• 29.01.2008 19:28

Button: "Honda ist das Team der Zukunft"

Jenson Button spricht im ausführlichen Interview über Hondas Perspektiven, Neuzugang Ross Brawn, Alexander Wurz und vieles mehr

(Motorsport-Total.com) - Jenson Button war in Großbritannien einmal das, was Lewis Hamilton inzwischen ist: Er stand kurz vor dem Durchbruch zum WM-Titel, zierte mit seiner Popstar-Freundin Louise Griffiths die Titelseiten von 'Sun' und Co. 2007 war jedoch alles anders, als er dem Feld hoffnungslos hinterherfuhr. Das soll sich ändern - und zwar dank des umstrukturierten Honda-Teams.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Sunnyboy Jenson Button hat trotz der Saison 2007 das Lachen nicht verlernt

Frage: "Jenson, wie fährt sich das neue Auto?"
Jenson Button: "Ich bin 30 Runden gefahren, aber nur für System- und Zuverlässigkeitschecks. Das Auto fühlt sich grundsätzlich etwas berechenbarer an, was schon mal wichtig ist. Aber es ist ja nur ein Basisauto. Das Modell, das jetzt vor mir steht, ist schon ganz anders als das beim Test in Valencia. Schon für den Barcelona-Test gibt es einige Unterschiede, daher denke ich, dass wir dort besser aussehen werden, aber auch so kann man sagen, dass nichts fundamental falsch ist."#w1#

Topteams noch außer Reichweite

"Wir sind nicht so schnell wie Ferrari oder McLaren, aber ich kann keine fundamentalen Fehler erkennen. Das Auto ist berechenbar, man weiß, was es macht - wir müssen es nur noch stark verbessern. Genau das tun wir im Moment."

"Wir haben viele neue Leute geholt, nicht nur Ross." Jenson Button

Frage: "Wie aufgeregt bist du über die Zusammenarbeit mit Ross Brawn?"
Button: "Es ist fantastisch, mit Ross zu arbeiten, aber es geht nicht nur um Ross, sondern wir hatten auch schon immer andere gute Leute. Wir haben viele neue Leute geholt, nicht nur Ross, sondern vor allem auch in der Aerodynamikabteilung. Auch haben wir einige neue Ingenieure, also hat sich einiges getan, was die Situation verbessern müsste. Im Moment ist das Team ein sehr positiver Platz."

"Besonders freue ich mich auf die Arbeit mit Ross an der Rennstrecke, denn da hat er guten Input. Auf das Auto kann er im Moment keinen großen Einfluss nehmen, erst in Zukunft dann, gemeinsam mit den Aerodynamikern. Aber es geht nicht nur um die Aerodynamik, sondern auch um das Ingenieurswesen, den mechanischen Grip und so weiter. Ich bin zufrieden damit, wie es läuft. So stark war das Team noch nie - und ich glaube, wir sind für die Zukunft das stärkste Team! Jetzt haben wir alles beisammen, um künftig um den WM-Titel zu kämpfen, und ich wäre ganz ehrlich bei keinem anderen Team lieber als hier."

"Dieses Jahr werden wir noch nicht um die Weltmeisterschaft kämpfen, sondern Ferrari und McLaren, aber 2009 kann das schon anders sein. 2009 wird es viele Änderungen geben, aber wir haben alles beisammen, um dann konkurrenzfähig zu sein. Jetzt müssen wir einmal Rennen für Rennen am Auto arbeiten, um unsere Ziele zu erreichen. Das wird nicht einfach, denn die Konkurrenz wird immer stärker - und es gibt viele starke Konkurrenten. Trotzdem glaube ich, dass wir es schaffen können. Mein Ziel ist es, sagen zu können, dass das letzte Rennen jeweils mein bestes war. Wir wollen mit jedem Rennen stärker werden - und damit meine ich nicht nur vom Gefühl her, sondern auch im Vergleich zur Konkurrenz. Wir wollen immer weiter nach vorne kommen."

