• 25.03.2009 21:09

Williams-Interview: Erfahrung macht gelassen

Frank Williams betrachtet die aktuelle Krisenlage in der Formel 1 als normale Schwankung - Mit dem neuen FW31 in die Top 5?

(Motorsport-Total.com) - Als man vor dem großen Umbruch des technischen Regelwerks stand und analysierte, welcher Rennstall sich wohl an die neuen Gegebenheiten am besten anpassen könnte, fiel der Name Williams sehr häufig. Der britische Traditionsrennstall ist seit jeher für gute Ingenieursleistungen bekannt und genau diese waren beim Reglementswechsel gefragt. Ob das Designerteam um Technikchef Sam Michael einen guten Job gemacht hat, wird sich frühestens am kommenden Wochenende herausstellen. Teamchef Frank Williams vermittelte im Interview nur mittelprächtige Stimmung.

Titel-Bild zur News: Frank Williams

Frank Williams kämpft sich seit über 30 Jahren durch die Untiefen der Formel 1

Frage: "Frank, welches Gefühl hast du für die bevorstehende Saison?"
Frank Williams: "Unser Auto sieht gut aus. Man wird vielleicht ein paar Überraschungen erleben, aber nichts allzu dramatisches, wenn wir erst einmal in der Startaufstellung in Melbourne stehen."

Frage: "Bist du optmistisch?"
Williams: "Vorsichtig optmistisch, weil wir noch nicht wirklich erkennen konnten, wie gut alle anderen gearbeitet haben."#w1#

Will Rosberg überhaupt bleiben?

Frage: "Wie steht es um eure Fahrer in diesem Jahr?"
Williams: "Nico Rosberg geht in die vierte Saison mit uns, was sehr schön ist, Kazuki Nakajima bestreitet sein zweites Jahr. Kazuki ist der wahrscheinlich wohlerzogendste Junge, den ich je erlebt habe. Aber im Auto ist er sehr aggressiv und ich denke, er kann eine gute Zukunft haben. Wir haben zwei sehr ambitionierte Fahrer. Wenn das Auto gut genug ist, werden sie bestimmt auch gut genug sein."

"ico hat ein Topauto verdient und er würde Leuten wie Hamilton und Vettel hart zusetzen, wenn er ein Topauto hätte." Frank Williams

Frage: "Nico hat mehrfach gesagt, dass er im kommenden Jahr in einem Topauto sitzen möchte und Williams soll ihm bitteschön zeigen, dass sie ein Topauto bauen können. Wie groß ist deine Sorge, dass du ihn verlieren könntest?"
Williams: "Darüber haben wir natürlich schon nachgedacht. Wir können ihn nur vom Bleiben überzeugen, wenn er tatsächlich bleiben will. Nico hat ein Topauto verdient und er würde Leuten wie Hamilton und Vettel hart zusetzen, wenn er ein Topauto hätte."

Frage: "Viele Leute sagen, dass sie die Formel 1 in einer Notlage sehen. Vor allem nach der Rückzugsankündigung von RBS. Wie denkst du über die Situation?"
Williams: "Einige Nachrichtenleute haben sofort geschrieben, das sei der Untergang der Formel 1, aber das ist absolut inkorrekt. Sie haben außerdem geschrieben, dass RBS uns den Rücken kehrt und wir dadurch Probleme bekämen. Soweit wir wissen, erfüllen sie ihren Vertrag mit uns. Und der geht immerhin noch über zwei Jahre."

Frage: "Wie sieht also die nähere Zukunft von Williams aus?"
Williams: "Wir haben viele Sponsoren aus dem vergangenen Jahr auch jetzt noch an Bord und führen die üblichen Gespräche mit möglichen neuen Partnern. Wir wissen, dass wir genug Geld haben, um in diesem und auch im Jahr 2010 Rennsport zu betreiben. Wir planen, schauen, überlegen und sprechen viel bezüglich einiger Deals, die wir für die zwei folgenden Jahre bestimmt dringend brauchen werden."

Williams-Budget 2009 und 2010 gesichert

Frage: "Und langfristig?"
Williams: "Wir sind seit langer Zeit dabei und kennen dieses Geschäft wirklich gut, immerhin ist dies unser einziges Business. Jeder ist motiviert und will Siege. Weil wir keinen Hersteller oder großen Teilhaber im Rücken haben müssen wir geschickt agieren. Wir haben unser Budget für dieses und das kommende Jahr zusammen, aber natürlich ist man immer gierig. Wir könnten jederzeit mehr Geld gebrauchen. Wir sind zuversichtlich, dass wir noch lange Zeit dabei sein werden."

