• 22.07.2010 21:04

  • von Christian Nimmervoll & Dieter Rencken

Webber lobt "sensationelles Verhältnis" zu Horner

Mark Webber scheint seinen Frust über die Flügelaffäre endgültig verdaut zu haben, während Teamchef Christian Horner interessante Details verrät

(Motorsport-Total.com) - Die Meinungsverschiedenheiten von Istanbul und Silverstone sind beigelegt, bei Red Bull herrscht angeblich wieder Harmonie. Etwas anderes wäre vor Sebastian Vettels Heimrennen in Hockenheim auch denkbar ungünstig gewesen. Auch Mark Webber, vor zwei Wochen wegen der leidigen Flügelaffäre noch schwer verstimmt, schlägt inzwischen wieder versöhnliche Töne an.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Mark Webber hat seinen Frust über die Flügelaffäre inzwischen verarbeitet

In einem exklusiven Interview mit 'Motorsport-Total.com', das morgen in voller Länge veröffentlicht wird, lobt der Australier sogar demonstrativ sein "sensationelles Verhältnis" zu Teamchef Christian Horner und Chefdesigner Adrian Newey, also den beiden Teamverantwortlichen, die entschieden haben, ihm den neuen Frontflügel wegzunehmen und die einzige noch verfügbare neue Komponente stattdessen an Vettels Auto zu schrauben.#w1#

Als Unruheherd wurde in den vergangenen Wochen oftmals Motorsportkonsulent Helmut Marko ausgemacht, der Vettel schon zu dessen Nachwuchszeiten im Juniorteam unter seinen Fittichen hatte und dem Deutschen dementsprechend positiv gesinnt ist. Aber damit hat Webber kein Problem: "Helmut ist schon lange bei Red Bull, aber ich habe mit ihm nicht jeden Tag zu tun, daher ist mir das nicht so wichtig wie die Leute in Milton Keynes."

Diesmal genug Frontflügel dabei?

Horner selbst hat aus der Silverstone-Affäre und Webbers Funkspruch ("Nicht schlecht für eine Nummer zwei, oder?") vor allem eines gelernt: "Den Funk rechtzeitig abzudrehen", lacht der Teamchef. Dieses Wochenende dürfte sich die Situation ohnehin nicht wiederholen, denn Red Bull hat eigenen Angaben nach "mehr als zwei" Frontflügel der neuesten Spezifikation nach Hockenheim gebracht. Sollten diese trotzdem ausgehen, hätte Webber als WM-Leader Priorität.

"Mark und ich kennen uns schon lange", sagt Horner über angebliche Spannungen im Team. "Nach Silverstone hatten wir eine gute Unterhaltung. Schon nach dem Qualifying hatten Adrian, ich und Mark ein gutes Gespräch. Mark ist ein sehr geradliniger Kerl. Wir haben nicht viel Zeit damit verschwendet, über die Folgen von Silverstone zu sprechen, sondern es ging vor allem darum, was in den verbleibenden neun Rennen passieren wird."

Außerdem räumt der Brite mit der angeblichen Mär auf, dass der Frontflügel tatsächlich von Webbers Auto runtergenommen und bei Vettel angeschraubt wurde: "Sebastians Flügel war hinüber und auch Marks wies nach dem dritten Training eine Beschädigung auf. Beide Autos waren also vor dem Qualifying mit der alten Spezifikation ausgestattet. Es war also nicht so, dass wir den Flügel bei Mark ab- und bei Sebastian anmontiert haben."

Christian Horner und Mark Webber

Teamchef Christian Horner betont erneut, dass kein Fahrer bevorzugt wird Zoom

Warum Horner mit diesem nicht ganz unwesentlichen Detail erst jetzt rausrückt, es aber in Silverstone trotz einer schier endlosen Löcherung durch die Medien eisern verschwieg, lässt in Journalistenkreisen schon wieder Spekulationen über die Glaubwürdigkeit dieser Darstellung aufkommen. Auch soll angeblich darüber nachgedacht worden sein, einfach eine Münze zu werfen, "aber das wäre nicht sehr wissenschaftlich gewesen".

Keine Präferenz für einen Fahrer

Trotz des vor allem medial geschürten Misstrauens gegenüber Red Bull, was eine angebliche Bevorzugung von Vettel angeht, betont Horner, dass der Energydrink-Hersteller "absolut keinen" Wunsch-Weltmeister habe: "Herr Mateschitz hat mir immer gesagt, dass es ihm egal ist, ob der älteste oder der jüngste Fahrer Champion wird, solange er nur in einem Red Bull sitzt. Es gibt vom Team oder von Red Bull keine Präferenz für einen Fahrer."

Auch die zuletzt aufgekommenen Spannungen werden nicht unter den Tisch gekehrt, sondern offen eingestanden. Diese seien aber übertrieben dargestellt worden. Auch Webber selbst beruhigt, indem er sagt: "Technisch gesehen sind die Autos identisch. Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich nicht jedes zweite Wochenende mit einem Auto fahren würde, das schlechter ist - dafür würde ich nicht zur Arbeit kommen."

Gleichzeitig gibt er aber zu, dass in der teaminternen Kommunikation zuletzt nicht alles so abgelaufen ist, wie es ablaufen hätte sollen: "Im Nachhinein sagt es sich leicht, dass man anders kommunizieren hätte können. Ja, das Team hätte das tun sollen und ich auch. Etwas anderes zu behaupten, wäre gelogen, aber es ist eben anders gelaufen. Das Wichtigste ist, daraus zu lernen und nach vorne zu schauen", glättet Webber die Wogen.


Fotos: Mark Webber, Großer Preis von Deutschland, Pre-Events


Damit meint er ausdrücklich auch seinen Funkspruch in Silverstone, mit dem er für unnötige Schlagzeilen gesorgt hat. Aber Horner ist deswegen nicht mehr böse: "Einer der Grundpfeiler der Red-Bull-Ethik ist Meinungsfreiheit. Vielleicht gilt das für uns mehr als für andere Teams. Dafür werden wir manchmal kritisiert, manchmal werden wir dafür gelobt. Unsere Fahrer wissen aber, dass wir unser Bestes geben, um beide gleich zu behandeln", unterstreicht er.