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Nico Hülkenberg

Deutschland

Porträt

(Stand: Februar 2024) Oft suchte Nico Hülkenberg in seiner Karriere sein Glück aufs Neue, machte sportliche Umwege, um schließlich doch wieder in der Formel 1 aktiv zu sein. So auch 2023: Nach seinem bislang letzten Vollzeit-Job als Grand-Prix-Fahrer in der Saison 2019 bei Renault ging "Hulkenback" als Stammfahrer für Haas auf Punktejagd in der Formel 1 und tritt auch 2024 für das US-Team an.

Der Weg dorthin? Nicht immer geradlinig, meist steinig aus der Sicht des Deutschen. Dabei hatte seine Laufbahn im Motorsport gut und erfolgreich begonnen: Bei Hülkenberg passte alles zusammen, weil ihn seine Eltern bedingungslos unterstützten. Dass es mit einem gewissen Risiko verbunden war, alles auf eine Karte zu setzen, hat er nie angezweifelt, aber auch nie ans Scheitern gedacht.

Zunächst gewann Hülkenberg im Alter von 15 Jahren die Deutsche Junioren-Kartmeisterschaft. Drei Jahre später holte er sich in der Formel BMW den Deutschen Meistertitel. Es folgte ein weiterer Meilenstein: Nach einer erfolgreichen Teilnahme an der A1GP-Serie gelang ihm der Sprung in die Formel-3-Euroserie, darüber hinaus gewann er das prestigeträchtige Formel-3-Masters in Zolder.

Formel-1-Team Williams wurde auf den jungen Fahrer aufmerksam und lud ihn zu Testfahrten ein. Hülkenberg überzeugte und unterschrieb 2008 einen Testfahrervertrag. 2009 folgte der Sprung in die GP2-Serie. Er brillierte, siegte fünfmal und gewann die Meisterschaft überlegen.

Der Lohn für die Mühen waren ein Williams-Einsatzcockpit 2010. Ihm gelang eine kleine Sensation in Brasilien: Bei schwierigen Mischbedingungen foppte Hülkenberg die versammelte Elite mit einer sagenhaften Qualifying-Bestzeit, über eine Sekunde schneller als Sebastian Vettel. Trotz dieser Galavorstellung und sieben Punktresultaten war danach Schluss bei Williams: Die Öl-Millionen des Pastor Maldonado waren mehr wert. Bei Force India fand Hülkenberg als Testfahrer einen neuen Arbeitsplatz, 2012 rückte er in das Stammcockpit auf und punktete in elf von 20 Rennen.

Und wieder gab es die Gala in Sao Paulo: Der Grand Prix von Brasilien 2012 zählt zu den größten Highlights in seiner Karriere. Ein Sieg war möglich. 30 Runden lang hielt sich Hülkenberg in einem spektakulären Kampf souverän an der Spitze, ehe es zu einer Kollision mit Lewis Hamilton kam und sich seine Träume zerschlugen. Trotzdem kürte er seine Saison 2012 mit einem fünften Platz und dem elften Gesamtrang in der Fahrer-WM. Anschließend wählte Hülkenberg die Risiko-Variante und schloss sich trotz allem Bemühen des Force-India-Patron Vijay Mallya Sauber an.

Bei den Schweizern lief es erst gegen Ende der Saison rund. In Südkorea glückte ihm mit Rang vier das beste Formel-1-Ergebnis seiner Karriere, für Platz zehn galt das Gleiche in Bezug auf die Fahrer-WM. Bereits zuvor hatte Hülkenberg aber seinen Vertrag bei Sauber gekündigt. Es gab ernsthafte Verhandlungen mit Ferrari, wo jedoch Superstar Kimi Räikkönen den Vorzug erhielt. Bei Lotus war es erneut Maldonado, der sich den Drive mit üppiger Mitgift sicherte.

