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"Weltrekord": Frust und Galgenhumor bei McLaren

Button wundert sich nach dem Spa-Qualifying über den großen McLaren-Rückstand auf Sauber - Alonso wünscht sich Kuchen und schreibt WM-Punkte ab

(Motorsport-Total.com) - Weil an ihren McLaren-Honda-Boliden an diesem Wochenende gleich mehrfach die Motoren gewechselt wurden, haben sich die beiden Ex-Weltmeister Fernando Alonso und Jenson Button für den Start zum Grand Prix von Belgien am Sonntag astronomische Rückversetzungen um 55 beziehungsweise 50 Startplätze eingefangen. Doch gemäß der jüngsten Regeländerung der FIA geht es in der Startaufstellung inzwischen nicht mehr weiter nach hinten als ganz hinten. Anders als früher spielen "Überhänge" an Strafstartplätzen beim darauffolgenden Rennen keine Rolle mehr.

Titel-Bild zur News: Jenson Button

Button hatte im Qualifying für einmal kein Problem, war trotzdem deutlich zu langsam Zoom

Genau diesen Passus im Reglement hat man sich bei McLaren-Honda zunutze gemacht. Die mehrfachen Motorwechsel wurden ganz bewusst einkalkuliert, um Alonso und Button zum einem mit der jüngsten Ausbaustufe des japanischen V6, zu anderen auch mit frischen Komponenten im Umfeld des Turbo-Aggregats auszustatten. Die Rückversetzung um (theoretisch) 55 beziehungsweise 50 Startplätze kommentiert man mit Galgenhumor. "Wir sollten einen Kuchen bekommen. Ich glaube, das ist ein Weltrekord", so Alonso. Button ergänzt: "105 ist nur eine Zahl, weil wir sowieso am Ende der Startaufstellung stehen. Das bedeutet nichts."

Was auf dem Papier eine clevere Strategie von McLaren und Honda ist, hat in der Realität das Manko, dass Alonso und Button trotzdem kaum konkurrenzfähig sind. Auf den Mercedes-Antrieb fehlt ohnehin eine Welt, aber auch von der bei Honda ausgegebenen Zielsetzung, ab diesem Wochenende "auf Ferrari-Niveau" fahren zu wollen, ist man weit entfernt. Selbst dem als schwachbrüstig bekannten Renault-Antrieb muss man weiterhin den Vortritt lassen.

Im Qualifying reichte es für Button nur zu Position 17 im Klassement von Q1. Alonso war nach einem Defekt am Vormittag (in dessen Folge heiße Auspuffgase auf den Unterboden strömten) froh, am Nachmittag überhaupt fahren zu können. Der Spanier wurde mit 0,4 Sekunden Rückstand auf seinen britischen Teamkollegen als 18. notiert, macht dies aber nicht nur an den technischen Problemen des Vormittags fest. "Meine Runde war sicher nicht ideal. Das steht fest", fasst sich der Spanier an die eigene Nase. Auf die Q1-Bestzeit des späteren Polesetters Lewis Hamilton (Mercedes) fehlten den beiden McLaren-Piloten zwei beziehungsweise zweieinhalb Sekunden.


Fotos: McLaren, Großer Preis von Belgien, Samstag


Button vom großem Rückstand auf Sauber überrascht

"Der Vergleich mit dem Teamkollegen ist eigentlich immer interessant. Für uns gilt das in diesem Jahr aber nicht, denn entweder hat der eine oder der andere ein Problem", stellt Button ernüchtert fest und kann der Tatsache, dass er im Qualifying-Duell mit Alonso auf 4:5 verkürzt hat, nichts Positives abgewinnen.

Buttons Rückstand auf den vor ihm klassierten Sauber-Piloten Felipe Nasr (16.) belief sich auf eine ganze Sekunde. "Das hat mich echt überrascht", gibt der Weltmeister von 2009 unumwunden zu. "Dass es für uns ein schwieriges Wochenende wird, war uns klar. Als wir im Freien Training schon eine halbe Sekunde Rückstand auf die unmittelbar vor uns liegenden Autos hatten, hätte ich aber nicht damit gerechnet, im Qualifying noch größeren Rückstand zu haben."

