• 07.05.2011 09:20

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Williams: Zusätzlicher Druck durch die Börse?

War Sam Michael nur das Opferlamm, um die Börse zu beruhigen? Das krisengeschüttelte Williams-Team dementiert solche Zusammenhänge...

(Motorsport-Total.com) - Der verpatzte Saisonbeginn des Williams-Teams führte diese Woche zu personellen Konsequenzen: Der langjährige Technikdirektor Sam Michael und Chefaerodynamiker Jon Tomlinson müssen am Jahresende gehen, dafür kommt Mike Coughlan als neuer Chefingenieur an Bord. Die Maßnahme kam nicht überraschend, gilt aber als nicht unumstritten.

Titel-Bild zur News: Adam Parr an der Frankfurter Börse

Adam Parr bestreitet, dass sich die Börse auf Personalentscheidungen auswirkt

Besonders Rubens Barrichello stellt derzeit in Frage, ob es richtig war, Michael die Kündigung nahezulegen. Der Routinier hält viel auf den australischen Techniker, der in der Branche lange Zeit einen hervorragenden Ruf besaß, und ist vielmehr der Meinung, dass die meisten Ingenieure in Grove schlicht und einfach überlastet sind. Das wirft die Frage auf, ob Williams die Trennung hauptsächlich veranlasst hat, um die Börse zu beruhigen.

Parr dementiert Zusammenhang

Doch Vorstandschef Adam Parr "glaubt nicht", dass die Börse Auswirkungen auf sportliche Entscheidungen hat: "Wir leben in einer Welt, in der alles, was wir tun, genau durchleuchtet wird. Unsere Performance ist sehr transparent. Ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändert, nur weil wir an der Börse sind. Das bedeutet nur, dass es weitere Interessengruppen gibt, deren Interessen wir respektieren und schützen müssen", erklärt er.

"Ich bin mir sicher, dass unsere Investoren vom Saisonbeginn enttäuscht sind, denn ich bin es auch", gibt der Leiter des operativen Geschäfts des Williams-Teams zu Protokoll. "Aber was unsere Reaktion angeht, glaube ich, dass es diese Leute respektieren und begrüßen, wenn wir unsere Schwachstellen erkennen und so schnell und entschlossen darauf reagieren. Das wünsche ich mir jedenfalls als Anteilseigner und Mitglied dieses Teams."


Fotos: Williams, Großer Preis der Türkei


Auch Barrichello steht zwar zu seiner Meinung, dass es ein Fehler war, Michael per Jahresende ziehen zu lassen, sieht die Ursache dafür aber ebenfalls nicht bei der Börse: "Bis jetzt wurden wegen der Börse keine schlechten Entscheidungen getroffen. Alle Entscheidungen wurden getroffen, um das Auto schneller zu machen", ist der 38-Jährige, der in dieser Saison noch keinen einzigen WM-Punkt geholt hat, überzeugt.

Kursverluste an der Börse

Williams Grand Prix Holdings PLC, also die Mutterfirma des gleichnamigen Formel-1-Rennstalls, notiert seit 2. März an der Frankfurter Börse. Die Aktie wurde mit 25 Euro emittiert und erreichte Mitte April einen Tiefststand von 16,30 Euro. Inzwischen hat sich der Kurs wieder auf 19,30 Euro erholt. Das bedeutet: Laut aktuellem Kurs hat Williams in den ersten zwei Monaten an der Börse fast 60 Millionen Euro an Wert verloren.

Toto Wolff

Toto Wolff glaubt, dass andere Teams den Williams-Weg kopieren werden Zoom

Doch Toto Wolff, der Frank Williams und Patrick Head erst auf die Idee gebracht hat, an die Börse zu gehen, hält den IPO langfristig gesehen für ein Modell, das auch andere kopieren könnten: "Ich kann mir vorstellen, dass auch andere Teams so einen Schritt in Betracht ziehen werden. Einige von ihnen brauchen Geld. Das könnte ein Grund sein. Andere haben tolle Marken zu bieten. Ich glaube, dass es uns einige Teams nachmachen werden."