Force India nahm "Hülk" mit Kusshand ein zweites Mal und machte alles richtig: 2014 holte er in 15 von 19 Rennen WM-Punkte, verpasste aber die Chancen auf sein erstes Formel-1-Podium. Die Saison 2015 entwickelte sich ähnlich, allerdings punktete Hülkenberg erst gegen Saisonende mit der B-Version des Force India regelmäßig und musste sich Teamkollege Sergio Perez geschlagen geben. Auch im Folgejahr schrammte Hülkenberg am ersten Podium vorbei, egalisierte als WM-Neunter aber sein stärkstes Gesamtergebnis und unterschrieb einen Renault-Vertrag. Bei den Franzosen widmete er sich 2017 bis 2019 der Entwicklungsarbeit mitsamt sporadischer Rennhighlights. Insgesamt blieb das Projekt allerdings hinter den Erwartungen.

Nach seinem vorläufigen Karriereende tat sich nach nur drei Grands Prix 2020 die große Chance auf: Sergio Perez wurde vor dem Großbritannien-Rennen positiv auf COVID-19 getestet, weshalb Racing Point (vormals Force India) einen Ersatzmann suchte. Hülkenberg nahm die Herausforderung an und dockte ein drittes Mal beim Team aus Silverstone an. Das Pech blieb ihm treu: Ein technischer Defekt verhinderte beim ersten Einsatz den Start. Bei zwei weiteren Rennen erzielte Hülkenberg mit P7 in Silverstone und P8 am Nürburgring jeweils Punkte, obwohl er jeweils sehr kurzfristig ins Auto gestiegen war.

2022 die nächsten unverhofften Grands Prix: Dieses Mal übernahm Hülkenberg bei Aston Martin von Sebastian Vettel und bestritt die beiden ersten Formel-1-Rennen des Jahres, weil Vettel Corona-positiv getestet worden war. Punkte gab es dieses Mal nicht für Hülkenberg: Im unterlegenen AMR22 reichte es nur zu P17 und P12 in Bahrain und Saudi-Arabien.

Im weiteren Saisonverlauf kristallisierte sich eine neue Formel-1-Chance für Hülkenberg heraus: Der bei Haas in Ungnade gefallene Mick Schumacher wurde aussortiert, Teamchef Günther Steiner wollte Erfahrung und Verlässlichkeit. So fiel seine Wahl auf Hülkenberg, der 2023 an der Seite von Kevin Magnussen für das US-Team fuhr. Wirkliche Höhepunkte blieben aus: Hülkenberg punktete nur in Australien und in Österreich, konnte praktisch nur im Qualifying auf sich und seinen Speed aufmerksam machen. Mehr gab der Haas VF-23 nicht her, auch nicht nach dem einzigen Update. Vor allem im Rennen war Hülkenberg als Haas-Fahrer meist ohne Chance.

Hülkenberg gilt als ausgewiesener Teamplayer. Das ist bei ihm nicht nur Pflichtprogramm, sondern ein entscheidender Teil seiner Persönlichkeit. Neben seinem technischen Verständnis für das Auto trägt er mit seiner entspannten, humorvollen und aufgeschlossenen Art zum positiven Teamgeist bei. Bevor er Williams-Stammfahrer wurde, hatte er beim Team ein Praktikum gemacht und war durch jede Abteilung getingelt. Dafür hatte er sich extra eine Bleibe in der Studentenstadt Oxford gesucht.

Privat war er lange mit Laura Zinnel, einer Polizistin, glücklich. Mittlerweile schlägt Hülkenbergs Herz für die litauische Modedesignerin Egle Ruskyte. Das Paar ist verheiratet, hat eine Tochter und wohnt in Monaco. Seine Eltern besitzen eine Speditionsfirma in seiner Heimatstadt Emmerich, in der der Filius den Beruf des Speditionskaufmanns lernte.

Seinen größten sportlichen Erfolg erzielte Hülkenberg übrigens abseits der Formel 1: 2015 startete er neben seinem Engagement in der Königsklasse auch für das Porsche-Werksteam bei ausgewählten Läufen zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC), darunter die 24 Stunden von Le Mans. An der Seite von Nick Tandy und Earl Bamber gelang Hülkenberg an der Sarthe die Sensation mit dem Gesamtsieg im LMP1-Boliden 919 Hybrid.