• 08.02.2011 11:01

  • von Roman Wittemeier

Wirth: Standfestigkeit, CFD-Mission und KERS-Spannung

Marussia-Virgin-Technikchef Nick Wirth über die Herangehensweise 2011: Eigene Zuverlässigkeit und KERS-Fehler der anderen - Mit 800 Volt durch den Regen

(Motorsport-Total.com) - Nick Wirth hat eine Mission. Der britische Marussia-Virgin-Designer will der Formel-1-Welt beweisen, dass man bei der Entwicklung eines Fahrzeuges komplett auf Windkanalversuche verzichten kann. Wirth ist von CFD (Computational Fluid Dynamics) und Simulationen überzeugt, füttert seine Rechner immer wieder mit neuen Daten. Sein neuester Wurf, der Marussia-Virgin MVR-02, soll das Team ins Mittelfeld der Formel 1 bringen.

Titel-Bild zur News:

Unerschütterlich: Nick Wirth ist vom CFD-Weg nicht mehr abzubringen

"Erstes Ziel ist es, die Teams zu schlagen, die mit uns im vergangenen Jahr eingestiegen sind. Aber wir gehen noch einen Schritt weiter", macht der Designer klar. Zur neuen Saison wolle man den Abstand zur Spitze auf ein bis zwei Sekunden verkürzen und somit gewährleisten, dass es Timo Glock und Neuling Jerome D'Ambrosio mindestens in den zweiten Qualifikationsabschnitt schaffen können. "Wir haben gute Fahrer und ein gutes Team. Wenn du es in Q2 schaffst, dann holst du irgendwann auch Punkte."

"Ab dann wird es richtig interessant", meint Wirth bezüglich der Aussicht auf WM-Zähler. Der neue Bolide wird als großer Fortschritt erachtet. "Im vergangenen Jahr hatten wir keinen angeblasenen Diffusor und auch keinen F-Schacht. Diese beiden Dinge waren die Schlüssel in der vergangenen Saison", sagt der Brite. "Der angeblasene Diffusor ist sehr interessant. Es gibt schon jetzt wieder interessante Ansätze, zum Beispiel am Renault."

"Wir haben diesbezüglich viel Forschung betrieben und hoffen, dass wir eine effiziente Lösung gefunden haben. Es sieht zumindest im Windkanal so aus", sagt Wirth, meint aber mit dem Wort Windkanal seine Versuche am CFD-Computer. Auch Marussia-Virgin hat ein Auspuffsystem wie Renault in Betracht gezogen, man entschied sich aber letztlich dagegen, die Gase am Kühler vorbei nach vorne zu leiten.

Der neue Marussia-Virgin MVR-02 soll ein deutlicher Fortschritt sein Zoom

Die Briten setzen auf erhöhte Zuverlässigkeit - ganz im Gegensatz zum Vorjahr. "Wir wollen zunächst standfest sein - das hat höchste Priorität", erklärt Wirth. "Man hat all diese KERS-Autos auf der Bahn, die vielleicht funktionieren werden, vielleicht aber auch nicht. Ich bin nicht sicher, ob es wirklich eine Freude ist, mit einem 800-Volt-System durch den prasselnden Regen von Malaysia zu fahren."

Das Team möchte von möglichen Ausfällen profitieren und im entscheidenden Moment abstauben. So, wie es 2010 Lotus und HRT teils gelungen ist. "Aus diesem Grund standen die in der Endabrechnung vor uns, obwohl wir zum Saisonede definitiv schneller waren", sagt der Technikchef. Auf Wirth lastet enormer Druck. Er muss 2011 nicht nur Zuverlässigkeit beweisen, sondern auch deutlich darstellen, dass mit CFD eine schnelle und gute Entwicklung möglich ist.

"Ich liebe diesen Durck", lacht er. "Es liefen im vergangenen Jahr einige Dinge schief, die außerhalb unseres Einflusses lagen. Aber wir haben auch selbst Fehler gemacht. Zum Beispiel bezüglich der Schmierung des Getriebes. Den Bock haben wir selbst geschossen. Nun müssen wir die Lehren daraus ziehen und es richtig machen. Der Druck lastet nicht auf mir. Im Gegenteil: Ich freue mich auf diese Herausforderungen."


Fotos: Präsentation des Marussia-Virgin MVR-02


Wirth will die Formel 1 mit seinem Ansatz revolutionieren, in eine neue Ära führen. Im Sportwagenbereich hat er dies mit dem erfolgreichen Acura bereits ansatzweise geschafft, aber in der Formel 1? "Ich bin sehr stolz darauf, Vorreiter der digitalen Revolution zu sein", erklärt Wirth. "Alle, die nicht daran glauben, meinen auch, die Erde sei das Zentrum des Universums und die Sonne würde sich um uns drehen."

Das Unternehmen Wirth Research verdoppelte die CFD-Kapazitäten jüngst noch einmal. Wirth rechnet vor, dass er täglich so viele Daten produziere, dass man 1.000 iPods der neuesten Generation in höchster Speicherausbaustufe damit füllen könne. Der Brite geht davon aus, dass sein Ansatz innerhalb weniger Jahre zur Normalität wird.

"Es ist die Zukunft. Wir treiben diese neue Technologie mit dem Bau eines Formel-1-Fahrzeugs weiter voran. Am Ende steht hoffentlich dann, dass alle es nutzen. Es ist wichtig, dass wir endlich die CO2-Emmissionen reduzieren, den Benzinverbrauch der Straßenautos und anderer Transportmittel senken", stellt Wirth sein Missionsziel dar. "Es ist wichtig, dass man das angeht."