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  • 03.11.2010 14:18

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Williams-KERS: Keine Explosionen, aber Brände

Patrick Head erklärt, warum er kein KERS-Gegner mehr ist, und spricht offen über gefährliche Unfälle in der Williams-Fabrik in Grove

(Motorsport-Total.com) - Nach einem Jahr Pause, ausgelöst durch den freiwilligen Verzicht der Teams, wird KERS 2011 in die Formel 1 zurückkehren. Technisch gelten dafür genau die gleichen Rahmenbedingungen wie 2009, weshalb die Entscheidung für das Energierückgewinnungs-System von vielen, die sich eine Erhöhung der Energiekapazität gewünscht hätten, in Frage gestellt wird.

Titel-Bild zur News: Patrick Head

Patrick Head kann sich inzwischen schon besser mit KERS anfreunden

Einige Paddock-Puristen der alten Schule fragen sich überhaupt, ob es Sinn macht, eine Motorsportklasse wie die Formel 1 auf Hybridantriebe umzustellen. Doch selbst Patrick Head, der am Anfang kein Freund der neuen Technologie war, scheint sich mit KERS zumindest arrangiert zu haben: "Nächstes Jahr kommt KERS zurück. Ich glaube, es wird in der zweiten Stufe besser sein", vermutet der Williams-Teilhaber.

Von 'Motorsport-Total.com' auf das Thema angesprochen, führt er aus: "Natürlich kann man hergehen und sagen: 'Ist das nicht ein Haufen Mist für die Formel 1?' Aber wenn man heutzutage eine Autozeitschrift in die Hand nimmt, dann ist jedes einzelne davon voll mit Elektro- oder Hybridautos. Das ist im Moment der Trend, also kann sich die Formel 1 dem nicht verschließen", sieht der 64-jährige Ingenieur ein und gibt zu: "Es ist auch eine sehr interessante Technologie."

¿pbvin|512|3250||0|1pb¿"Wir bei Williams", fährt er fort, "entwickeln unseren eigenen Elektromotor und unseren eigenen Wechselrichter. Auch der Energiespeicher, der ein Schwungrad sein könnte, wird bei Williams zusammengebaut. Das sind interessante Dinge. Wir ziehen Batterien genauso wie ein Schwungrad in Betracht. Es gibt einige Anwendungen, in denen das Schwungrad sehr gut funktioniert, und es gibt schon einige geplante Anwendungen, aber wir erwägen auch Batterien."

Bekanntlich hat Williams wegen der KERS-Einführung in der Formel 1 eine externe Firma übernommen und diese in Williams Hybrid Power (WHP) umbenannt. Diese entwickelt jedoch nicht nur für die Anwendung im Motorsport, sondern arbeitet auch an Hybridsystemen etwa für U-Bahnen oder ähnliche Bereiche. Außerdem hat WHP nicht nur in Grove, sondern auch in Doha (Katar) eine Niederlassung.

KERS-Stromschlag bei Tests in Jerez

2008 erwischte ein BMW-Mechaniker bei Testfahrten einen Stromschlag Zoom

"KERS", führt Head aus, "bringt uns Verbindungen zu anderen technischen Feldern, zu denen es normalerweise keine Verbindung geben würde. Für einen Ingenieur ist das interessant. Es ist nicht unbedingt das, was die Purität der Formel 1 ausmacht, aber es ist ein interessantes Thema." Damit spricht er Gebiete wie kommerziellen Personenverkehr, Baumaschinen oder auch die Stabilisierung elektrischer Energie ein.

Doch dass neue Technologien auch stets ein gewisses Risiko bergen, weiß man in der Formel 1 spätestens seit dem Stromschlag, den ein BMW-Mechaniker im August 2008 abbekommen hat. Auch Williams hat ähnliche Erfahrungen gemacht: "Ein paar Mal mussten wir in der Fabrik den Strom abschalten. Wir hatten zwar keine Explosionen, aber einige Brände", so Head. "In diesem Prozess lernten wir viel darüber, wie man so etwas vermeiden kann."