• 14.03.2010 10:27

  • von Dieter Rencken

Whitmarsh: "Hatten im Mittelsektor Probleme"

Interview mit dem McLaren-Teamchef: Warum das Setup für Bahrain nicht ideal war, Hamilton und Button aber schon in Australien besser aussehen sollten

(Motorsport-Total.com) - Mit den Startplätzen vier (Lewis Hamilton) und acht (Jenson Button) kann das McLaren-Team beim Saisonauftakt in Bahrain nach der Bestzeit beim abschließenden Wintertest in Barcelona nicht zufrieden sein. Allerdings glaubt Teamchef Martin Whitmarsh nicht, dass der Rückstand von mehr als einer Sekunde die Wahrheit widerspiegelt, wie er nach dem gestrigen Qualifying im Mediengespräch analysierte.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh und seine Lebensgefährtin

Martin Whitmarsh verließ das Fahrerlager gestern nicht ganz zufrieden...

Frage: "Martin, wie schätzt du eure bisherige Performance hier in Bahrain ein?"
Martin Whitmarsh: "Red Bull und Ferrari sahen sehr schnell aus. Unsere beiden Fahrer haben einen wirklich guten Job gemacht. Es fehlte ihnen an Grip und wir hatten im Mittelsektor Probleme. Auch mit den Bodenwellen in Kurve sechs kamen wir nicht so gut zurecht wie andere, was Kurve sieben und Kurve acht schwierig gestaltet. So gesehen war es sehr schwierig für unsere Fahrer, aber wir waren nicht schnell genug. An den Fahrern lag das nicht."#w1#

Möglichst viele Punkte sollen her

"Morgen ist aber ein anderer Tag und wir werden sehen, was im Rennen passiert. Wir haben zwei großartige Rennfahrer, daher gibt hier noch niemand auf. Ich habe hier schon bessere Qualifyings erlebt, aber auch schlechtere. Am Saisonbeginn ist es schwierig, Rennen zu gewinnen, aber ich denke, wir können ein starkes Rennen zeigen und gute Punkte sammeln. Wir müssen dann sicherstellen, noch stärker nach Australien zu kommen. Dafür werden wir wie immer alles geben."

Frage: "Schließt du einen Sieg aus?"
Whitmarsh: "Ich schließe gar nichts aus. Angesichts der heutigen Performance ist das ein ehrgeiziges Ziel, klar, aber wir sind ein ehrgeiziges Team und wollen abwarten, was passiert. Mit mehr Benzin an Bord werden wir sehen, was mit einigen Autos passiert - und im Rennen kann sowieso alles passieren. Vor uns liegt ein langes Rennen und wir werden unser Bestes geben. Wir schließen gar nichts aus, aber Ansagen machen wir auch keine. Wir müssen realistisch sein. Angesichts der heutigen Performance scheinen wir nicht schnell genug zu sein, um uns den Sieg zu verdienen, aber das heißt nicht, dass wir es nicht versuchen werden."

Frage: "Wie groß ist deine Überraschung über dieses Ergebnis nach den ermutigenden Wintertests?"
Whitmarsh: "Ich habe im Winter immer gesagt, dass es sehr, sehr schwierig ist, den Speed der Teams richtig einzuschätzen. Das Zeitfenster zwischen vollen und leeren Tanks beträgt fünf Sekunden, daher kann man vor dem ersten Qualifying nichts sagen."

¿pbvin|512|2513||0|1pb¿"Heute spürten wir schon, dass wir nicht das beste Auto haben, aber wir werden sehen, was wir als Team noch ausrichten können. Vielleicht haben wir nicht genug Anpressdruck, speziell für den Mittelsektor. Das müssen wir uns anschauen. Ich sehe keine großen Überraschungen. Wir haben immer realistisch gesehen, wo wir hier stehen werden. Das Ziel ist der Sieg, klar, und mit dieser Einstellung sind wir hier angekommen. Dieses Ziel werden wir beibehalten. Mal sehen, wie das läuft."

Frage: "Der Abstand war heute größer als eine Sekunde. Was bedeutet das?"
Whitmarsh: "Ich glaube nicht, dass wir auf einer anderen Strecke auch eine Sekunde hinten wären. Da steckt noch Performance drin. Wir arbeiten hart daran, uns zu steigern - und das wird uns in den nächsten Rennen auch gelingen. Die Rennen finden heutzutage auch zwischen den Rennen statt, denn wir müssen unser Auto weiterentwickeln und es verbessern. Im Moment sind wir nicht schnell genug."

Keine Geheimwaffe in petto

Frage: "Habt ihr eine Geheimwaffe?"
Whitmarsh: "Ich glaube nicht. Wir können nur das Auto weiterentwickeln."

Frage: "Gibt es einen Bereich des Autos, den ihr bis Australien schon verbessern könnt?"
Whitmarsh: "Du willst maximalen Anpressdruck bei minimalem Luftwiderstand. Hier hatten wir im Mittelsektor unsere Probleme. Wir haben unseren Fahrern ein Auto gegeben, das in den langsamen Kurven nicht gut genug ist. Vielleicht fahren wir nicht mit genug Anpressdruck, vielleicht ist das Setup auch nicht optimal, um die Bodenwellen im neuen Streckenabschnitt zu schlucken. Australien ist aber eine ganz andere Strecke und ich denke, dass wir dort stärker sein sollten."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Bahrain, Samstag


Frage: "Inwieweit bestimmt die Bodenwelle in Kurve sechs euer Setup?"
Whitmarsh: "Ich habe darüber mit unseren Ingenieuren gesprochen. Die erklären mir, dass es für die anderen Streckenbereiche nicht gut wäre, wenn wir darauf noch mehr eingehen würden. Mit unserem Auto und dem Setup, das wir entwickelt haben, waren wir hier nicht ideal unterwegs. Aber der Eindruck war, dass die Situation auf die ganze Runde gesehen noch schlechter wird, wenn wir nur auf diese Bodenwellen achten. Wir hatten gehofft, dass die Bodenwelle über Nacht ein bisschen abgeflacht wird, aber das war nicht der Fall. Dadurch war es schwierig."

Frage: "Du bist Vorsitzender der FOTA. Hast du damit gerechnet, dass die neuen Teams so viel Rückstand haben werden?"
Whitmarsh: "Ehrlich gesagt schon, aber damit will ich nicht kritisch sein. Die Formel 1 ist die Königsklasse des Motorsports. Wenn neue Teams hier ankommen und sofort konkurrenzfähig sein würden, würde das bedeuten, dass wir jahrelang unseren Job nicht gut gemacht haben."

"Ich bin mir sicher, dass die sich extrem bemüht haben, hier am Start und möglichst konkurrenzfähig zu sein, aber der Einstieg in die Formel 1 ist eben ein ganz schöner Berg, den man besteigen muss. Das heißt aber nicht, dass die Leute nicht hart arbeiten, denn das tun sie bestimmt. Jetzt müssen sie halt hart weiterarbeiten, um ihr Team zu entwickeln. Es hätte mich gewundert, wenn sie bei den etablierten Teams mitgemischt hätten. Da wäre etwas grob falsch gelaufen."