• 19.03.2004 13:42

Williams: "Vernunft wird sich durchsetzen"

Warum BMW-Williams-Teamchef Frank Williams nicht glaubt, dass sich seine Fahrer gegenseitig abschießen werden

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Frank, wie schätzt du ein, was bisher in dieser Saison geschehen ist?"
Sir Frank Williams: "Naja, man könnte zynisch sagen, dass Jean Todt der Ursprung vieler Probleme in der Formel 1 ist und in Australien hat er uns eine Menge Probleme bereitet. Wir waren beeindruckt von der Pace Ferraris in Melbourne, aber eine Saison dauert 18 Rennen und acht oder neun Monate. Letztes Jahr ist er in Australien auch gleich weggezogen, aber zum Glück wurde dann sein Bodywork beschädigt. Es wäre also wirklich verfrüht, jetzt schon aufzugeben."

Titel-Bild zur News: Frank Williams

Sir Frank Williams will seinen Fahrern weiter keine Stallorder aufbürden

Frage: "Warst du mit der Performance deines eigenen Teams zufrieden?"
Williams: "Nein, überhaupt nicht, wir waren einfach nicht schnell genug - ein anderes Michelin-Auto hat das Rennen vor uns beendet. Angenehm aufgefallen ist mir unsere Zuverlässigkeit, aber ich muss sagen, dass es mich der Standard im Ingenieurswesen und der der Vorbereitung moderner Grand-Prix-Autos sowieso immer wieder erstaunt. Wenn ich mir unser Auto anschaue - und bei keinem anderen Team würde das anders sein -, frage ich mich immer, wie so etwas eine Grand-Prix-Distanz überstehen kann, weil es so phänomenal komplex ist. Das ist alles, was ich sagen will."#w1#

TV hat Gehör, weil die Teams daraus eine Menge Geld schöpfen

Frage: "Es gibt den Vorschlag, das erste Qualifying auf Wunsch der Fernsehanstalten um eine Stunde vorzuziehen. Unterstützt du diesen Vorschlag und ist das eine ausreichende Maßnahme?"
Williams: "Die Veränderung, die zuerst zur Sprache gebracht wurde und zu einem Meeting der Teams in Indianapolis geführt hat, war die, jene Teams zufrieden zu stellen, die mehr ins Fernsehen kommen wollten. Dem Fernsehen werden wir natürlich zustimmen, denn von denen bekommen wir unser Geld. Was auch immer da funktioniert, werden wir ausprobieren."

Frage: "Laut FIA haben die Teams das aktuelle Format vorgeschlagen. Was war der Grundgedanke dahinter?"
Williams: "Ich bevorzuge es, dazu nichts zu sagen."

Frage: "Gestern hat einer deiner Fahrer angekündigt, seinen Teamkollegen unter bestimmten Umständen von der Strecke schubsen zu wollen. Macht dir das Sorgen und was wirst du unternehmen, um die beiden Hitzköpfe unter Kontrolle zu halten?"
Williams: "Solche Sätze kommen einem leicht über die Lippen, speziell in der Hitze des Moments. Unter Rennbedingungen steht es ihnen frei, gegeneinander zu kämpfen. Wenn es die einzige Möglichkeit ist, den Anderen zu überholen, können sie sich auch auf das Rad fahren oder dergleichen. Sie dürfen jedoch nicht den Teamkollegen abschießen. Das ist die Grenze. Wie gesagt, Worte sagt man rasch einmal, die Vernunft wird sich aber schlussendlich durchsetzen."

Williams über Ralfs Kampfansage: "Metaphorischer Kommentar"

Frage: "Aber eigentlich war es gestern, als Ralf diese Aussage gemacht hat, nicht besonders lebhaft oder aufgeheizt von der Stimmung her. Wirst du ihn dir vorknöpfen?"
Williams: "Es war ein metaphorischer Kommentar. Alle Teamchefs haben ein Auge auf ihren Fahrern."

Frage: "IRL-Meister Scott Dixon wird für euch testen. Kannst du mehr darüber erzählen? Wie ist es dazu gekommen?"
Williams: "Ich habe ihn noch nie getroffen. Er wird für uns testen. Seine Bilanz in der IRL, einer sehr schnellen Rennserie, legt nahe, dass man ihn einmal testen sollte. Man hat nicht oft die Gelegenheit, Meister einer anderen Formelserie während der Saison zu testen, aber diesmal passt es eben. Es ist eine High-Speed-Formel - aus einem ähnlichen Umfeld kam auch Juan-Pablo zu uns und er hat sich sehr gut geschlagen. Vielleicht war es Glück, aber ich bin sicher, dass man das ausprobieren sollte. Alle Teamchefs müssten jüngeren Piloten eine Chance geben, damit sie sehen, ob es die Jungen drauf haben oder nicht."