Frage: "Ross Brawn sagt, dass dir das Team ein besseres Auto geben muss. Stimmst du dem zu und bist du immer noch voll motiviert?"
Button: "Ich glaube, kein Formel-1-Fahrer wäre in unserem jetzigen Team unmotiviert, so, wie sich alles entwickelt. Das steckt jeden an. Ich persönlich bin sehr motiviert. Ich habe mir im Winter auf Lanzarote den Arsch abtrainiert, obwohl es vielleicht gar nicht notwendig war. Ich glaube, dass ich der fitteste und konzentrierteste aller Fahrer bin. Über den Winter habe ich meinen Input gegeben, ich habe mir alles angehört und konnte verfolgen, wie das Auto wuchs. Ich bin hungrig und wünsche mir ein konkurrenzfähiges Auto. Da liegt aber harte Arbeit von uns, denn das geht nicht von selbst."

Michael Schumacher als Vorbild

Frage: "Glaubst du, dass dir Ross Brawn etwas darüber beibringen kann, wie Michael Schumacher gearbeitet hat?"
Button: "Es wird immer darüber spekuliert, was Michael im Team bewirkt hat. Ich glaube, er hat hart gearbeitet und war in jedem Bereich stark, aber ich glaube, dass ich darüber von Rubens (Barrichello; Anm. d. Red.) schon alles gehört habe, was wichtig für mich ist. Er ist schon lange mein Teamkollege und auch bei ihm konnte ich sehen, wie hart er arbeitet."

"Da braucht es ein ganzes Team, das an einem Strang zieht." Jenson Button

"Es ist gut, so einen Teamkollegen zu haben, der sich anstrengt, gutes Feedback gibt und sich darum kümmert, wie es dem Team geht. Das war bei meinen vorherigen Teamkollegen noch nicht so. Aber ich weiß, wie hart Michael gearbeitet hat, und ich werde alles geben, um dieses Team nach vorne zu bringen. Ross kann das nicht alleine schaffen, genauso wenig wie ich. Da braucht es ein ganzes Team, das an einem Strang zieht, und genau das versuchen wir jetzt."

Frage: "Glaubst du also, dass du von Ross Brawn mehr über die technischen Dinge und das Auto lernen kannst?"
Button: "Es geht nicht darum, was ich von Ross lernen kann, sondern was er mit dem Auto anstellt und welche Ideen er einbringt. Er muss die verschiedenen Bereiche verstehen und stärken. Der Kerl hat so viel Erfahrung in der Formel 1 und hat schon so viele Weltmeisterschaften gewonnen, dass er dem Team eine Menge bringt. Da geht es nicht nur darum, dass das Auto schneller wird, sondern er baut das ganze Team auf und stellt sicher, dass es uns an nichts fehlt."

Frage: "Im Vorjahr wurden die Einheitsreifen eingeführt, nun wurden die elektronischen Fahrhilfen verboten. Was ist die größere Umstellung?"
Button: "Für uns ist das schwer zu sagen, weil wir im Vorjahr ein unfahrbares Auto hatten, aber mir kam die Umstellung auf die Bridgestone-Reifen schon hart vor. Ich fand das schwierig, aber das lag wahrscheinlich am Auto. Keine Traktionskontrolle mehr zu haben, erscheint mir weniger schwierig, auch wenn ich sagen muss, dass ich im Regen noch nicht damit gefahren bin. Im Trockenen war die Umstellung kein Problem."

"Eines darf man jedoch nicht vergessen: Diese Motoren wurden für die Traktionskontrolle gebaut, also müssen wir an der Fahrbarkeit des Motors arbeiten, an der Drehmomentkurve und so weiter. Die Fahrer stecken mehr in die Fahrbarkeit des Motors als zuvor, weil es einfach so enorm wichtig ist. Wir werden da immer besser. Noch passt es nicht hundertprozentig, aber wir haben seit November Fortschritte gemacht."

