• 30.01.2008 00:00

  • von Dieter Rencken

Wurz-Interview: Per SMS zum Honda-Vertrag

Alexander Wurz schildert im Interview, wie er per SMS von Nick Fry kontaktiert wurde und was ihn zum Rücktritt vom Rücktritt bewogen hat

(Motorsport-Total.com) - Vor etwa 300 Medienvertretern hatte Alexander Wurz gestern in Brackley seinen ersten offiziellen Auftritt als Honda-Testfahrer: Beim Launch des neuen RA108 düste er mit ungewohnten Helmfarben auf die Bühne, wo er sich neben Jenson Button und Rubens Barrichello geduldig den Medienanfragen stellte - zum inzwischen zwölften Mal in seiner Karriere.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Alexander Wurz kehrt bei Honda wieder in die Rolle des Testfahrers zurück

Mit leicht erkälteter Stimme erklärte der 33-Jährige dann im entspannten Gespräch mit 'Motorsport-Total.com', wie es zum Testvertrag mit dem japanischen Rennstall kam, warum seine Ehefrau Julia nichts dagegen hat, dass er nun doch wieder mit dem Formel-1-Tross um die Welt reist, und was ihn letztendlich dazu bewogen hat, den Rücktritt vom Rücktritt bekannt zu geben. Plus: Warum er auch an den Rennsonntagen ausgelastet sein wird.#w1#

Erster Testtag im alten RA107

"Ich bin in Valencia einen Tag mit dem letztjährigen Auto gefahren." Alexander Wurz

Frage: "Alex, du hast in Valencia den RA107 getestet, bist heute erstmals den RA108 gefahren..."
Alexander Wurz: "Stimmt. Ich bin in Valencia einen Tag mit dem letztjährigen Auto gefahren. Das war nur, um das Team kennen zu lernen, um mich einzuleben, aber ich habe dann eigentlich relativ rasch damit begonnen, am Motormanagement zu arbeiten, was die Fahrbarkeit betrifft und die Kommunikation zwischen Standard-ECU und unseren Motorkomponenten. Das war die Aufgabe des Tages."

Frage: "Als wir das letzte Mal gesprochen haben, hast du in China das Ende deiner Rennkarriere bekannt gegeben. Wann hast du beschlossen, als Testfahrer weiterzumachen?"
Wurz: "Nach drei Monaten mit Tauben füttern im Park und Kaffee trinken habe ich mir gedacht, dass die Pension doch nicht meines ist (lacht; Anm. d. Red.)!"

"Nein, Spaß beiseite: Bei meinem Rücktritt als aktiver Rennfahrer habe ich immer gesagt, dass ich gerne weiterhin testen würde, das Auto gemeinsam mit dem Team weiterentwickeln. Nach der Saison habe ich dann eine SMS bekommen und später einen Folgeanruf, ob das hier für mich was wäre, und ich bin absolut happy mit meiner Position und mit der Aufgabe, die ich hier im Team habe."

Frage: "Der erste Kontakt mit Honda ist also über SMS entstanden?"
Wurz: "Ja. Cool, oder?"

Kontakt zu Nick Fry nicht neu

"Ich habe auch früher schon oft mit Nick Fry gesprochen." Alexander Wurz

Frage: "Sehr cool! Darf ich fragen, wer die geschickt hat?"
Wurz: "Ich habe auch früher schon oft mit Nick Fry gesprochen, seit mehreren Jahren eigentlich - nicht nur wegen der Arbeit, sondern auch über persönliche Dinge. So ist das dann entstanden."

Frage: "Was sagt deine Ehefrau Julia dazu?"
Wurz: "Ich habe Julia ja in der Formel 1 kennen gelernt. Wir sind eine Vollgasfamilie mit Benzin im Blut! Das passt alles gut. Seit heute weiß ich auch, welche Farbe das Auto hat, denn das wusste ich vorher nicht. Für meinen älteren Sohn ist das aber sehr wichtig. Der zweite und dritte Sohn kennen sich noch nicht so gut aus, um das mitzubekommen."

Frage: "Du hattest bei deiner Demofahrt einen interessanten Helm. Trägst du den das ganze Jahr oder war das nur für heute?"
Wurz: "Nein, das war nur für den Launch. Ich werde weiterhin bei meinem typischen Alex-Wurz-Design bleiben. Ich airbrushe meine Helme selbst und bin gerade dabei, meine Honda-Helme zu lackieren."

Frage: "Ihr habt 30.000 Testkilometer pro Jahr. Wie viele davon möchtest du fahren?"
Wurz: "Das weiß ich nicht, das wird sich im Laufe der Zeit ergeben. Das Testprogramm ändert sich immer. Es kommt auch darauf an, welcher Fahrer in welches Testprogramm involviert ist."

Testfahrer als Entlastung für die Rennfahrer

Alexander Wurz

Der weiß-grüne Helm war eine einmalige Aktion für den Launch des RA108 Zoom

"Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es oftmals besser ist, die Aufgaben zweizuteilen, sprich dass der Testfahrer die mittel- bis langfristige Entwicklungsarbeit macht, wenn er weiß, was er tut, und die Stammfahrer die kurzfristigen Tests wie Abstimmungsarbeiten, Reifentests und so weiter. Manchmal ist es gescheiter, die Rennfahrer nach Hause zu schicken, damit sie sich ausruhen können."

Frage: "Wirst du zu den Rennen fahren?"
Wurz: "Ich werde bei den Rennwochenenden vor Ort sein, denn ich wurde auch als Ersatzfahrer nominiert. Außerdem werde ich auch als Co-Kommentator für das Fernsehen arbeiten, was noch nicht ganz fixiert ist. So habe ich meine Jobs an den Rennwochenenden."

Frage: "Du wirst also in diesem Jahr auch nicht weniger reisen als bisher, oder?"
Wurz: "Das wird sicherlich um einiges weniger, denn bei Williams hatten wir vier Hauptsponsoren - mehr reisen geht auch physisch nicht mehr. Ich glaube nicht, dass ich diese Spitzenwerte wieder erreichen werde."

"Du musst auch wissen: Als Testfahrer musst du einen Tag später anreisen, theoretisch könnte ich am Samstag schon wieder nach Hause fahren. Das ist eine andere Last des Reisens. Wenn als Testfahrer zum Rennwochenende mein Flieger einmal vier Stunden Verspätung hat, kratzt mich das wenig, aber als Rennfahrer war das nervenaufreibend. Es ist also schon ein bisschen anders."