Wurz: "Es ist brutal knapp"
McLarens Testfahrer äußert sich über seine Zukunftspläne, die letzten Testfahrten und spricht über die heftigen Unfälle
(Motorsport-Total.com) - Alexander Wurz hat das erreicht, wovon viele andere Formel-1-Piloten träumen - ein Cockpit im Top-Team von McLaren-Mercedes.

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Bei McLaren hoch geschätzter Edelreservist: Alexander Wurz
Für den österreichischen Edelreservisten ist das bislang jedoch Fluch und Segen zugleich gewesen. Während er einerseits aktiv dazu beitragen kann, dass die Konkurrenzfähigkeit der Silberpfeile gute Resultate in der Saison ermöglicht, bleibt es ihm als Testfahrer andererseits verwehrt selbst die Früchte der Entwicklungsarbeit zu ernten.
Zuletzt wurden seine Hoffnungen, sich 2004 wieder dem Wettkampf auf der Strecke zu stellen, durch die Verpflichtung von Christian Klien bei Jaguar Racing erschüttert. Die von McLaren-Mercedes Ende letzter Saison bekannt gegebene Verpflichtung von Juan Pablo Montoya für 2005 signalisierte Wurz zudem, dass sich der Traum vom teaminternen Aufstieg bei den "Silberpfeilen" zum Stammpiloten nicht sobald erfüllen wird.#w1#
Wurz nach der Formel 1 vielleicht in die DTM oder in die USA
Langfristig stellt sich für Wurz somit die Frage, ob er sich dauerhaft in sein Schicksal als hoch geschätzter Entwickler und Testpilot fügen will, oder aber der Formel 1 besser den Rücken kehren sollte. Im Moment ist das für den 30-Jährigen aber noch kein Thema.
Konkrete Vorstellungen für seine weitere Zukunft hat er aber schon: "Die DTM hat viele Fans und an Wert gewonnen. Ich habe auch immer gesagt, dass ich in die USA will ? wenn es dort eine gescheite Serie gibt", zeigte Wurz gegenüber der 'Sportwoche' verschiedene Möglichkeiten für die Zukunft auf.
Noch aber gehört seine Aufmerksamkeit voll und ganz der Formel 1, in der sich alle nach der Wachablösung von Ferrari und Michael Schumacher als Weltmeister sehnen. Die Chancen darauf scheinen gut zu stehen. Zumindest haben die "Jäger" über den Winter nichts unversucht gelassen, um auf die Saison 2004 besser vorbereitet zu sein als das italienische Team.
"Jeder reizt alles aus"
"Williams, McLaren, vielleicht auch Renault riechen Lunte, jeder reizt alles aus, presst alles aus sich heraus", schildert Wurz die Situation und liefert damit auch indirekt eine Erklärung für den enormen Testaufwand in den vergangenen Monaten.
Als WM-Favorit wird McLaren-Mercedes momentan zwar nicht gehandelt, doch im Allgemeinen geht es zwischen den Teams ohnehin sehr eng zu: "Es ist brutal knapp heuer. So viele Faktoren zählen", erklärt Wurz und verweist auf die viel Anlass zu Spekulationen gebenden Testfahrten.
"Du bist bei einem Test voll dran und dann ändert sich irgendwas um eine Kleinigkeit oder die Temperatur um ein Grad, und plötzlich bist eine Sekunde weg. Die Abstimmung zwischen Auto und Reifen ist sensibel wie nie", erläutert Wurz, dass es mitunter winzige Details sind, die über die teils mehr, teils weniger großen Abstände zwischen den Konkurrenten entscheiden.
"Die Kurvengeschwindigkeiten sind enorm"
Welche Formen das Wettrüsten zwischen den Teams inzwischen angenommen hat, verdeutlicht der McLaren-Testfahrer am Beispiel der in Barcelona gefallenen Rundenrekorde.
"Sato fuhr in Barcelona schon 1:13er Zeiten, Pole-Position 2003 war eine 1:17er-Zeit! Die Kurvengeschwindigkeiten sind enorm. Bei diesen Fliehkräften haben alle Nackenschmerzen, es ist so arg, dass man kaum noch 100 Runden am Stück fahren kann, kaum mehr als zwei Testtage hintereinander absolviert", so Wurz.
Testunfälle machen Wurz keine Angst
Auto, Motor und Reifen mag man unermüdlich optimieren können, doch am Ende ist es der Fahrer den Grenzbereich ausloten muss. Die Konsequenz dessen sind immer öfter schwere Abflüge, wie zuletzt der von Felipe Massa oder Olivier Panis.
Angst macht das dem 30-Jährigen aber nicht, schließlich ist das Risiko ein Teil seines Berufs. Doch die Richtung, in die sich alles entwickelt, stimmt ihn nachdenklich: "Natürlich reden wir Fahrer darüber. Allen geht es ähnlich. Es ist brutal jetzt."

