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  • 03.05.2011 13:44

Was macht die Kurve 8 so einzigartig?

Inwiefern sich die Kurve 8 von allen anderen Ecken im Formel-1-Kalender unterscheiden, wie sie Fahrer und Autos fordert und worauf es dabei ankommt

(Motorsport-Total.com) - Sie ist 640 Meter lang, hat drei Scheitelpunkte und nach 8,5 Sekunden ist das Vergnügen wieder vorbei. Die Rede ist von der berüchtigten Kurve 8 in Istanbul, die es in wenigen Jahren in der Formel 1 geschafft hat, beim Fahrerfeld Kultstatus zu erlangen. Kein Wunder, schließlich handelt es sich um eine wahrlich außergewöhnliche Kurve. Und da Rennfahrer die Geschwindigkeit lieben, ist auch das Durchschnittstempo in Kurve 8 kein unwesentlicher Faktor: 270 km/h.

Titel-Bild zur News: Sebastian Vettel

Müssen sich die Piloten 2011 zum letzten Mal der Kurve 8 stellen?

Für Nico Rosberg ist die Kurve aufgrund der Geschwindigkeit und der damit verbundenen Kräfte von bis zu 5 G, die auf die Fahrer einwirken, "eine der größten Herausforderungen des Jahres." Der Wiesbadener schwärmt: "Wenn ich meine Traum-Formel-1-Rennstrecke entwerfen müsste, wäre diese Kurve garantiert darin enthalten." Mit dieser Meinung ist er garantiert nicht der einzige Pilot im Fahrerlager.

Die Boliden im Härtetest

Michael Schumacher hat allerdings einen eher technischen Blickwinkel auf die "Mutkurve": Für den siebenfachen Weltmeister ist die Kurve "nicht besonders schwierig zu fahren, aber eine der längsten im Rennkalender und ziemlich schnell". Die Leistung in der Kurve ist abhängig vom Auto: "Sie belastet die Reifen sehr stark. Wie man die Kurve durchfährt, ist sehr vom Auto und dessen Setup abhängig. Dieser Kompromiss könnte knifflig sein, also warten wir einfach ab, wie es sich entwickelt."

Tatsächlich beansprucht Kurve 8 die Reifen von allen Kurven im Rennkalender am härtesten. Obwohl die Kurve nur 12 Prozent der gesamten Rundenlänge ausmacht, ist sie allein für ungefähr 40 Prozent der Reifenbelastung auf einer Runde im Istanbul Park verantwortlich. Am meisten belastet wird das rechte Vorderrad.

"Wenn ich meine Traum-Rennstrecke entwerfen müsste, wäre diese Kurve garantiert darin enthalten." Nico Rosberg

Die Aufhängung wird in der Kurve mit über 10.000 N belastet - das entspricht einer Kraft von 1.000 kg oder über 150 Prozent des Fahrzeuggewichts. Die durchschnittliche Belastung am rechten Vorderrad sind 7.000 N. Aufgrund der unebenen Streckenoberfläche zwischen dem ersten und zweiten Scheitelpunkt werden die Fahrer in der Kurve auch vertikalen G-Kräften ausgesetzt, die zwischen +0,5G und -0,8G schwanken und auf sie hart einwirken. Turn 8 muss auch beim Fahrzeugsetup besonders berücksichtigt werden, allem voran beim Radsturz und der Bodenfreiheit, insbesondere an der Hinterachse des Autos.

Kurve 8 auf dem Prüfstand

Doch ist die Kurve mit den drei Scheitelpunkten wirklich einzigartig? Vielleicht sorgt ein Vergleich mit anderen Ecken im Formel-1-Kalender für Aufklärung: Die Kurvenverweildauer ist in den Kurven eins und zwei in Schanghai mit 8,7 Sekunden länger als in "Turn 8", allerdings wird dieser Wert beim Bremsen erreicht und nicht bei dauerhaft hoher Geschwindigkeit. Zum Vergleich: Die Kurvendauer in der Parabolika in Monza beträgt 7,6 Sekunden und in "Turn 3" in Barcelona 7,4 Sekunden.

Mit Blick auf die Geschwindigkeit sind die 130R in Suzuka (3,7 Sek., 315 m) sowie Copse in Silverstone (3 Sek., 240 m) vergleichbare Kurven - jedoch ist die Verweildauer in beiden Kurven nur halb so lang wie in "Turn 8". Die zweit- und drittlängsten Kurven sind die Parabolika in Monza (470 m) und Pouhon in Spa (460 m) - beide sind aber mehr als 25 Prozent kürzer als "Turn 8". Das beweist, dass die Kurve 8 tatsächlich ein Highlight im Grand-Prix-Kalender darstellt. Bleibt nur die Frage, wie lange dies noch der Fall ist, schließlich wackelt das Rennen am Bosporus gewaltig.

"Wie man die Kurve durchfährt, ist sehr vom Auto und dessen Setup abhängig." Michael Schumacher