• 27.06.2018 16:44

  • von Mario Fritzsche & Jack Benyon

F2-Techniksorgen: Norris und Co. zwischen Verzweiflung und Ironie

Lando Norris und George Russell reagieren verschnupft auf anhaltende Kupplungs- und Sensordefekte am 2018er Formel-2-Auto - Die Bosse versuchen zu beruhigen

(Motorsport-Total.com) - In der laufenden Formel-2-Saison 2018 reißen die technischen Probleme mit dem im Winter eingeführten neuen Auto nicht ab. Auch am vergangenen Wochenende in Le Castellet gab es wieder zahlreiche Defekte, die insbesondere den Titelanwärtern wertvolle Punkte kosteten.

Titel-Bild zur News: George Russell, Alexander Albon, Sergio Sette Camara

Am Start stehengebliebene Autos: In der Formel 2 2018 mehr Regel als Ausnahme Zoom

Beim Start zum Hauptrennen am Samstag würgten Tabellenführer Lando Norris (Carlin) und einer seiner schärfsten Verfolger - Artjom Markelow aus dem Russian-Time-Rennstall - ihr Auto ab, weil die Kupplung streikte. Der punktgleich mit Markelow an den Circuit Paul Ricard gekommene Alexander Albon fiel im Rennen mit einem defekten Gaspedal-Sensor aus. Den gleichen Defekt hatte der DAMS-Pilot bereits im Qualifying erlitten.

"So, wie die Starts ablaufen, können wir das Ganze auch gleich sein lassen", meint Norris enttäuscht. Weil George Russell (ART) am Samstag zum Sieg fuhr und die Top 3 der Punktewertung allesamt leer ausgingen, rückte Russell Tabellenführer Norris bis auf sieben Punkte nahe. Im Sprintrennen am Sonntag war es dann Russell, der einen in dieser Saison nicht zum ersten Mal aufgetretenen Defekt erlitt. An seinem ART-Boliden streikte der Gaspedal-Sensor...

Die Toppiloten der Szene sind bedient. "Drei Fahrer haben (am Samstag; Anm. d. Red.) abgewürgt", bemerkt Norris und fügt hinzu: "Mir ist das Auto schon bei der Fahrt aus dem Parc Ferme dreimal abgestorben. Wir haben uns die Daten angesehen, aber es gab nichts, was ich hätte tun können."

Lando Norris

Der Punktevorsprung von Lando Norris ist vor Spielberg auf 13 Zähler geschrumpft Zoom

Russell meint nach seinem Defekt vom Sonntag: "Die Probleme an diesem Wochenende gehen einzig und allein auf die technische Abteilung der Formel 2 zurück. Das ist eine Schande, denn momentan werden die Rennen und Wochenenden vieler Fahrer zerstört. Jedes Mal, wenn man denkt, es würde sich in die richtige Richtung bewegen, gibt es wieder ein Problem."

"Ehrlich gesagt fürchte ich jedes Mal ein Problem, wenn ich ins Auto steige", so Russell, der in der aktuellen Gesamtwertung nach dem Frankreich-Wochenende mit 13 Punkten Rückstand auf Norris Tabellenzweiter ist.

George Russell

Der neue Tabellenzweite George Russell hat mögliche Defekte stets im Kopf Zoom

Norris drückt sich noch etwas deutlicher aus und scheint sich mittlerweile beinahe damit abgefunden zu haben, dass nicht Talent, sondern Glück über den Formel-2-Titel 2018 entscheidet: "Die Meisterschaft könnte gar nicht ungewisser sein. Es ist keine Fahrermeisterschaft, denn man kann nicht sagen, dass einer gewonnen hat, weil er besser gefahren ist. Unterm Strich kann man nur noch darüber lachen, weil man ohnehin nichts tun kann."

Formel-2-Technikchef Didier Perrin lässt die Aussagen der Toppiloten nicht unkommentiert. "Ja, wir haben Zuverlässigkeitsprobleme", gibt er zu. "Ja, wir haben viel Aufwand betrieben und ja, es ist eine große Sorge, weil wir drei Rennwochenenden direkt hintereinander haben.

Am kommenden Wochenende wird auf dem Red-Bull-Ring im österreichischen Spielberg gefahren. Am darauffolgenden Wochenende steht der Silverstone Circuit in Großbritannien auf dem Programm und schließt den Triple-Header in Europa ab. "Wir verstehen, dass es für die Fahrer frustrierend sein kann und ich garantiere, dass wir daran arbeiten, die Ursachen der Probleme zu beheben", versucht Perrin zu beruhigen.

Speziell auf die immer wiederkehrenden Probleme mit der Kupplung angesprochen, meint der Formel-2-Technikchef: "Wir geben zu, dass die Kupplung schwierig zu bedienen ist und wir arbeiten mit dem Kupplungshersteller an einem Weg, um sie progressiver zu machen."

Doch Perrin nimmt auch die Fahrer in die Pflicht. "Die Formel 2 ist nicht die Formel 1. Es wird weiterhin möglich sein, ein Formel-2-Auto abzuwürgen. Wir haben keine elektronische Unterstützung", gibt der Technikchef der Aufstiegsklasse zu bedenken.

Die Teamchefs von ART, wo Russell angestellt ist, und von DAMS, wo Albon fährt, versuchen ebenfalls zu beruhigen. "Wir stehen mit den Technikern (der Formel 2; Anm. d. Red.) in ziemlich gutem Kontakt. Es bringt nichts, aufzuschreien", meint DAMS-Teamchef Francois Sicard und schiebt hinterher: "Einige Probleme wurden bereits behoben. Einige sind neu hinzugekommen. Ich hoffe, dass diese für Österreich gelöst werden." ART-Teamchef Sebastien Philippe verweist darauf, dass es "einfach ist, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, aber wir alle arbeiten hart".

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