Button ein Fan der neuen Formel 1

Frage: "Kannst du erläutern, wie sich das Verbot der Traktionskontrolle vor allem in den Rennen auswirken wird?"
Button: "Ich denke, das wird sich nur mit wenig Benzin auswirken, wenn die Reifen älter werden, aber mit weniger Benzin sind die Autos auch einfacher zu fahren. Es wird leichter, vorhersehbarer, die Richtungswechsel gehen leichter von der Hand, daher werden die Fahrer voll pushen und dann vielleicht Fehler machen. Ich persönlich glaube, dass die Formel 1 dadurch aufregender wird und dass man mehr Fahrfehler sehen wird. Das gilt auch für das Überholen: Du fährst vor einem Gegner, trittst aufs Gas, um so schnell wie möglich zur nächsten Kurve zu kommen, damit du nicht überholt werden kannst, aber dabei kannst du schon mal ein wenig wegrutschen. Dadurch wird alles aufregender."

Jenson Button und Ross Brawn

Jenson Button und die Wurzeln seiner Hoffnung, Teamchef Ross Brawn Zoom

Frage: "Was erwartest du dir von Testfahrer Alexander Wurz?"
Button: "Alex bringt von McLaren und Williams viel Erfahrung mit und das Tolle an ihm ist, dass er schon lange dabei ist. Er versteht ein Formel-1-Auto aerodynamisch und mechanisch. Es ist klasse, dass wir einen Testfahrer haben, der nicht seine Karriere als Rennfahrer ankurbeln will. Er kann sich in die Arbeit knien, konstante Zeiten fahren und sehr gutes Feedback abliefern. Ich habe immer nur Gutes von Alex gehört - schön, dass wir davon nun selbst profitieren, dass wir jemanden haben, dem wir vertrauen können. Er ist nicht da, um mit einer schnellen Runde die Welt zu erleuchten, wie das bei einem jungen Testfahrer der Fall wäre."

Frage: "Was sagst du generell zur Testfahrersituation?"
Button: "Da muss man nicht viel nachdenken. Wir brauchen jemanden, der ein guter Testfahrer ist, der konstant ist und nicht nur an sich selbst denkt, sondern daran, wie er das Team voranbringen kann. Genau das liebt Alex, denn er mag es, Teil des Teams zu sein und es nach vorne zu bringen - und wenn wir einmal gewinnen, dann ist das auch sein Verdienst. Ich denke, dass das seine Motivation ist."

Frage: "Glaubst du, dass auch 2008 wieder die Hamilton-Mania um Lewis Hamilton herrschen wird?"
Button: "Ich glaube, dass er sicher in der Position ist, um die Weltmeisterschaft zu kämpfen. Er hat 2007 einen tollen Job gemacht bei McLaren, auch wenn er nicht Weltmeister geworden ist. Ich glaube, dass sie wieder stark sein werden. Wir können nicht sagen, ob sie es mit Ferrari aufnehmen können, ob es vielleicht sogar ein Solo für McLaren wird, aber diese beiden Teams machen bei den Tests den schnellsten Eindruck. Niemand scheint es geschafft zu haben, zu ihnen aufzuschließen, aber auch das kann sich bis Melbourne noch ändern."

Button nicht unglücklich über die Ruhe

"Aber ich erwarte natürlich, dass die Leute gut über ihn schreiben werden, wenn er gewinnt. Solange wir dazu nicht in der Lage sind, wird sich alles um Hamilton drehen, was ich auch verstehen kann und kein Problem für mich ist. Das bedeutet, dass ich mich auf meinen Job konzentrieren kann, darauf, das Auto mit Honda weiterzuentwickeln."

"Wenn es nur fünfte Plätze sein sollten, ist es auch okay." Jenson Button

Frage: "Was ist dein Minimalziel für dieses Jahr?"
Button: "Ich möchte da keine Punkte oder Platzierungen nennen. Ich kann nur sagen, dass wir am Ende der Saison am stärksten sein müssen und dass wir in jedem Rennen Fortschritte erzielen wollen. Wenn wir am Saisonende am stärksten sind und auch noch Rennen gewinnen, Podestplätze herausfahren, dann klasse, aber wenn es nur fünfte Plätze sein sollten, ist es auch okay. Wir müssen uns nur laufend weiterentwickeln. Wir verstehen dieses Auto und seine Aerodynamik, wir verstehen den Windkanal. Das ist für uns schon ein massiver Fortschritt. Darauf müssen wir aufbauen, denn so etwas hatten wir im vergangenen Jahr nicht."

