Williams voller Zuversicht vor dem Rennen
Pastor Maldonado setzt den Williams-Speed im Qualifying um, Bruno Senna will sich vorsichtig nach vorne arbeiten - Mark Gillan: "Reifenverschleiß diktiert die Taktik"
(Motorsport-Total.com) - Bei Williams herrscht nach dem ersten Qualifying der Saison 2012 große Erleichterung. Pastor Maldonado fuhr am Samstag in Melbourne auf den starken achten Startplatz, Bruno Senna scheiterte mit einer nicht ganz optimalen Runde bereits in Q2. Im britischen Traditionsteam wurde jedoch allen deutlich, dass die Grundlage für den Start ins Formel-1-Jahr eine viel bessere ist als 2011. Möglicherweise hat man die schmerzhafte Talsohle also endlich durchschritten.

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Stark: Pastor Maldonado stellte seinen Williams auf den achten Startplatz
"Wir hatten so etwas nach dem Freien Training erwartet", sagt Maldonado. "Wir hatten dermaßen intensiv an Setup und anderen Details gearbeitet. Es wurde dann deutlich, dass wir dran sind. Wenn es aber dermaßen eng zugeht, dann kann der Fahrer einen erheblichen Unterschied ausmachen. Vor allem, wenn es um den Einzug ins Q3 geht. Ich habe alles gegeben, die Runde war gut. Auch die Runde in Q2 war schnell, obwohl ich dort in den letzten Kurve etwas habe liegen lassen. Das Auto war schnell, es hat richtig Spaß gemacht."
"Zu Beginn des Wochenendes war das Auto nicht ganz so gut, doch wir haben daran gearbeitet und es hinbekommen", lobt Maldonado sein Team. Mit Platz acht überraschte Williams, denn bei den Testfahrten vor dem Saisonstart war der Speed über eine schnelle Runde nicht gerade als Stärke aufgefallen. "Mit hoher Benzinlast ließ unser Auto bislang immer konstant gute Runden zu, aber wir müssen es jetzt erst einmal im Rennen erfahren", sagt der Venezolaner.
"Bei den Wintertests sieht man zwar die Zeiten der anderen Teams, aber man hat keinerlei Informationen über deren Tankfüllung. Es fällt dann schwer, einen vernünftige Einschätzung abzugeben. Das Auto ist aber sicherlich besser als das letztjährige", so der Ex-GP2-Champion. "Es ist schnell und konstant. Im vergangenen Jahr waren wir drei Sekunden weg, nun nur eine. Das ist wichtig. Nicht nur für mich, sondern für das gesamte Team. Wir haben zusammen hart an Verbesserungen gearbeitet und das zahlt sich aus."
Maldonado ist selbstbewusster
Nicht nur die technischen Voraussetzungen sind mit dem Williams-Renault FW34 besser geworden, sondern auch fahrerisch ging es voran. Maldonado sieht sich selbst jedenfalls in besserer Form. "Ich kenne das gesamte Team seit einem Jahr, kenne die Jungs um mich herum ganz genau - und die kennen mich und meinem Fahrstil bestens. Ich habe mich an die Williams-Philosophie gewöhnt. Ich fühle mich stärker, werde immer besser."
In seinem Rookiejahr hatte Maldonado im Schatten von Veteran Rubens Barrichello wachsen können. "Rubens war immer eine gute Messlatte", sagt er. "Vor allem in meinem ersten Formel-1-Jahr, wo ich die Strecken noch gar nicht kannte. Das war mein größtes Problem im gesamten vergangenen Jahr. Trotzdem war ich meist gut dabei, war nie allzu weit weg von Rubens. Er war allerdings sehr wichtig bezüglich der Entwicklung des Autos für dieses Jahr. Und Rubens ist ein toller Fahrer, er ist eine Legende. Ich fühle mich aber gut, auch wenn er nicht mehr hier ist."
An die Stelle des erfahrenen Brasilianers rückte dessen Landsmann Bruno Senna. "Es war ein enttäuschendes Qualifying", sagt der Williams-Neuzugang nach seiner Fahrt auf Startplatz 14. "Ich hatte am Morgen und auch am Nachmittag meine Probleme mit der weichen Reifenmischung. In den meisten Runden auf den weichen Reifen lief es nicht problemlos. Die einzige Ausnahme war Q2, aber dort war ich irgendwie nicht am Limit. Mir ist bewusst, dass ich heute nicht alles aus dem Auto herausgeholt habe. Das ist natürlich sehr enttäuschend."
