• 29.05.2006 10:36

Whitmarsh: "Konzentrieren uns auf das nächste Rennen"

McLaren-Geschäftsführer Martin Whitmarsh über das Rennen in Monaco, die Zukunft von Kimi Räikkönen und das Urteil gegen Michael Schumacher

(Motorsport-Total.com) - Frage: "Martin, Kimi Räikkönen schied heute mit dem gleichen Defekt wie am Donnerstagmorgen aus. Kannst du erklären, wie das passieren konnte?"
Martin Whitmarsh: "Ein Hitzeschild beim Auspuff fing am Donnerstag Feuer. Wir wechselten also das Material aus. Das war einmal der erste Schritt. Schritt zwei war, dass wir ein zusätzliches Metallschild am fragwürdigen Punkt einbauten. Wir nahmen nach Donnerstag also zwei oder drei Notmaßnahmen vor, die angesichts der heutigen Erfahrung wohl nicht ausreichend waren. Man kann spekulieren, dass wir auf das Thema nicht gut genug reagiert haben."

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh weiß, dass die WM-Chancen seines Teams gering sind

Frage: "Eure Pace sah heute viel besser aus als in Barcelona. Woran lag das?"
Whitmarsh: "Ich denke, dass da eine Reihe von Dingen zusammenspielen. Wir hatten hier ein Aerodynamikupdate, eine verbesserte Radaufhängung für diese Strecke und einiges mehr. Uns sind einige Fortschritte gelungen. Die meisten unserer neuen Teile zielten eigentlich auf schnelle Kurven ab, aber hier mussten wir ja in einer Monaco-Konfiguration fahren. Daher gehen wir nun absichtlich nach Barcelona testen. Dort werden wir sehen, ob die Updates funktionieren oder nicht."#w1#

Nächster Test in Barcelona von großer Bedeutung

"Unser letzter Test in Silverstone war aber auch schon ziemlich stark, weshalb wir umso mehr verwundert waren, dass wir in Barcelona nicht stärker auftreten konnten, denn die Strecke liegt uns traditionell eigentlich recht gut. Wenn man in Barcelona ein untersteuerndes Auto hat, dann verliert man in den lang gezogenen Kurven eben viel Zeit. Daher ist es richtig, jetzt wieder dorthin zurückzugehen und dort zu testen, denn es ist eine extreme Strecke. Es ist noch sehr früh, aber man kann sicher sagen, dass wir das Auto verbessert haben. Ob das schon ausreicht, werden wir nächste Woche beim Testen sehen."

"Wir alle wissen, dass Juan an einem guten Tag absolut brillant sein kann." Martin Whitmarsh

Frage: "Juan-Pablo Montoya wurde heute Zweiter. Erwartest du jetzt einen Leistungssprung von ihm?"
Whitmarsh: "Er ist ein Zeitgenosse, der sich nicht unterkriegen lässt, aber ich bin sicher, dass sein Selbstvertrauen dadurch einen Schub bekommt. Wir alle wissen, dass Juan an einem guten Tag absolut brillant sein kann. Er ist nicht schlecht in Form, war hier schon das ganze Wochenende über gut unterwegs und er mag einige der Änderungen am Auto, die wir angebracht haben. In Barcelona und Silverstone werden wir beim Testen sehen, ob wir noch mehr in seine Richtung gehen können."

Frage: "War das heute eher ein Michelin- oder ein Bridgestone-Rennen?"
Whitmarsh: "Je länger das Wochenende dauerte, desto stärker wurden die Bridgestones. Sie hatten am Donnerstag definitiv Probleme, aber je besser die Strecke wurde, desto schneller wurden ihre Rundenzeiten. Wir machten uns schon Sorgen, dass wir im Rennen hinter Bridgestone zurückfallen könnten. Michael (Schumacher; Anm. d. Red.) hatte die Pace, war sehr schnell. Das muss man anerkennen."

Frage: "Gab es hier irgendeine Deadline für Kimi Räikkönen, seine Entscheidung für 2007 dem Team mitzuteilen?"
Whitmarsh: "Nein, es gibt keine Deadline. Wir arbeiten zusammen und konzentrieren uns auf die Rennen. Wir erachten es nicht als notwendig oder nützlich, eine Deadline publik zu machen. Wir sind geduldige Menschen und werden sehen, wie sich alles entwickelt. Kimi und das Team wollen Resultate. Heute hätten wir gewinnen können. Wir waren so nahe dran, aber das Rennen ist uns durch die Finger gerutscht. Das ist für Kimi und das Team sehr enttäuschend. Wir machten aber Fortschritte mit dem Auto, gehen jetzt nach Barcelona zum Testen und dann weiter nach Silverstone."

Safety-Car zerschmetterte Chancen der "Silberpfeile"

Frage: "Das Safety-Car war euer erstes Problem, warum ihr nicht gewonnen habt, oder?"
Whitmarsh: "Das Safety-Car hat unser Rennen gleich auf zwei Weisen beendet! Mit unserer Strategie wären wir um neun Runden länger draußen geblieben als Alonso, also hätten wir das Rennen relativ komfortabel gewinnen können. Das Safety-Car raubte uns schon mal diesen strategischen Vorteil, aber wir gehen davon aus, dass dadurch auch das gleiche Problem mit dem Hitzeschild wie am Donnerstag ausgelöst wurde. Bei langsamen Geschwindigkeiten gehen die Temperaturen unter der Motorhaube leider sehr schnell nach oben."

"Unsere Strategie ist, so schnell wie möglich zu werden und zu versuchen, jeweils das nächste Rennen zu gewinnen." Martin Whitmarsh

Frage: Siehst du noch Hoffnung auf den WM-Titel?"
Whitmarsh: "Wir konzentrieren uns jetzt einmal auf das nächste Rennen. Wenn wir das gewinnen, werden wir sehen. Unsere Strategie ist, so schnell wie möglich zu werden und zu versuchen, jeweils das nächste Rennen zu gewinnen. Anders können wir nicht mehr an die Sache herangehen."

Frage: "Kannst du etwas zur Strafversetzung von Michael Schumacher sagen?"
Whitmarsh: "Ich persönlich finde, dass es eine nachsichtige und milde Entscheidung war. Wenn jemand nach so einem Vergehen noch am Rennen teilnehmen und sogar Punkte holen kann, dann schickt das keine Botschaft aus, die stark genug ist. Fisichella wurde für ein viel weniger gravierendes Foul im Verhältnis dazu viel zu hart bestraft. Ich finde, dass ein Ausschluss gerechtfertigt gewesen wäre, aber zum Glück bin ich kein Rennkommissar!"

Frage: "Bist du froh darüber, dass zum ersten Mal in so einem Fall tatsächlich eingegriffen wurde?"
Whitmarsh: "Die Rennkommissäre haben sich offensichtlich sehr lange über einen Fall Gedanken gemacht, der den meisten Beobachtern auf den ersten Blick sonnenklar war. Wenn man aber die Zeitfrage einmal beiseite lässt, dann haben die Rennkommissäre einen brauchbaren Job gemacht. Die Rennkommissäre sind aber von der FIA unabhängig, also war es wohl eher keine Aktion der FIA, um ihre Unparteilichkeit zu beweisen..."