Frage: "Du redest immer über die Zukunft. Siehst du dich für die nächsten drei bis fünf Jahre bei Honda?"
Button: "Ich glaube, dass Honda das Team der Zukunft ist, denn wir haben jetzt alles beisammen. Ich kann das erste Mal sagen, dass wir in allen Bereichen stark sind und überall wissen, in welche Richtung es geht. Wir haben mit Ross einen hervorragenden technischen Leader - und das wird einen großen Unterschied machen. Ich bin sehr glücklich darüber, wo ich bin."

Frage: "Wie sehr hast du das Team gepusht, dass sich etwas ändern muss? Hast du ein Ultimatum ausgegeben?"
Button: "Wir hatten nie die Option, dieses Jahr nicht hier zu fahren. Aber ich habe darüber auch nicht nachgedacht, weil ich wusste, dass Honda das Gleiche will wie ich. Natürlich war das vergangene Jahr sehr hart, aber Honda hat verstanden, dass sich etwas ändern muss. Ich denke, das ist uns allen klar geworden."

"Wenn wir das Jahr ganz gut begonnen hätten und Dritter oder Vierter geworden wären, dann hätten wir an der Richtung nichts geändert und wären dieses Jahr auch nicht weiter nach vorne gekommen. Wir hätten nie einen Ausweg gefunden, aber nach so einem katastrophalen Jahr musste etwas geschehen - nicht nur personell, sondern auch mit dem Auto. Im Moment ist alles gut, aber das ist noch nicht das finale Produkt. Wir haben noch viel Arbeit vor uns, bis wir konkurrenzfähig sind."

Kein Frust über fehlende Lobeshymnen

Frage: "Du hattest 2007 ein paar gute Rennen dabei. Wie frustrierend war es, dass das niemandem aufgefallen ist?"
Button: "Nicht wirklich. Ich weiß, dass es in der Formel 1 um Resultate geht, und darum wollen wir ja auch vorne sein, denn das Ziel ist, Rennen zu gewinnen. In China war es mir egal, dass die gute Leistung der Presse nicht aufgefallen ist, denn das Team und ich wussten, wie gut diese Leistung war. Wir hatten ein hervorragendes Rennen. 2007 war ein schwieriges Jahr, aber einige Leute haben sich sehr löblich über meine Leistung geäußert. Ich glaube, den Leuten ist schon aufgefallen, wie gut ich gefahren bin."

"Noch bereiter kann ich nicht sein." Jenson Button

Frage: "Glaubst du, dass du jetzt mental und körperlich besser vorbereitet bist als je zuvor?"
Button: "Ja, denn ich habe jede nur erdenkliche Erfahrung gemacht. Viele Formel-1-Fahrer haben in ihren Karrieren schon Höhen und Tiefen durchgemacht. Noch bereiter kann ich nicht sein. Ich fühle, dass alles passt, dass ich fit bin, konzentriert, den Willen habe, um erfolgreich zu sein. Ich fahre seit acht Jahren in der Formel 1, aber ich hatte noch nie das Gefühl, in einem kompletten Team zu sein, wie es jetzt der Fall ist. Wir müssen nur auf dem Boden bleiben, die Zukunft vergessen und uns zu 100 Prozent auf die vor uns liegenden Aufgaben konzentrieren."

Frage: "Wird es Ende dieser Saison Vertragsgespräche geben?"
Button: "Ich bin sicher, dass wir uns am Jahresende unterhalten werden, ja."

Frage: "Welche Verbesserungen erwartest du dir?"
Button: "Wie gesagt, ich will das ganze Jahr Verbesserungen sehen. Es gibt nicht einen Bereich, den wir massiv verbessern müssen, sondern wir müssen uns in jedem einzelnen Bereich steigern, innerhalb der Fabrik wie auch mit dem Auto. Das Wichtigste ist, dass wir das Auto verstehen, auch den Windkanal. Als wir im Vorjahr versucht haben, das Auto zu verstehen, waren wir verloren. Es war unvorhersehbar und wir hatten keinen Plan, in welche Richtung wir gehen sollten."