"Es gibt tausende Unternehmen, die in die Formel 1 kommen könnten. Es ist unser Job, sie zu finden." Frank Williams

Frage: "Wie ist die Situation jetzt gerade, verglichen mit anderen Zeiten, wo es um die Formel 1 nicht gut stand? Ist es schlimmer? Oder ist es nur eine normale Schwankung?"
Williams: "Formel 1 ist immer harte Arbeit. Wenn es gute Zeiten gibt, dann gibt es gute Zeiten. Man muss eben dann nur in den schlechten Zeiten durchhalten. Wir müssen in jeder Situation hart für unsere Geschäfte arbeiten."

Frage: "Wenn man sich die Sponsorendeals von Williams in den vergangenen Jahren so anschaut, dann erkennt man, dass ihr in ganz neuen Wirtschaftsräumen aquiriert habt, an die man nicht sofort gedacht hätte. Wird das ebenso weitergehen?"
Williams: "Die meisten unserer Sponsoren sind ja sehr bekannt, aber es gibt noch so viel mehr Potenzial. Es gibt tausende Unternehmen, die in die Formel 1 kommen könnten. Es ist unser Job, sie zu finden."

Frage: "Es scheint, als würden sich jetzt die Finanzunternehmen nach und nach zurückziehen. Ist das vergleichbar mit den Tabakkonzernen öder den Ölfirmen früher?"
Williams: "Wenn es wirklich so kommt, dann ist das das ganz normale Auf und Ab in der Wirtschaft."

Frage: "Wie denkst du über die Sparmaßnahmen?"
Williams: "Die FIA hat einige Sparideen vorangetrieben. Die Teams haben sie akzeptiert und mit der FIA zusammengearbeitet. Die Maßnahmen werden den Teams einen Teil ihrer Budgets sparen und ich bin bester Dinge, dass am Ende des Jahres viele Teams in einer besseren Position sein werden, als es sonst der Fall gewesen wäre. Ich denke also, es ist eine gute Sache."

Frage: "Inwiefern baut euer Geschäftsplan auf Sparmaßnahmen?"
Williams: "Unsere Pläne basieren nicht auf Sparmaßnahmen. Wenn sich Regeln ändern, dann werden wir uns bestmöglich anpassen, um einen Vorteil daraus zu schöpfen. Bisher war der größte Einschnitt auf Seiten der Motoren. Wir bauen allerdings keine eigenen Triebwerke. So gesehen hatten wir eigentlich Glück, denn wir profitieren davon, müssen aber eigentlich keine Konsequenzen fürchten. Wir werden in allen Bereichen unsere Kosten den neuen Sparmaßnahmen nach und nach anpassen."

¿pbvin|512|1380||0pb¿Frage: "In diesem Jahr jährt sich der erste Sieg von 1979 in Silverstone zum 30. Mal. Geburtstage mögen dir nichts bedeuten, aber es ist fünf Jahre her, dass ihr euer letztes Rennen gewonnen habt. Inwiefern trifft dich das?"
Williams: "Dieser Jahrestag zählt sehr wohl, das werden wir im Hinterkopf haben. Aber es stimmt, der letzte Sieg ist viel zu lange her."

Frage: "Wie steil ist der Hang, den ihr bis zum nächsten Sieg erklimmen müsst?"
Williams: "Ich denke, das ist für alle Teams gleich. Jedes Rennen ist ein Meilenstein. Ich meine das jetzt nicht als billige Floskel, sondern ich meine, dass wirklich alle in der Startaufstellung konkurrenzfähig sind. Dieser Level des Wettbewerbs in der Formel 1 ist aber genau das, was wir wollen. Gewinnen wird dadurch aber nun einmal deutlich schwieriger."

Frage: "Ein Sieg kann dann also wie eine Erlösung sein?"
Williams: "Absolut. Aber ich will nicht nur einmal gewinnen. Ich will gewinnen und dann immer weiter gewinnen."

Frage: "Werden euch die neuen Regeln auf diesem Weg helfen?"
Williams: "Die Regeln haben sich deutlich verändert und es wird eine enorm wichtige Rolle spielen, wie sich die einzelnen Teams an die neuen Regeln der Aerodynamik angepasst haben. Dieses Jahr ist ein Neustart für alle und eine großartige Gelegenheit für uns, nach der wir in den vergangenen Saisons wirklich geschmachtet haben. Wir werden sehen, wie wir es umgesetzt haben, wenn die ersten Rennen erst einmal gefahren wurden. Wenn wir nicht genug geleistet haben, dann wird die Arbeit in den verbleibenden Rennen noch härter."

Frage: "Du hast gesagt, du seist vorsichtig optmistisch. Mit welchem Leistungsniveau könntest du in der bevorstehenden Saison gut leben?"
Williams: "Wenn wir am Ende des Jahres zurückblicken, dann möchte ich uns in den Top 5 sehen. Das wäre ein großer Schritt voran. Ich glaube nicht, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn ich mir die Ergebnisse der Testfahrten so anschaue."