Di Grassi erklärt den Formel-E-Boliden

Energieeffizienz ist das Zauberwort: Lucas di Grassi erklärt die Besonderheiten des neuen Boliden der Formel E - Von Allwetter-Reifen bis Lenkradsteuerung

(Motorsport-Total.com) - Die Formel E und die Formel 1 trennen im Grunde nur ein Buchstabe (beziehungsweise Zahl), doch eigentlich unterscheiden sich die beiden Serien der FIA um Längen. Auf die sportlichen und organisatorischen Differenzen wurde in Vergangenheit schon häufiger eingegangen, doch auch technisch liegen zwischen einem Formel-1- und einem Formel-E-Boliden Welten. Zwar sehen sich beide in gewissem Maße ähnlich, doch unter der Haut verfolgt die neue Elektroserie der FIA ein völlig alternatives Konzept.

Titel-Bild zur News: Lucas di Grassi

Lucas di Grassi kennt den Formel-E-Boliden fast schon in- und auswendig Zoom

Dass im Spark SRT_01E ein Elektroantrieb die Arbeit verrichtet, dürfte mittlerweile schon den meisten bekannt sein, doch das ist nicht das einzige "Detail": Lucas di Grassi erklärt noch weitere Besonderheiten am neuen Boliden, der ab September in zehn Innenstädten auf der gesamten Welt unterwegs sein wird. Besser als der Brasilianer kennt den Wagen übrigens kein anderer Fahrer: Der ehemalige Formel-1-Pilot war schon zu Beginn an der Entwicklung beteiligt und konnte sogar eigene Wünsche einfließen lassen.

Im ersten Jahr wird der Bolide für alle zehn Teams Vorschrift sein, ab der zweiten Saison dürfen die Mannschaften eigene Rennwagen entwickeln. Doch der Anfang heißt SRT_01E: "Das Auto wurde so designt, dass es das aerodynamisch effizienteste Auto ist, das je gebaut wurde", fängt di Grassi mit der Erklärung an und deutet dafür auf die Frontflügel-Endplatten, die auch die Vorderräder mit bedecken. "Sie reduzieren den Luftwiderstand um zehn Prozent", betont er.

Reifen für jedes Wetter

Die Reifen selbst sollen übrigens auch Widerstand reduzieren, und zwar den berühmten Rollwiderstand. Dadurch soll so wenig Energie wie möglich abgegeben und so wenig Wärme wie möglich verschwendet werden - Effizienz an allen Ecken und Enden. Interessant ist dabei auch, dass die Pneus von Einheitshersteller Michelin für alle Eventualitäten gerüstet sein werden. Spezielle Regen- oder Trockenreifen gibt es in der Formel E nicht: "Egal ob es regnet oder trocken ist, egal ob zehn Grad oder 40 Grad: Es ist der gleiche Reifen", so di Grassi.

Hinter den Vorderreifen befinden sich wie üblich die Seitenkästen, die bewusst schlicht gehalten worden sind, sich aber durch eine gewisse Breite auszeichnen. Die 200 Kilogramm schweren Batterien, die von Williams geliefert werden, ersetzen den üblichen Benzintank und treiben einen rund 300 PS starken Elektromotor an. "Darum ist der Wagen auch so breit", schmunzelt di Grassi. "Wir haben eine Kühlung für die Batterien, eine Kühlung für den Motor und ein Sechsganggetriebe."


Lucas di Grassi erklärt den Formel-E-Boliden

Alles lässt sich aus dem Cockpit heraus vom Fahrer steuern. Ursprünglich wollte di Grassi dafür einen großen Touchscreen in der Mitte des Lenkrads haben, doch das ist vorerst nur Zukunftsmusik. Dafür muss sich ein Fahrer der neuen Elektroserie mit ein paar anderen Aspekten als bei einem normalen Auto herumschlagen: "Weil es ein komplett elektrisches Rennauto ist, hat man am Lenkrad eine Limitierung des Drehmoments, das bei dem Elektromotor ziemlich hoch ist", fängt der Brasilianer an.

Formel E "wird die Zukunft sein"

"Dann hat man noch einen Knopf, an dem man einstellen kann, wie viel Energie man beim Bremsen zurückgewinnen kann. Und es gibt eine Power-Limitierung. Wenn man zu viel Energie verbraucht, kann man den Knopf benutzen. Dann hat man zwar weniger Leistung, aber man kann das Rennen beenden." An all das muss man sich erst einmal gewöhnen, dennoch ist der Zuspruch seitens der Fahrer groß. Die ersten Teilnehmer des Fahrerpools wurden vor kurzem bereits bekanntgegeben, weitere sollen folgen.

Lucas di Grassi

Der Brasilianer durfte in Choisy-le-Roi erste Runden auf einer richtigen Strecke drehen Zoom

Auch di Grassi selbst möchte im September an die Startlinie rollen, dafür gab er extra seinen Testfahrerjob auf, der eine Teilnahme verhindert hätte. Er ist gespannt, wie sich die Serie präsentieren wird: "Ich bin 29 Jahre alt und fahre seit mehr als 20 Jahren Rennwagen. Ich bin Formel-1-Boliden gefahren, ich bin Sportwagen gefahren, ich bin jedes schnelle GT-Auto gefahren, das man sich vorstellen kann - und jetzt kommt die Formel E mit einem vollständig elektrischen Auto", sagt er. "Ich bin sicher, das wird die Zukunft sein."