Nicht nur Honda-Exklusivpartner McLaren, sondern auch Ferrari-Kunde Sauber hat an diesem Wochenende ein Motoren-Upgrade spendiert bekommen. So stellt Button ernüchtert fest, dass der Abstand "riesig" ist und tut sich Button schwer, am Samstag überhaupt etwas Positives zu berichten. Einzig das Fahrgefühl bezeichnet der Brite als angenehm: "Das Fahren habe ich heute sogar genossen, nachdem das Auto am gesamten Wochenende vor allem am Kurveneingang recht heikel war, lag es im Qualifying viel besser. Von der Rundenzeit her hätte ich aber schon gedacht, dass ich etwas weiter vorn stehen würde. Wir haben auf jeden Fall noch einen weiten Weg vor uns, bis wir konkurrenzfähig sind. Doch immerhin hatte ich heute ein gutes Gefühl beim Fahren."

Einsames McLaren-Rennen am Sonntag?

"Der Motor hat ganz klar mehr Leistung, aber man wünscht sich natürlich immer noch mehr", will Button das Honda-Upgrade noch nicht als vollen Erfolg werten, bekennt aber gleichzeitig, dass auch das Chassis auf der "Ardennen-Achterbahn" alles andere als perfekt funktioniert: "Uns fehlt schon noch einiges, auch was die Balance des Autos betrifft. Heute Vormittag haben wir es mit weniger Flügel probiert. Das hat überhaupt nicht funktioniert. Ich weiß nicht, warum wir so weit zurückliegen. Vielleicht sind wir im Moment einfach nicht effizient genug, aber wie gesagt: Das Fahrgefühl an sich ist nicht so schlecht."

Für das Rennen macht sich Button dennoch keine Illusionen: "Die einzigen Autos, die wir überholen können, werden wohl die Manors sein. Der Rest wird auf und davon fahren. Ich schätze, es wird ein einsames Rennen zwischen Fernando und mir. Andere Autos werden wir wohl erst dann sehen, wenn sie uns überrunden. 44 Runden lang auf uns allein gestellt zu fahren, wird gar nicht so einfach. Hoffentlich bleiben wenigstens wir zusammen und können ein bisschen Spaß haben."

"Andere Autos werden wir wohl erst dann sehen, wenn sie uns überrunden." Jenson Button

Alonso schreibt WM-Punkte ab

Alonso hofft nach seinem problembehafteten Samstag auf mehr Fahrbetrieb am Sonntag. An WM-Punkte denkt der Spanier gar nicht: "Dafür müssten mir viele Dinge in die Karten spielen. Regen allein wird uns wohl nicht reichen. Ich würde sagen, wir bräuchten schon ein sehr chaotisches Rennen. Ganz ehrlich, WM-Punkte können morgen nicht unser Ziel sein. Wir müssen realistisch sein. Wir sind einfach nicht konkurrenzfähig. Das Ziel kann daher für morgen nur sein, mehr über das Auto zu lernen und Kilometer zu sammeln."

Fernando Alonso

Alonso kam am Samstag kaum zum Fahren und spürt die Auswirkungen auf die Freizeit Zoom

Button stellt sich schon einmal darauf ein, dass es auch in zwei Wochen nicht viel besser aussehen wird. "Diese Strecke hier ist wahrscheinlich eine der für uns am wenigsten passenden. In Monza wird es nicht viel anders sein. Anschließend können wir hoffentlich um WM-Punkte kämpfen", so der Brite. Nach der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Monza steht der winklige Stadtkurs von Singapur auf dem Programm.

Alonso hat ob der Schwierigkeiten in dieser Saison kaum noch Zeit, sich um private Dinge zu kümmern. Auf die Frage, warum er inzwischen deutlich seltener twittert als noch zu Ferrari-Zeiten, entgegnet der Spanier: "Ich habe keine Freizeit mehr, denn ich bin nur noch am Arbeiten - am Auto leider nicht sehr viel, aber außerhalb des Autos. Es gibt andauernd Meetings mit den Ingenieuren."

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