Frage: "Wie ist der Test zustande gekommen?"
Williams: "Seine Resultate haben uns gesagt, wen wir anrufen müssen - ganz einfach. Er muss in verschiedenen Kategorien ziemlich gut sein, er hat ein paar Meisterschaften gewonnen und er ist derzeit die Nummer."

Neues Qualifying-Format als Geschenk an die kleinen Teams

Frage: "Ich möchte noch einmal auf das Qualifying kommen. Wieso hat man sich für dieses Format entschieden?"
Williams: "Ich persönlich würde am liebsten wieder zu vier oder drei Reifensätzen zurückkehren, vielleicht mit weniger Zeit als 60 Minuten. Ich bevorzuge 40 Minuten mit den vier Sätzen. Der Anstoß zum aktuellen Format kam aber von den kleinen Teams, die früher keine TV-Präsenz hatten und auch nie erwähnt wurden. Sie haben etwas bekommen und jetzt können sie das ihren Sponsoren präsentieren. Beide Autos werden am Freitag und Samstag zusammen mindestens zwölf Runden lang alleine auf der Strecke sein und im Fernsehen gezeigt und das ist eine wichtige Maßnahme."

Frage: "Du hast einen Fahrer, der am Ende der Saison seine Koffer packen wird, einen, der dasselbe überlegt. Wie kannst du sie überhaupt im Zaum halten, wenn man sich die Aussagen von Ralf noch einmal in Erinnerung ruft?"
Williams: "Ein naiver Mann würde sagen, dass das schwierig ist - und das ist es auch. Juan-Pablo hat aber in Melbourne bewiesen, dass es möglich ist, und auch Ralf, durch ihr gemeinsames Manöver. Ralf hat sich im Rennen um einige Plätze verbessert. Es gibt wenig daran auszusetzen, dass sie Rennen fahren, um zu gewinnen - dafür werden sie ja von uns bezahlt. Abseits der Strecke kann es ruhig Probleme geben, aber das ist der Job des Teamchefs, diese Probleme von der Rennstrecke fernzuhalten. Ich finde es nicht gut, wenn es zwischen den Teamkollegen keinen offenen Konkurrenzkampf gibt. Ich weiß, dass das bei Ferrari der Fall ist, aber so ein Arrangement wird es bei mir nie geben. Manchmal kannst du einfach nicht gewinnen. Kontrollierst du deine Fahrer, kann es sein, dass du von der Presse zerrissen wirst. Fahren sie gegeneinander und krachen sie sich gegenseitig ins Auto, wirst du auch kritisiert. Ihr seid schwer zufrieden zu stellen..."

Williams ist für eine Beschränkung der Tests im Sommer

Frage: "Wäre dein Team damit einverstanden, die Testfahrten zu limitieren und dafür mehr an den Grand-Prix-Wochenenden zu trainieren?"
Williams: "Williams würde eine vernünftige Einschränkung der Tests im Sommer unterstützen, denn Fahrer, der Bau der Autos und deren Einsatz sind mit Abstand die größten Kostenverursacher und jedes Jahr steigen die Kosten, obwohl die Einnahmen nicht wachsen, wenn man nicht gerade einen besonders willigen Sponsor hat, was wie Weihnachten in jedem einzelnen Monat wäre. Es gibt ernsthafte Konkurrenzkämpfe um die Sponsorengelder, daher müssen die Privatteams ihr Budget schon im Auge behalten. Wie gesagt, in vernünftigem Ausmaß würden wir eine Beschränkung akzeptieren. Ich anerkenne aber auch die Position von Jean Todt. Wenn wir eine Teststrecke vor unserer Haustür hätten, würde ich vor jedes einzelne Gericht gehen, um die Testbeschränkung zu verhindern."

Frage: "Es gibt den Vorschlag einer Budget-Obergrenze. Wie stehst du dazu?"
Williams: "Meine Antwort ist, dass wir eine bestimmte Menge an Geld haben, die wir ausgeben, um zu gewinnen. Wir werden nie Geld ausgeben, das wir nicht haben. Das ist unsere Budget-Obergrenze. Das ist freier Wettbewerb. Jeder will die besten Deals und wir kämpfen da mit fairen Mitteln gegeneinander, wie in der Geschäftswelt. Ob es jetzt um 'ICI', 'Shell' oder 'BP' geht, spielt dabei keine Rolle. Es wäre falsch, nicht um so etwas zu kämpfen."