"Im ersten Sektor hat es nicht ganz gepasst. Gleich in der ersten Kurve habe ich etwas Zeit liegen lassen, in der fünften Kurve habe ich im Vergleich zu Pastor am meisten verloren", analysiert Senna seine Fehler in Q2, wo Maldonado rund eine halbe Sekunde schneller war. "Im letzten Sektor habe ich zu sehr gepusht, daher viel Zeit eingebüßt. Letztlich fehlten nur drei Zehntel zu Platz zehn. Aber es hat eben nicht geklappt."
Senna verpasst eine ideale Runde
"Ich bin sehr glücklich, was Pastor dort geschafft hat. Er hat wirklich alles aus dem Auto herausgeholt", lobt Senna seinen Kollegen. "Das ist ermutigend für uns. Ich denke, wir sind nicht schlecht. Was wir hier sehen, ist die Tatsache, dass einige Autos im Qualifying enorm von DRS profitieren können. Aber im Rennen kann das alles wieder anders aussehen. Diese Strecke ist ohnehin immer etwas ungewöhnlich. Man hat in der Vergangenheit oft gesehen, dass gewisse Autos hier gut funktionierten, auf anderen Strecken dann aber nicht mehr so."

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Bruno Senna bekam keine saubere Runde in Q2 auf die Melbourne-Bahn Zoom
"Wir haben eine gute Basis. Wir waren beim Testen konkurrenzfähig und wir sind es nun hier auch", meint Senna. "Wir haben jedenfalls keinerlei Tricks für mehr Qualifying-Speed an unserem Auto. Wir können im Rennen ein ähnliches Tempo fahren. Es dürfte morgen ein gutes Rennen werden, denn ich weiß, dass wir auf den Medium-Reifen ein richtig gutes Tempo haben." Auf die Distanz sollen die neuen Williams-Stärken zum tragen kommen. Bei den Wintertests war der FW34 durch ein konstant gutes Tempo über längere Distanzen aufgefallen.
"Ich muss im Rennen vorsichtig zu Werke gehen. Es sind einige Leute nicht auf dem Startplatz, den sie sich erhofft hatten. Da werden ein paar Leute eine Aufholjagd starten wollen", sagt Senna. "Auch ich bin nicht in der idealen Position. Wir müssen jetzt erst einmal Erfahrungen sammeln und Kilometer abspulen. Ich kann mir gut vorstellen, dass morgen einigen Fahrern ein paar Fehler unterlaufen werden. Es wird ein langes und hartes Rennen. Ich bin sicher, dass ich etwas nach vorne kommen kann."
Williams über die Distanz besonders stark?
"Wir sind sehr glücklich. Pastor hat einen guten Job gemacht. Platz acht war das, was wir uns vorgestellt hatten. Bruno hatte in Q2 einfach keine saubere Runde", fasst Chefingenieur Mark Gillan zusammen. "Im vergangenen Jahr hätten wir uns aus der gleichen Position heraus nicht allzu große Hoffnungen für das Rennen gemacht. Jetzt gehen wir mit viel größerer Zuversicht in den Grand Prix. Ich freue mich schon auf morgen."
"Bei den Tests haben wir viel mehr Wert auf Longruns gelegt als auf kurze Quali-Simulationen. Wir haben intensiv am Renntempo und an der Balance gearbeitet. Der Wagen ist nun deutlich weniger aggressiv zu den Reifen. Unsere Reifennutzung ist viel besser geworden. Das war im vergangenen Jahr oft unser Problem", schildert der Techniker. Ob man mit zwei oder drei Reifenstopps rechne, ließ Gillan jedoch offen.
"Nachdem der gestrige Tag verregnet war, bleiben natürlich bezüglich der Reifen in Longruns ein paar Fragezeichen, aber ein paar Hinweise haben wir dennoch bereits erhalten", sagt er. "Ich hätte gedacht, dass es noch enger zugehen würde. Das Feld ist derzeit doch recht weit auseinander gezogen. Das ist jedenfalls der Eindruck nach den Quali-Runs. Nun schauen wir mal, wie es über die Distanz sein wird."
"Der Unterschied zwischen den Reifenmischungen betrug im Qualifying zwischen 0,6 und 0,8 Sekunden, aber das wird im Rennen weniger sein", erklärt Gillan. "Die Taktik wird von der Haltbarkeit der Reifen bestimmt. Das müssen wir mal abwarten. Pastor ist für den ersten Stint auf die weiche Mischung festgelegt, bei Bruno haben wir etwas mehr Flexibilität. Aber letztlich ist und es bleibt es so: der Verschleiß diktiert die Taktik."

