nicht viel, was man machen kann."


Fotos: Daniel Abt, GP2-Serie in Monaco


"Es ist natürlich ärgerlich, dass es mich zweimal getroffen hat und dass es immer früh im Rennen ist - also zu einem Zeitpunkt, wo es meines Erachtens nach einfach unnötig ist. Aber das ist einfach generell das Problem: dass viele am Anfang eines Rennens unklug fahren. So ein Rennen ist mit seinen Boxenstopps durchaus lang, von daher finde ich es immer etwas schade, wenn es die Leute am Anfang übertreiben. Man kann zwar aufpassen, aber in Theorie kann einem in jedem Rennen einer ins Auto fahren, wenn es schlecht läuft."

Positive Stimmung bei Hilmer

Frage: "Hast du deine Herangehensweise an ein Rennen im Vergleich zum vielversprechenden Beginn geändert?"
Abt: "Nein, eigentlich nicht. Klar ist es so, dass die Stimmung nach einem Rennen wie in Monaco mal kurz in den Keller sackt. Aber wir sind im Team immer noch hochmotiviert. Wir wissen, dass wir in der Lage sind, gute Ergebnisse einzufahren. Es sind nur einige Rennen, von daher macht es ja keinen Sinn, sich jetzt irgendwie verrückt zu machen. Es kommen noch viele Strecken, die uns und dem Auto sicherlich liegen werden. Von dem her müssen wir einfach weiterschauen, dass wir an uns arbeiten und uns verbessern und von unserer Seite aus versuchen, so gut wie möglich dazustehen. Im Motorsport gibt es viele Dinge, die man nicht beeinflussen kann, aber das gehört dazu."

Frage: "Trotzdem sah die Zusammenarbeit mit Hilmer bislang sehr vielversprechend aus. Bist du mit dem Team in diesem Jahr zufriedener als bei ART?"
Abt: "Ja, absolut! Im vergangenen Jahr hatte ich zu diesem Zeitpunkt zwar zwei Pünktchen, aber ich bin zuversichtlich. Das Auto funktioniert gut, die Stimmung im Team ist gut und alle geben sich Mühe. Ich sehe jetzt keinen Grund, negativ gestimmt zu sein. Das war im letzten Jahr der große Unterschied: Wir waren einfach nie in der Lage, vom Speed her vorne mitzufahren. Das hat sich geändert. Ich hätte dem Team natürlich auch gerne bessere Ergebnisse eingefahren, aber ich bin mir sicher, dass das noch kommt!"

Daniel Abt

Bei seinem Hilmer-Team fühlt sich der Deutsche wohler als bei ART Zoom

Frage: "Die Stimmung im Team ist gut, obwohl weder du noch Facu Regalia bislang Punkte holen konntet?"
Abt: "Im Team sind erfahrene Leute. Die sind lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass so etwas im Motorsport passieren kann. Wichtig ist, dass man mit sich selbst im Reinen ist, und dass wir gut arbeiten und einfach auf uns schauen. Alles andere kann man nicht beeinflussen. Es kann kein Mechaniker oder Ingenieur etwas dafür, wenn mir jemand ins Auto fährt oder ich nicht an die richtige Box fahre. Wir hätten alle gerne mal Champagnergeruch in den Klamotten gehabt, aber wir sind alle motiviert und fokussiert, und ich glaube, es wäre schlimmer, wenn wir sehen würden, dass wir nicht konkurrenzfähig wären."

Top-Platzierung noch nicht abgeschrieben

Frage: "Wie kann man denn die Stimmung im Team beschreiben, wenn du wie in Monaco wieder einmal frühzeitig an die Box kommst?"
Abt: "Sie ist natürlich sehr betrübt. Das war jetzt das zweite Mal hintereinander, dass ein Hauptrennen frühzeitig beendet wird - und das zweite Mal, wo ich eigentlich nichts dafür kann. Klar ist es ein Scheißgefühl! Vor allem weiß man in Monaco, dass der Samstag auch schon gelaufen ist, wenn man Freitag nicht ins Ziel kommt. Solche Dinge erlebt man immer wieder, aber da muss man durch..."

Frage: "Wer muss dann von wem wieder aufgebaut werden?"
Abt: "Ich denke, wir bauen uns gegenseitig wieder auf! Wir sind kein Team, das den ganzen Tag am Trauern ist. Ändern kann man es sowieso nicht mehr. Wir sind alle alt und professionell genug, um zu wissen, wie man damit umgehen muss. Es kommt bestimmt wieder der Tag, an dem wir alle am Lachen sind!"

Frage: "Gibt es bei dir etwas Bestimmtes, was du tust, um solche Negativerlebnisse zu verarbeiten?"
Abt: "Nein. Man spricht darüber, aber ich bin nicht ewig lang deprimiert. Ich kann mit sowas relativ schnell abschließen. Man muss einfach nach vorne schauen, und darf sich nicht groß damit beschäftigen. Es waren jetzt drei Rennen, aber das Jahr ist noch lang. Ich sorge lieber dafür, dass die nächsten Rennen ordentlich ablaufen."

Frage: "Du sagst es: Das Jahr ist noch lang. Wie sehen deine Ziele für die weitere Saison aus?"
Abt: "Es ist immer noch alles möglich. An die Meisterschaft denken ist natürlich schwierig. Palmer ist auf einem Level, bei dem man sagen kann: Wenn der Lauf bei ihm weitergeht, dann holt er das Ding. Aber der Zweitplatzierte hat 50 Punkte. Es ist nicht so, dass es nicht erreichbar wäre. Das geht relativ schnell."

Daniel Abt, Facu Regalia

Bei Abt und seinem Teamkollegen Facu Regalia ist die Stimmung trotz allem prächtig Zoom

"Man kennt es aus den vergangenen Jahren. Es gibt immer eine gewisse Inkonstanz bei Fahrern. Das trifft auch die anderen mal mit schlechtem Glück. Von dem her ist unser Anspruch immer noch, in der Meisterschaft ganz vorne dabei zu sein. Aber jetzt muss man erst einmal die kleineren Ziele sehen. Wir brauchen erst einmal ein fehlerfreies Wochenende und ein gutes Ergebnis, dann wird sich das Blatt schon noch wenden."

Frage: "Waren die Ergebnisse bislang ein Dämpfer für deine Formel-1-Ambitionen? Wie sehr beschäftigst du dich aktuell mit der Königsklasse?"
Abt: "Im Moment denke ich überhaupt nicht daran. Ich habe immer gesagt: Es muss immer eins nach dem anderen passieren. Erst müssen Ergebnisse in der GP2 kommen, und dann kann man an das nächste denken. Im Moment ist es kein Thema, aber ich weiß genau, wie es in so einem Sport läuft. Ich weiß wie schnell sich da ein Blatt wenden kann und wie schnell man von 'hero to zero' oder andersrum kommen kann. Das geht im Motorsport relativ schnell. Von dem her konzentriere ich mich erst einmal auf den aktuellen Job, dann kommen die anderen Themen - oder eben nicht."